NÜRNBERGER LAND – Die Energiewende im Landkreis schreitet voran: Der Arbeitskreis Energie hat unter Moderation des Landratsamtes ein Konzept für eine Interkommunale Bürger-Energiegenossenschaft auf die Beine gestellt. Bürgern, Kommunen sowie Stadt- und Gemeindewerken soll damit eine aktive Teilhabe an der Energiewende geboten werden.
Im Zeichen der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima trafen sich im April 2011 Bürger aus dem Landkreis in Winkelhaid mit dem Ziel, einen aktiven Beitrag zu einer neuen Energiepolitik zu leisten. Man war sich schnell einig, dass auch im Nürnberger Land eine Energiegenossenschaft gegründet werden sollte. Das Ziel: Die Energiewende breit und basisorientiert im Landkreis zu verankern und in regionaler Wertschöpfung die Akzeptanz von energetischen Infrastrukturmaßnahmen zu steigern. Aber auch „Energiesparen“ und „Energieeffizienz“ als die anderen Säulen einer langfristig erfolgreichen Energiewende sollte die zu gründende Genossenschaft beherzigen.
Der Sprecherkreis der in Winkelhaid gegründeten Bürgerinitiative hat sich deshalb an das Landratsamt gewandt und um Unterstützung dafür gebeten, der Landkreisbürgerschaft auf genossenschaftlicher Basis Beteiligungsmöglichkeiten bei der Finanzierung von Anlagen für Erneuerbare Energien (EE) zu schaffen. Wenngleich die Rolle des Landkreises aus rechtlichen Gründen auf eine moderierende und kommunizierende Aufgabenstellung beschränkt bleiben muss, haben sich der Landrat und die Kreisgremien seit Beginn der Aktivitäten befürwortend ausgesprochen.
Der Landkreis hat unter Einbeziehung der Beraterfirma PricewaterhouseCoopers (PwC) mit der Bürgerinitiative, dem Kreisverband des Bayrischen Gemeindetages im Nürnberger Land, den Stadt- und Gemeindewerken, dem regionalen Verteilnetzbetreiber N-Ergie und dem Bayerischen Bauernverband intensive Gespräche zur Gründung einer Energiegenossenschaft geführt.
Energiewende unterstützen
Im eigens gegründeten Arbeitskreis AK Energie zeigte sich, dass man auf ausgereifte und langfristig erprobte Vorbilder zur Gründung einer interkommunalen Energiegenossenschaft auf Landkreisebene nicht zurückgreifen kann. Als besonders beispielhaft und vorbildlich wurden die Genossenschaften Jurenergie eG im Landkreis Neumarkt, NEW eG im Landkreis Neustadt an der Waldnaab und die Raiffeisen-Energiegenossenschaften im Landkreis Röhn-Grabfeld erkannt. Die dort gemachten Erfahrungen fanden Eingang in die im AK Energie entwickelten Konzepte.
Zielsetzung war, die Akzeptanz der Energiewende auf regionaler und kommunaler Ebene zu stärken und Bürgern Beteiligungsmöglichkeiten an Erneuerbare-Energie-Anlagen zu eröffnen. Auch im Nürnberger Land sollen nach den Vorstellungen des Arbeitskreises AK Energie die Bürger in der näheren Umgebung von Erneuerbare-Energie-Anlagen nach einem vielerorts bereits bewährten „Zwiebelschalenmodell“ bevorzugte Kapitalanlagemöglichkeiten in diese Anlagen erhalten. Durch die damit verbundenen höheren Ertragsaussichten können sie so für die tatsächliche oder vermeintliche neue „Sichtbarkeit/Hörbarkeit/Riechbarkeit“ von dezentralen Energieanlagen entschädigt werden. Es hat sich gezeigt, dass der ursprüngliche Gedanke, die gesamten Aufgaben innerhalb einer Genossenschaft zu vereinen, in der sich Bürger, Kommunen, Stadt- und Gemeindewerke, Handwerk und Landwirtschaft treffen, nicht tragfähig ist. Das schließlich gefundene Organisationsmodell hat einen differenzierten Aufbau und besteht aus drei Säulen.
