Die Frühlingssaison ist für die Wirte eigentlich besonders wichtig

Gastronomen kämpfen um ihre Existenz

Hochgestelle Stühle und Barhocker: ll-Vino-Wirt Jörg Maier in Lauf wartet auf Abholkunden und hofft auf baldige Lockerungen. | Foto: Andrea Beck2020/04/Jorg-Maier-Wirt-des-Il-Vino-in-Lauf-Corona-Schliessung-170420-Foto-Beck-scaled.jpg

LAUF – Wenn im Frühling die Kirschbäume blühen und die Wanderwege und Fahrradrouten im Nürnberger Land zu Touren einladen, beginnt für die Wirte eigentlich die schönste Zeit des Jahres. Mit voll besetzten Gasthöfen, Biergärten und Konfirmationen und Kommunionfeiern, Festen und Kirchweihen. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Die Corona-Maßnahmen mit einer Wirtshausschließung bis mindestens Ende Mai machen die Saison 2020 für die meisten heimischen Gastronomen zu einem Jahr der roten Zahlen. 

Ein Schlag in die Magengrube war für Hans Fensel, Besitzer des Gasthofs Schloss in Oedenberg, die Aussage von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, dass vor Pfingsten nicht mit der Öffnung von Cafés und Lokalen zu rechnen sei.

Um seinen Gasthof mit Biergarten und Metzgerei, der seit 150 Jahren in Familienbesitz ist, durch die schwere Zeit zu bringen, verkauft er aktuell  den Gästen Mahlzeiten zum Mitnehmen. „Normalerweise beschäftigte ich in dieser Jahreszeit 54 wechselnde Mitarbeiter. Jetzt arbeitet nur noch die Familie, damit wir am Wochenende ein bisschen was anbieten können“, sagt Fensel. 

Als Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Nürnberger Land hat er einen Überblick, über die aktuelle Situation der Wirte. „Der To-Go-Verkauf läuft vor allem in der Stadt zwar gut, aber auch dort kann er nur einen Bruchteil des normalen Umsatzes einbringen. Und Bars und Cafés, die kein Essen anbieten können, haben zurzeit null Einnahmen. Das werden nicht alle bis Pfingsten schaffen“, sagt Fensel.

„Fühle mich allein gelassen“

So sieht es auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband, laut dem 70.000 Gastronomiebetriebe, und damit jeder dritte in Deutschland, vor der Pleite stehen. Hans Fensel fühlt sich von der bayerischen Regierung allein gelassen. „Wenn wir nur einen Teil der Tische besetzen dürften, wäre uns schon viel geholfen. Wie in Friseur- und Buchläden, können auch im Gasthof Abstandsregeln eingehalten werden“, so Fensel.

Er schätzt, dass er in diesem April etwa zehn Prozent seines üblichen Umsatzes machen wird. „Normalerweise schließt der Frühling die Umsatzlücken im Winter, doch in diesem Jahr muss ich vor allem Erspartes investieren, um den Gasthof zu halten“. 

Seinem Sohn Michael Fensel, der ebenfalls für den Familienbetrieb arbeitet, ist Söders Aussage, nach der Corona-Krise könnten die Gastronomen dafür mit einem „Boom“ rechnen, sauer aufgestoßen. „Ich frage mich, von welchem Boom Söder da redet. Wenn wir wieder aufmachen dürfen, geht es ja nicht weiter wie vorher, sondern es wird Vorschriften geben und die Frage ist auch, ob die Leute ihr Kurzarbeitergeld dann in Gasthöfen ausgeben“, so Fensel.

Die Saison fällt ins Wasser

Den von Söder angekündigten Ansturm auf die heimische Gastronomie hält auch Hans Lehner, Besitzer des Laufer Hotels und Gasthofs zur Post, für unwahrscheinlich. „Messen, Reisegruppenveranstaltungen und Feste sind bis in den Oktober abgesagt, selbst wenn man noch gar nicht weiß, ob sie vielleicht doch stattfinden dürfen. Alle Geburtstage, Konfirmationen und Hochzeiten sind gestrichen, das kann die Gastronomie nicht mehr abfangen“, so Lehner.

