HERSBRUCK – „Das ist kein interner Gemeinde-Gottesdienst, bei dem zufällig eine Kamera dabei ist“, sagt Pfarrer Thomas Lichteneber. Wie viel Aufwand die Live-Übertragung aus der Stadtkirche am Sonntag um 9.30 Uhr im ZDF bedeutet, wird nun rund um das Gotteshaus sichtbar.
Große weiße Laster mit dem markanten orangefarbenen Logo stehen an der Kirche. Rollende Kisten sind am Eingang aufgereiht, Kabel und Technik türmen sich in und vor den Lkws auf. Große Schilder an den weit offenen Kirchentüren weisen darauf hin, dass das ansonsten immer geöffnete Gotteshaus aufgrund von Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen nicht betreten werden darf.
Der ein oder andere versucht dennoch, einen kurzen Blick ins Innere zu erhaschen. Denn zu hören ist kaum etwas. Ruhig und konzentriert tragen örtliche Helfer und ZDF-Mitarbeiter Leuchten herum, schrauben Scheinwerfer an der Empore an und verlegen Kabel. Was wo hinkommt, gibt eine genaue Zeichnung vor.
„Wir mussten gleich zu Beginn Pläne der Kirche abgeben, damit das ZDF prüfen kann, ob ein TV-Gottesdienst überhaupt möglich ist“, blickt Dekan Tobias Schäfer auf den Dezember vergangenen Jahres zurück. Es geht – wenn auch mit gehörigem Aufwand. „Wegen der vielen Fenster brauchen die Kameras viel Gegenlicht.“ Zig Lampen verschiedener Art sollen das Gebäude am Ende perfekt ausleuchten; sogar auf dem Boden zwischen den Bänken haben Techniker und Lichtmeister einzelne Strahler versteckt.
Reinste Routine
„Wir merken, welch große Routine die Leute haben.“ Lichteneber habe ihnen lediglich aufgesperrt und Nachbarn angerufen, damit diese ihre Autos noch wegfahren. „Ansonsten sind wir in Rufbereitschaft und Wartestellung“, erzählen sie.
Und jederzeit für die Fernsehleute ansprechbar. Dazu gehen sie ab und an übers Gelände oder schauen sich in der Kirche um – immer fasziniert von dem, was gerade passiert. „Ach, muss der Palmesel doch nicht weg“, meint Schäfer auf einmal überrascht. Denn die Statue im Altarraum ist mit drei Strahlern versehen worden. Es sei fraglich gewesen, was damit passiert, berichtet der Dekan.
Denn so ein Palmesel wecke das Interesse der Leute. Die würden ihn genauer sehen wollen, wenn er rechts im Bildrand erscheint. Dazu brauche es Licht, das könne aber störend sein. Nun haben die „Macher“ eine Lösung gefunden. „Den Hersbruckern wäre sicher aufgefallen, wenn er fehlt.“
Wie genau das gute Stück in die Live-Übertragung eingebunden wird, wird sich wohl erst am Samstag entscheiden. „Da haben wir ab morgens drei Proben – eine interne, die Vor- und die Generalprobe“, erläutert Lichteneber, der Freitag bei der Aufzeichnung als Lektor im Einsatz war. „Es geht darum, wo wir jeweils stehen werden.“ Das Drehbuch mit allen Texten sei fix und abgesegnet – dachte er bis Mittwochabend: Dann kamen Redaktion, Regisseur, Hygienebeauftragter des ZDF sowie Schäfer und Lichteneber zusammen. Das Ergebnis: „Leider wird es keine Besucher bei der Sendung geben.“
Die angemeldeten Gläubigen würden persönlich verständigt, so Lichteneber. Der Grund der Umplanung: Der Chor müsse unten im Kirchenschiff singen. Um den Mindestabstand einhalten zu können, gab es zwei Optionen – Gemeinde ausladen oder Chor von acht auf vier Sänger reduzieren. „Doch die haben so viel Herzblut reingesteckt, das wollten wir nicht.“
Auf die Sekunde
Denn die Musik-Verantwortlichen der beiden Gottesdienste, Kirchenmusikdirektor Gerd Kötter und Dekanatskantorin Heidi Brettschneider, hätten im Vorfeld richtig Stress gehabt. „Die müssen total flexibel sein“, weiß Schäfer. Eine Probe sei 13 Sekunden zu lang, die nächste elf Sekunden zu kurz und die nächste wieder anders, haben die beiden Geistlichen von den Musikern erfahren.
Weitere Artikel zum Thema
Doch für genau die Schwankungen habe die Produktionsleitung zwei bis drei Minuten Puffer eingebaut, verrät Schäfer. „Da wird dann spontan entschieden, ob das eine Lied noch gesungen wird oder nicht.“ Das lasse sich im Vorfeld schwer absprechen – wie trotz Drehbuch und Dispositionsplan andere Dinge auch. „Die Kommunikation mit dem fernen Mainz war schwierig“, gibt er zu. Aber nun seien ja alle da.
Trio am Telefon
Froh sind Lichteneber und Schäfer, dass alle Helferstellen besetzt sind, ebenso wie der Telefondienst nach dem Gottesdienst am Sonntag zu 90 Prozent. „Drei Leute wären noch nötig“, so Lichteneber. Die dürften sich gerne im Pfarramt melden.
Dann können sie auch beim „Abenteuer für das Wohl der Stadt“ dabei sein, wie Lichteneber dieses Projekt nennt. Er findet, dass der ZDF-Gottesdienst ein Segen für die Region ist. Daher haben sich Schäfer und er auch bemüht, professionelle Drohnenaufnahmen von Hersbruck und Umland zu bekommen. Die Sequenzen von Kai Schmidt vom Foto Steinbauer kann das ZDF für Vor- oder Abspann verwenden, erläutern sie.
Der Fernsehgottesdienst aus der Hersbrucker Stadtkirche ist am Sonntag, 30. August, um 9.30 Uhr im ZDF zu sehen.