Steigen die Infektionszahlen?

Reisen in Corona-Zeiten: Leiter des Gesundheitsamts im Interview

Foto: Gesundheitsamt2020/03/StaatlichesGesundheitsamt_Hoffmann.jpg

Pünktlich zum Start der ersten Sommerurlaube steigen im Landkreis Nürnberger Land die Corona-Infektionszahlen leicht an. Ob es deswegen einen Grund zur Panik gibt und was man beim Reisen beachten sollte, erklärt Hanspeter Kubin, der Leiter des Gesundheitsamts in Lauf.

Herr Kubin, es gab zuletzt acht neue Infektionen binnen einer Woche. Spielen Reisen eine Rolle?

Wir erleben derzeit, dass die Zahlen wieder ansteigen und es ist nicht selten, dass in Verbindung mit einer Neuinfektion auch Reisen genannt werden. Unsere mobile Gesellschaft hat Vorteile, aber eben auch Nachteile. Ich befürchte einen weiteren Anstieg nach den Sommerferien. Das zeichnet sich ja jetzt schon ab.

Das heißt die Menschen haben das Virus von ihren Reisen mitgebracht?

Diese Fälle sind über den Landkreis verteilt und einige waren vorher auf dem amerikanischen Kontinent und Europa, aber manche waren auch bloß in einem anderen Bundesland unterwegs. Wir sind eine reiselustige Gesellschaft, da weiß man nicht, wo man sich angesteckt hat.

Negativtest und ärztliches Attest

Muss ich automatisch in Quarantäne, wenn ich von einer Reise zurückkomme?

Es gibt eine Liste von Hochrisikoländern, wie zum Beispiel Brasilien, die USA oder Indien. Aber das gilt auch für Länder, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz über 50 liegt. Bis vor Kurzem war das zum Beispiel Schweden und jetzt aktuell Luxemburg. Wer aus solchen Ländern kommt, muss in Quarantäne oder einen Negativtest mit Attest vom Arzt vorweisen.

Dann muss ich nicht in Quarantäne?

Die Quarantäne wird aufgehoben, wenn der Negativtest nicht älter als 48 Stunden ist und ein Attest bestätigt, dass man keine Symptome aufweist. Manche machen den Test noch im Ausland und bringen ihn mit. Deswegen weiß ich jetzt auch, wie man „negativ“ auf Türkisch schreibt. Natürlich kann man sich auch in Deutschland vom Hausarzt testen lassen oder sich bei uns im Gesundheitsamt informieren, bei welchem Arzt das geht. Am wichtigsten ist aber, auf Symptome zu achten, denn ein Test, der im Ausland noch negativ war, kann ein paar Tage später positiv ausfallen. Auf Symptome zu achten, gilt natürlich immer und für alle Reisen.

Im Podcast

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von w.soundcloud.com zu laden.

Inhalt laden

Wie geht es weiter?

Muss ich mir wegen der aktuellen Situation Sorgen machen?

Wir haben auf professioneller Ebene viel gelernt und wissen: Die Isolationsmaßnahmen sind wirksam. Ich vermute, dass die Infektionszahlen in einem niedrigen Bereich weitergehen. Wir arbeiten genau wie bisher, ordnen Quarantäne an, ermitteln Kontaktpersonen und führen Abstriche durch. Einen steilen Anstieg wie im März werden wir nicht mehr bekommen – wenn sich die Bevölkerung weiterhin an die Regeln – Abstand und Mund-Nasen-Bedeckung – hält. Wenn nicht, könnten wir wieder so eine Situation erleben wie noch vor ein paar Wochen.

Das klingt nicht so gut. Vielleicht überdenke ich meine geplante Urlaubsreise im November noch einmal …

Das ist etwas, das finde ich sehr belastend. Man möchte im Urlaub abschalten, keinen Stress haben und zur Ruhe kommen und jetzt muss man daran denken, einen Mund-Nasen-Schutz mitzunehmen, und man weiß nicht, wie sich die Situation entwickelt. Das ist einfach ein ganz anderes Gefühl. Ich würde Ihnen empfehlen, einen einsameren Urlaub zu planen.


Ballermann-Party

Ich bin ohnehin mehr Wanderer und kein Ballermann-Partymensch.

Was derzeit auf Mallorca passiert, ist abartig. Diesen Menschen ist nicht mehr zu helfen. Sie wissen, dass das Virus ansteckend ist und dass Menschen daran sterben … Vor allem zu Menschen, die man nicht kennt, sollte man immer Abstand halten und Rücksicht aufeinander nehmen. Die Infektionszahlen sind aktuell niedrig und manche verdrängen das Virus oder würden es am liebsten vergessen, aber das macht es doch nicht weniger gefährlich.

Haben sich Ihre Arbeitsweise und Ihr Aufgabengebiet in den letzten Wochen noch einmal verändert? Die Fallzahlen waren ja wochenlang niedrig.

Tatsächlich ist meine Arbeit im Moment ein wenig merkwürdig. Wir sind anfangs von anderen Behörden sehr gut unterstützt worden, nun wurden uns aber rund 80 Prozent dieses Personals wieder abgezogen. Auch das Contact-Tracing-Team wurde stark reduziert. Wir dürfen jetzt aber befristet weiteres Personal einstellen. Also habe ich in den vergangenen Wochen Ausschreibungen erstellt und Bewerbungsgespräche geführt. Wir bereiten uns auf einen Anstieg der Infektionszahlen nach den Sommerferien vor und tun alles dafür, dass wir dann nicht mehr so blank dastehen wie zu Beginn der Pandemie. Wir sind auf einem guten Weg.

Das klingt, als würde die Corona-Pandemie nie vorbei sein. Müssen wir vielleicht einfach lernen, mit der aktuellen Situation zu leben?

Nein, das müssen wir nicht. Denn auch wenn es noch ein paar Monate dauert, wird der Spuk vorbei sein, sobald es ein oder zwei Impfstoffe gibt. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch. Und ich wünsche jetzt erst mal jedem einen erholsamen Urlaub, denn das haben wir uns verdient und das ist auch nötig.

Nichts Neues verpassen! - Newsletter abonnieren