Es sei nicht zu verhindern, dass diese Saison zum Komplettausfall werde. „Da helfen auch Steuerstundungen nichts. Was wirklich helfen würde, wäre das Senken der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent, selbst wenn es nur für fünf Jahre wäre“, so Lehner. Die Ankündigung der Minister, dass der Stillstand verlängert wird, hat den Laufer nicht überrascht. „Es ist klar, dass zurzeit nicht zehn Mann am Stammtisch zusammensitzen können und die Maßnahmen sind auch richtig. Aber ich hatte gehofft, dass die Hotels wieder aufmachen dürfen“, sagt Lehner. Im Moment ist die Zimmerbuchung nur den einigen wenigen Firmenreisenden erlaubt. 

Seine Familie hat Hans Lehner überredet, in der Post auch einen Mitnehm-Service einzurichten. „Eigentlich wollte ich das am Anfang nicht, aber am Karfreitag haben wir immerhin 150 Mahlzeiten verkauft. Das rechnet sich preislich immer noch nicht, aber es ist gut für die Psyche. Man hat etwas zu tun und kommt runter“, sagt Lehner. Die laufenden Kosten, wie Azubi-Gehälter, Steuern und Nebenkosten, bereiten dem Hotelbesitzer Sorge, „aber seit der Wiedereröffnung vor 27 Jahren kämpfen wir jetzt für den Betrieb und das werden wir auch weiter tun.“

„Aufholen kann ich das nicht“

Markus Haas, der Wirt des Gasthauses in Rockenbrunn, hat mit Kreativität auf die Krise reagiert. Das mehrere hundert Jahre alte Fachwerkgebäude, in dem er sonst seine Gäste bewirtet, hat jetzt einen Autoschalter. Schäufele, Karpfen und „Drei mit Kraut“ gibt es nach telefonischer Vorbestellung am Drive-In, einem kleinen Pavillon, der vor dem Kücheneingang aufgebaut wurde. 

Die ersten Wochen, in denen das Betriebsverbot für eine leere Gaststube sorgte, hat der Rockenbrunner Wirt sinnvoll nutzen können: Der Einbau eines neuen Abzugs in der Küche, eigentlich später geplant, wurde vom Verpächter kurzerhand nach vorne verlegt.

Über die aktuelle Situation kann sich Haas natürlich trotzdem nicht freuen. Der Autoschalter bringt lange nicht den Umsatz, den er sonst im Frühjahr machen würde. Konfirmationen und Hochzeiten, die fehlen besonders. Aufholen wird er das wohl nicht mehr, schätzt er, selbst wenn die Gasthäuser bald wieder öffnen dürften: „Ich kann dann nicht jeden Platz im Garten dreimal vergeben.“


Überleben ohne neue Schulden

Biergartenplätze muss Jörg Maier, Wirt des „Il Vino“ in Lauf, zwar nicht viele besetzen, sondern die Tische und Theke seiner gemütlichen Kneipe in der Hersbrucker Straße. Erst 2018 hat er sie neu eröffnet und viel investiert. Im Moment verstellt ein Tisch am Eingang den Weg in die Bar.

Hier können sich seine Gäste Wein und Essen zum Mitnehmen kaufen. „Wir Gastronomen haben in Lauf dabei noch Glück, weil viele Leute die heimischen Lokale erhalten wollen und das Angebot nutzen. Betriebe wie Szenekneipen ohne Rücklagen spült es als erstes weg“, sagt Maier. 

Er ist von dem Beschluss der Regierung, den Stillstand um mindestens sechs Wochen zu verlängern, enttäuscht. „Ich hatte fest damit gerechnet, dass wir Anfang Mai wieder aufmachen dürfen. Die Menschen wissen inzwischen, dass sie Abstand halten sollen. Als Söder klar machte, dass es noch sechs Wochen so weiter geht, war ich schockiert“, sagt Maier.

Jetzt hofft er, dass er die Zeit übersteht, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen. „Dabei hat alles so gut geklappt, ich habe in recht kurzer Zeit ein Stammpublikum aufgebaut und war positiv gestimmt, aber Null Euro Umsatz stand nicht auf der Rechnung“, so Maier.  

Die völlige Schließung aller Gaststätten hält er nicht mehr für verhältnismäßig. „Die Leute sind doch jetzt für das Thema sensibilisiert. Mit Regeln, wie eine Höchstanzahl an Tischen im Raum, sollten auch Gaststätten wieder öffnen dürfen. Das mit der Absage der Erlanger Bergkirchweih sehe ich ein“, meint der Wirt. 

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