NÜRNBERGER LAND – Um sich ein Bild zu machen, wie es um die Radwege im Nürnberger Land bestellt ist, hat Janik Leyer, Projektmitarbeiter des „Instituts für innovative Städte“, ordentlich in die Pedale getreten: Knapp 900 Kilometer legte er im vergangenen Jahr quer durch den Landkreis mit dem Fahrrad zurück.
Beigetragen hat er damit zum Radverkehrskonzept, das Leyers Röthenbacher Chef Thiemo Graf gemeinsam mit seinen Angestellten für den Landkreis entworfen hat (wir berichteten). Abgesegnet haben es die Kreisräte bereits vergangenes Jahr, nun stellten Thiemo Graf, Landrat Armin Kroder und Radverkehrsbeauftragte Verena Loibl das Konzept bei einer öffentlichen Veranstaltung vor.

Radfahren von acht bis 80
Neben Haupt- und Nebenrouten und dem Ziel, Radfahrern zwischen „acht und 80 Jahren“ flächendeckendes Fahren zu ermöglichen, gehören auch moderne, überdachte Abstellanlagen, Straßen ausschließlich für Radfahrer, spezielle Knotenpunktsysteme sowie neue Beschilderungen zum Konzept.
Außerdem, so Landrat Armin Kroder, halte man weiterhin an einer Radschnellverbindung zwischen Lauf und Nürnberg fest. Erst vor Kurzem hätten die Beteiligten ihr Interesse bekundet und sich für eine gemeinschaftliche Vorplanung entschieden.
Derzeit weise das Radwegenetz nämlich Lücken von 200 Kilometern auf, deren Schließung insgesamt rund 100 Millionen Euro kosten würde, überschlug Projektleiter Thiemo Graf später in seinem Fachvortrag. Aber: „Von den 100 Millionen fallen allerdings rund 67 Millionen, also zwei Drittel, in die Zuständigkeit des Straßenbauamts Nürnberg“, so Graf.
Denn für die Radwege im Nürnberger Land ist nicht allein der Landkreis verantwortlich, sondern auch die 27 Städte und Gemeinden sowie der Freistaat Bayern, vertreten durch das Straßenbauamt. Alle Beteiligten zusammenzubringen, sei eine Mammutaufgabe für die nächsten zehn bis 20 Jahre, waren sich Graf, Kroder und Loibl einig.
„Kein Sprint, sondern ein Marathon“
Die Umsetzung eines solchen flächendeckenden Konzepts im Nürnberger Land sei „kein Sprint, sondern ein Marathon“, stellte die Radverkehrsbeauftragte des Landkreises Verena Loibl klar.
Aber schon jetzt könne man auf einige Erfolge zurückblicken: Der Landkreis gehöre nicht nur zu den Gründungsmitgliedern der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK), sondern sei seit vergangenem Jahr auch offiziell als „fahrradfreundliche Kommune“ ausgezeichnet.
Auch einige Punkte aus dem Zehn-Punkte-Programm, in dem der Landkreis bis 2027 zum Beispiel Abstellanlagen an Schulen schaffen oder Weglücken schließen will, seien bereits angegangen worden. Außerdem gebe es seit vergangenem Jahr auch einen Winterräumplan für die Fahrradwege. Dazu kommt noch die Beteiligung der Bürger, zum Beispiel beim Stadtradeln oder als Radwegepaten.

Radfahren veränderte sich
Thiemo Graf, der mit seinem „Institut für innovative Städte“ deutschlandweit in Sachen Fuß- und Radverkehr tätig ist, hat sein Konzept auf Basis vieler Studien erstellt und weiß: „Früher sind Radfahrer im Schnitt mit zwölf Kilometern pro Stunde gefahren, jetzt sind sie schneller unterwegs, die Räder sind breiter und der Anteil an E-Bikes ist höher“, sagte er.
Anhand von Beispielbildern zeigte er, wie Radwege aussehen könnten und wo derzeit im Landkreis Probleme liegen, zum Beispiel dann, wenn ein Radweg unter einer Unterführung plötzlich aufhört oder sich Fußgänger und Radfahrer einen engen Weg teilen müssen. Fließender Radverkehr ist an diesen Stellen nicht möglich.
Verschiedene Routen
Daher umfasst Grafs Konzept ein Radwegenetz aus Radschnellwegen, die eine kurze „Reisezeit“ ermöglichen, Radvorrangrouten, die zentrale Orte im Landkreis verbinden und Basisrouten, die als Anbindung zu den Radvorrangrouten dienen.
Viele dieser Strecken zeichnen sich zum Beispiel dadurch aus, dass sie breiter sind, oder ausschließlich von Radfahrern benutzt werden dürfen und durch farbliche Markierungen hervorgehoben sind. Vom Wort „Radautobahn“, will Graf nichts hören. „Es geht nicht um Raserei, sondern darum, fahren zu können, ohne ständig ausgebremst zu werden“.
Straßen nur für Radfahrer
Graf legte die Chancen von Fahrradstraßen dar, also von ehemaligen Einbahn- oder 30-er-Zonen, die ausschließlich Radfahrer nutzen dürfen, oder wo diese bevorrechtigt sind und auch nebeneinander fahren dürfen. „Das macht den Radverkehr erkennbar“, so Graf.
Einfache Wegweisschilder und überdachte Abstellanlagen sind weitere Teile des Konzepts. So gibt es zum Beispiel in manchen Städten extra Aufbewahrungsmöglichkeiten für Einkäufe, damit Radfahrer diese nicht von Geschäft zu Geschäft tragen müssen. Denn: Je besser die Infrastruktur für Radfahrer, desto mehr Menschen lassen das Auto auch mal zu Hause stehen.