Corona-Zahlen aus den Kommunen

Landratsamt verweigert Auskunft

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NÜRNBERGER LAND — Bund und Länder haben gestern als Reaktion auf Covid-19-Ausbrüche örtliche Lockdowns diskutiert, die nicht mehr ganze Landkreise, sondern nur einzelne „Hotspots“ betreffen sollen. Zugleich stellt sich das Landratsamt Nürnberger Land auf die Position, dass die Pegnitz-Zeitung nicht länger erfahren soll, in welchen Kommunen des Landkreises neue Fälle aufgetreten sind. Leser bleiben so über die weitere Entwicklung in ihrem Wohnort im Unklaren, „Hotspots“ könnten zumindest anfangs von der Öffentlichkeit unbemerkt entstehen.

Die Auflistung der seit Pandemiebeginn bestätigten Corona-Infektionen in den einzelnen Städten und Gemeinden des Nürnberger Lands war bis Dienstag, 7. Juli, Bestandteil einer Pressemitteilung, die das Landratsamt wochentags verschickt. Erwähnt wurden Orte mit fünf und mehr Fällen. Seither fehlen diese Angaben.

Auch auf mehrmalige Nachfrage hat die Behörde in den vergangenen Tagen keine offizielle Auskunft darüber gegeben, aus welchen Orten neue bestätigte Covid-19-Fälle gemeldet wurden – insgesamt acht waren es in den vergangenen sieben Tagen. Bereits am Mittwoch hat die Redaktion um die Auflistung der Orte mit den Gesamtzahlen gebeten. Erhalten hat sie diese nicht. „Ich kann Ihnen die Infos nicht geben, die Wohnorte dürfen nicht öffentlich werden“, antwortete eine Sprecherin in einer E-Mail.

Gesetzlicher Anspruch

Artikel 4 des Bayerischen Pressegesetzes verpflichtet Behörden zur Auskunft gegenüber der Presse. Sie darf nur verweigert werden, „soweit auf Grund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht“. Damit sollen die Medien in die Lage versetzt werden, wahrheitsgetreu und umfassend über Geschehnisse von öffentlichem Interesse berichten zu können.

Gestern hat die Redaktion unter ausdrücklicher Berufung auf dieses Recht unter anderem wieder nach einer Liste der bisher an das Landrats­amt gemeldeten Infektionen pro Ort gefragt. Eine Antwort kam bis Redaktionsschluss nicht, allerdings ließ ein Sprecher bereits am Telefon durchblicken, dass es wohl bei einer Ablehnung bleiben wird.

Er nannte als Grund das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Selbst bei einer rein nummerischen Angabe fürchtet die Kreisbehörde, dass Rückschlüsse auf deren Identität möglich sind: „Bei den ersten Fällen im Landkreis sind die Erkrankten wie Aussätzige behandelt worden“, so der Sprecher weiter.

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Eine ähnliche Argumentation verfolgte das Landratsamt des besonders stark von der Pandemie betroffenen Landkreises Tirschenreuth, das bis Mitte Juni keine Zahlen aus einzelnen Orten nannte. Die in Hof erscheinende Frankenpost beziehungsweise deren Mutterkonzern ging juristisch dagegen vor.

Richter äußerten sich klar

Per Beschluss verpflichtete das Verwaltungsgericht Regensburg die Behörde, die Zahlen herauszugeben. In der Begründung heißt es: „Der begehrten Auskunft steht auch nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der erkrankten Personen entgegen. Ohne zusätzliche Informationen wie Alter oder Geschlecht lässt die rein statistische Zahl, wie viele Personen in einer einzelnen Gemeinde positiv auf das Sars-CoV-2-Virus getestet wurden, auch bei Gemeinden mit einer geringen Einwohnerzahl keinen Rückschluss auf deren Identität zu.

Das Gericht sah also gar keine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts. Es musste nicht in eine weitere Abwägung darüber eintreten, wie dieses gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse zu gewichten wäre.

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