Die erste Säule ist eine Energie-Projektagentur, deren Aufgabe in der Identifizierung, Entwicklung und Bereitstellung von Energieprojekten liegen wird. Hier werden die Kommunen ihre Aufgabe in der Projektidentifizierung finden. Aber auch die aktive Beteiligung der übrigen Akteure aus dem AK Energie stellt sicher, dass auf breiter Ebene die Kompetenzen im Landkreis aus den Feldern Kommunalpolitik, bürgerschaftliches Engagement sowie regionale Energieerzeugung und –verteilung mit einbezogen werden.
Akquirieren von Finanzmitteln
Die zweite Säule bildet die Bürger-Energiegenossenschaft, die sich auf das Akquirieren der Finanzmittel fokussiert und dem Bürger in dieser Funktion gegenübertritt. Sie wird den größten Teil der Öffentlichkeitsarbeit leisten. Auch die Bildung effektiver Arbeitskreise, über die sich Bürger einbringen können, wird von der Bürger-Energiegenossenschaft betrieben werden.
Die dritte Säule sind die Projektgesellschaften. In diesen übernehmen einzelne und von Projekt zu Projekt möglicherweise wechselnde Gesellschafter aus der Energie-Projektagentur die dort vorentwickelten Projekte und setzen sie um.
Die Gesellschafter, die sich aus dem Kreis der Energie-Projektagentur zu einem Projekt zusammenfinden, erstatten die bis dahin aufgelaufenen Projektentwicklungskosten an die Energie-Projektagentur zurück. Dieses Kapital ist dann zur Entwicklung weiterer Projekte da.
Die Details für die Projekte werden von den Gesellschaftern entsprechend den Randbedingungen geregelt. Damit das von der Bürger-Energiegenossenschaft eingesammelte Bürgerkapital in diesen Projekten auch zum Einsatz kommt, wird der Bürger-Energiegenossenschaft ein privilegiertes Investitionsrecht zugestanden.
Sollte der Bürger-Energiegenossenschaft mehr Geld zur Verfügung stehen als in Energieprojekte kurz- oder mittelfristig investiert werden kann, kann die Bürger-Energiegenossenschaft als rechtlich eigenständige Einheit, sich auch an Projekten außerhalb des Landkreises beteiligen.
Das Konzept wurde im Juli dem Kreisverband des Bayrischen Gemeindetages im Nürnberger Land, den Fraktionsvorsitzenden im Kreistag und weiteren energiewirtschaftlichen Akteuren vorgestellt.
Es wird nun in den Kommunalparlamenten des Landkreises beraten. Bis Anfang November werden die Beratungen abgeschlossen sein und Rückmeldungen aus den Städten, Märkten und Gemeinden zur Beteiligung an einer Interkommunalen Energie-Bürgergenossenschaft vorliegen. Nach Klärung der noch offenen gesellschaftsrechtlichen Details können dann bis voraussichtlich Ende 2013 die erforderlichen Gründungsakte vorgenommen werden.
Die Bürgerinitiative wird parallel zu den Stellungsnahmen der einzelnen Kommunen einen allgemeinen Informationsabend für die Bürger des Landkreises veranstalten, auf dem auch die nötigen Vorbereitungen einer Genossenschaftsgründung getroffen werden. Die Einladung hierzu erfolgt über die Lokal-Presse.
Weitere Infos unter: www.solarstammtisch-burgthann.de
Eine sehr interessante Idee, die den Landkreis zukünftig unabhängiger von den großen Stromkonzernen machen könnte. Ich bin gespannt was daraus wird und würde mich freuen wenn Sie auch zukünftig darüber berichten. Kleine Info am Rande: Leider habe ich in dem Beitrag einen Hinweis auf die Bürgerenergiewerke Schnaittach (http://www.bew-schnaittachtal.de) vermisst, die auch schon auf knapp 2 Jahre Erfahrung zurückblicken können.