Die Horror-Vorstellung vieler Branchen ist wahr geworden

„Lockdown Light“ bedroht Existenzen

Mit über 3,6 Millionen Euro erhält die Stadt mit 2,58 Millionen Euro im nächsten Jahr etwa eine Millionen mehr als noch 2022. | Foto: Archiv/Clemens Fischer2020/10/marktplatz-lauf-leer-regen-corona-cafe-scaled.jpg

NÜRNBERGER LAND – Die Befürchtungen der Gastronomen, Veranstalter und Betreiber von sogenannten Freizeiteinrichtungen  sind wahr geworden: Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten haben gestern strengere Corona–Maßnahmen für ganz Deutschland beschlossen, um den weiteren Anstieg der Infektionen zu verhindern. 

Zu  den  neuen Beschränkungen zählen die Schließungen von Gastronomiebetrieben, Kulturstätten und Fitnessstudios, ab Montag, 2. November, bis mindestens Ende November. Die Pegnitz-Zeitung hat einige der betroffenen Unternehmer im Landkreis zu den Auswirkungen der Maßnahmen befragt.

Die Gastronomen sehen schwarz

Drei Monate Lockdown im Frühling, dann eine begrenzte Besucherzahl inklusive teurer Hygiene-Maßnahmen im Sommer und jetzt wird wieder alles dicht gemacht. Die Gastronomen im Nürnberger Land haben Angst um ihre Betriebe.

Hans Fensel ist der Chef des Gasthofs Schloss Oedenberg  und stellvertretender Präsident des Dehoga-Verbands im Nürnberger Land: „Nach diesem zweiten Lockdown werden zahlreiche Betriebe, vor allem kleinere Lokale, nicht mehr aufmachen. Das haben mir einige Kollegen bereits erzählt“, sagt Fensel und fügt hinzu:

„Wenn jetzt die nächsten vier Monate nichts mehr geht, alle Weihnachtsfeiern  und -märkte ausfallen und niemand mehr raus geht, wird auch unser Umsatzverlust langsam kritisch. Viele Gastronomen sind von der Regierung enttäuscht. Wir haben so viel Geld für Hygiene-Maßnahmen ausgegeben, uns an alles gehalten und die Regierung hat betont, dass so ein kompletter Lockdown verhindert werden soll. Jetzt müssen wir trotzdem schließen und niemand weiß, wie lang das Ganze dauern soll. Dabei stecken sich laut RKI nur ein minimaler Teil der Infizierten in der Gastronomie an.“ 

Kristina Yahnke, die zusammen mit ihrem Vater Friedrich Maas den Hotelgasthof Igelwirt in Osternohe betreibt, hat für den Lockdown kein Verständnis. „Wir hoffen, dass wir es schaffen. Die Überbrückungshilfen des Staates sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Im November hätten eigentlich zwei große Messen stattfinden sollen und wir waren ausgebucht, doch jetzt ist alles storniert. „

„Teilweise werden Buchungen einen Tag vorher storniert und wir haben bereits alles vorbereitet und sitzen dann auf den Lebensmitteln. Es ist unfair und unverständlich, dass wir soviel Zeit und Geld in unsere Hygiene-Konzepte gesteckt haben und jetzt doch geschlossen werden“, sagt Yahnke.

Künstler, die Regale einräumen

Theater, Kinos und andere Kulturstätten haben durch die strenge Besucherbegrenzung auch im Sommer Verluste gemacht. Der erneute Lockdown frustriert die ganze Branche.

Ralf Weiß, Leiter des Dehnberger Hof Theaters, macht sich um „sein“ Theater keine Sorgen: „Die Stadt Lauf und der Landkreis haben uns Unterstützung signalisiert, aber wenn die Verluste zu groß werden, ist es leichter, an der Kultur zu sparen, als an den Krankenhäusern.“

Für die Kulturszene ist es ingesamt eine Katastrophe, vor allem für die Künstler wie Schauspieler und Musiker, die keine Gelegenheit mehr haben, aufzutreten und für kleine Theater, die Miete zahlen müssen. Die Frage ist, was passiert mit der ganzen Szene? Wir können uns doch nicht alle für zwei Jahre verstecken. Im Hof Theater hatten für den Winter bereits ein neues Stück vorbereitet und zwei Kinderproduktionen. Jetzt steht alles auf der Kippe. Aber wir können auch nicht alles schließen und die Theater und Opernhäuser weiter öffnen. Das würde für großes Unverständnis sorgen“, sagt Weiß. 

Auch Rainer Turba, Leiter des PZ-Kulturraums, hat Angst um die Kulturszene: „Schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen sind in Deutschland in der Kulturbranche tätig, mehr als in der Autoindustrie, aber es zählt immer nur die Wirtschaft.“


„Für die Künstler, die von ihren Auftritten und Veröffentlichungen leben, sind die 1300 Euro-Hilfe, die kommen soll, nicht genug zum Leben und zum Sterben. Einige haben bereits aufgegeben und räumen jetzt im Supermarkt Regale ein. Ich glaube auch nicht, dass durch die Maßnahmen sofort die Zahlen sinken. Deswegen werden die Schließungen wohl den ganzen Winter andauern“, sagt Turba.

Sport ist doch gesund

Zu den geschlossenen „Freizeiteinrichtungen“ zählen auch Sportstätten wie Fitness- und Tanzstudios, die um ihre Existenz bangen. Für Tanja Launicke, Betreiberin des Studios Acara-Yoga in Schnaittach, sind die Maßnahmen der Regierung wenig sinnvoll:

„Gegen Krankheiten hilft vor allem die Stärkung des eigenen Immunsystems. Statt mit Bewegung gesund zu bleiben, sitzen die Menschen zuhause auf der Couch, weil Sportstudios und Hallen geschlossen sind. Die Regierungen bestimmen immer nur passive Maßnahmen, dabei wäre es viel besser, sich aktiv zu schützen.“

Das Wichtigste, das Immunsystem, wird vergessen und stattdessen geht die Angst um. Für meinen Betrieb ist die erneute Schließung eine Belastung, große Fitness-Ketten haben es etwas leichter. Ich werde wieder mehr Online-Kurse anbieten. Die haben den Nachteil, dass nicht alle mitmachen wollen und es schwerer ist, den Teilnehmern individuelle Tipps zu geben. Aber ich lasse mir schon immer etwas einfallen. Wer will, der kann auch.“ 

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