NÜRNBERGER LAND – Förster und Landwirte befürchten ein drittes Dürrejahr in Folge. Lässt der Regen zu lange auf sich warten, drohen Ernteausfälle, Waldbrände und die Verbreitung des Borkenkäfers.
Wird 2020 ein Katastrophenjahr, nicht nur wegen der Corona-Krise, sondern auch wegen der extremen Trockenheit, die sich schon in den ersten Monaten des Jahres abzeichnet? Leider deutet einiges darauf hin, das Szenario erinnert unangenehm an 2018, als Förster und Landwirte ebenfalls um Natur und Feldfrüchte bangten, so wie jetzt.
Düsteres Bild
Noch ist es zu früh, um ein ähnliches Trockenjahr mit den so weitreichenden Folgen wie in den vergangenen beiden Jahren anzunehmen, erklärt Dr. Steffen Taeger, als Abteilungsleiter Forsten für das Nürnberger Land am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zuständig. Dennoch malt der Fachmann ein düsteres Bild von der aktuellen Situation im Wald. Denn man hat ja gerade zwei extrem trockene Jahre erlebt, und die „haben die Altbestände bis an ihre Grenze gestresst“. Zwar hat es im Februar ein paar kräftige Niederschläge gegeben, aber deren Effekt ist längst wieder verpufft. Insofern sei die Situation bis jetzt tatsächlich mit den beiden vergangenen Jahren vergleichbar.
Als „ungünstig“ bezeichnet Taeger die Lage mit dem Understatement des Experten und bezieht sich darauf, dass nicht überall im Landkreis die Verhältnisse dieselben seien. So habe es am vergangenen Wochenende im Norden des Nürnberger Landes immerhin ein paar Gewitterschauer gegeben, die aber im südlichen Bereich total ausgeblieben seien.
Trockenheit begünstigt Käfer
Der Förster sorgt sich aber nicht nur um die alten Bestände, sondern auch um die jungen Kulturen, die die Waldbesitzer im Frühjahr gepflanzt haben, um Verluste der vergangenen Jahre wieder auszugleichen. Die leiden darunter, dass sie durch das Verpflanzen einen Teil ihrer Wurzelmasse verlieren und beim Anwachsen nach dem Umpflanzen ganz besonders auf Feuchtigkeit im neuen Boden angewiesen sind. Kommt aber diese extreme Trockenheit hinzu, haben die jungen Pflänzchen „ein Problem, und in den Kulturen werden erhebliche Ausfälle zu verzeichnen sein“. Nadelhölzer erwischt es hier ganz besonders, die Laubhölzer haben eine kleine Schonfrist, weil die erst noch austreiben.
Die Tatsache, dass die Fichten bereits aus dem Vorjahr besonders mitgenommen und nun schon wieder im Trockenstress sind, ruft natürlich, wie zu erwarten, den Borkenkäfer auf den Plan. Sie sind zu schwach, um eine normale Abwehrreaktion auszuüben, erläutert Dr. Taeger. Denn kräftigere Fichten können die Käfer, die sich in den Stamm bohren, mit ihrem Harz zurückdrängen, doch dazu sind sie aktuell zu schwach. Und: „Geht es der Fichte schlecht, geht es dem Käfer gut.“ Dies beweisen auch die Borkenkäfer-Monitoringstationen, die für dieses Jahr bei den Aktivitäten der Insekten derzeit einen Höchststand verzeichnen.
Was also können Waldbesitzer tun, außer auf die Güsse von oben hoffen? Natürlich müssen sie aktiv werden, was die Beseitigung der kaputten Fichten angeht, wiederholt Forstmann Taeger einmal mehr. Und dann lohnt es sich tatsächlich, die jungen Kulturen mit Wasser zu versorgen, wo das möglich ist, um die Zeit bis zum nächsten Regen zu überbrücken. „Das kann durchaus vor allem im südlichen Landkreis jetzt noch sinnvoll sein“, rät er.
Noch ein Stichwort brennt ihm auf den Nägeln: Natürlich ist die Waldbrandgefahr derzeit nicht zu unterschätzen. Gefahrenstufe vier von fünf möglichen ist im Augenblick angesagt, „also eine hohe Gefährdung“. Das hängt zum einen natürlich mit der Trockenheit zusammen und der Tatsache, dass es noch wenige Pflanzen mit gut entwickelten, frischen, Blättern gibt, die Feuchtigkeit enthalten, dafür aber noch jede Menge dürres Laub vom Vorjahr, das gut brennt. Andererseits sind in der aktuellen Schönwetter-Periode – auch aus Mangel an Alternativen in Corona-Zeiten – viele Leute in der Natur unterwegs. Mehr Menschen bedeuten aber auch ein höheres Potenzial an ausgelösten Waldbränden, befürchtet der Fachmann.
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Noch kein Grund zur Panik
„Besorgt, aber nicht panisch“, bezeichnet Kreisbäuerin Marion Fischer ihren Gemütszustand, was die Lage der Landwirtschaft angesichts der Niederschlagsverhältnisse angeht. Noch sei nichts verloren, doch die Trockenheit sei natürlich schon ein Thema. Sie hofft ganz stark auf das Wochenende, an dem sich ja die Wetterlage ändern soll, „hoffentlich für längere Zeit“. Denn ein kurzer Spritzer, so sieht das auch sie, bringt nicht viel. Um den 10. Mai sei die erste Gras-Silage geplant, und bis dahin sei noch Zeit, auch wenn bisher eben noch nicht viel gewachsen sei. Wünschenswert wäre jetzt ein „vernünftiger Regen und danach wieder Wärme“, dann entwickle sich das Grünland wie gewünscht.
„Jetzt sollte man nichts dramatisieren“, gibt sie sich gelassen. Denn sie erinnert sich an das vergangene Jahr, in dem sich die Ergebnisse in der Landwirtschaft schießlich nicht so schlecht wie 2018 darstellten. Außerdem komme es immer auch auf die Pflanzen und die Böden an. In Winkelhaid, der Heimat der Kreisbäuerin, könne man auf die Bodenmesszahl 40 bauen, ein Wert, der die Qualität der Anbauböden bezeichnet und sich zumindest für Gras und auch zum Teil für Getreide und Mais als recht ordentlich erwiesen hat.
Mehr Regen, weniger Wind
Diese Kennzahl sei auch nicht im gesamten Landkreis gleich, hat sie schon festgestellt und denkt dabei noch einmal an das Dürrejahr 2018. Ihr Mais hat das ganz gut weggesteckt, aber auf einem Termin in Reichenschwand konnte sie damals feststellen, dass die dortigen Maispflanzen nicht einmal Kolben ausgebildet hatten, weil die Böden eben nicht vergleichbar sind. „Trotzdem sind wir ja gebrannte Kinder“, gibt sie zu bedenken und hofft mit den anderen Landwirten, Waldbauern und auch den vielen Privatgartenbesitzern auf mehr Regen und weniger Wind.