LUDERSHEIM. Die Frage treibt in erster Linie die Ludesheimer um, aber auch die Altdorfer und die Nachbarn: Was geschieht mit dem Umspannwerk, wenn die Juraleitung kommt? Wird es verlegt? Und wenn ja – wohin? Oder wird es erweitert? Antworten erhoffen sich die Altdorfer von Tennet, dem Betreiber der Anlage.
Ein Ortstermin im Umspannwerk, organisiert von der SPD-Stadtratsfraktion unter der Federführung von Michael Gleiß, sollte Antworten liefern. Als Gesprächspartner standen Lea Gullich, Pressesprecherin des Netzbetreibers, und Reinhard Hüttner bereit, bei Tennet Projektleiter der Juraleitung, außerdem Stefan Seelmann und Uwe Nothaas von der Tennet-Servicegruppe Nordbayern. Eine Trassendiskussion, das hat Michael Gleiß im Vorfeld betont, sollte es bei dieser Gelegenheit nicht geben.
Die gab es dann auch nicht, auch wenn der eine oder die andere Grundsätzliches zum Thema Stromleitungen anmerkte. Es gab aber leider auch keine Klarheit, wie die Zukunft des Umspannwerks in Ludersheim aussieht. Wie sie aussehen könnte, hat Projektleiter Reinhard Hüttner immerhin umrissen.
Problematischer Standort
Mit dem Bau der Juraleitung, die die bisherige 220-kV-Leitung ablöst und als 380-kV-Leitung ersetzt, wird es am Standort Ludersheim problematisch für Tennet. „Wir sind hier ringsum eingekreist“, sagt Hüttner, „von Gewerbe und von Wohnbebauung.“ Das mache es schwierig, mit Leitungen ins Umspannwerk hinein und wieder hinaus zu kommen.
Deshalb ist der Netzbetreiber auf der Suche nach einem Alternativstandort in der Nähe des jetzigen Werks. Er braucht eine Fläche von rund acht bis zehn Hektar für eine neue Anlage.
Auf dem Areal des bestehenden Werks würden dann Flächen frei, etwa für Gewerbe oder Wohnbebauung. „Sie könnten das Gelände anderweitig nutzen“, versprach Hüttner den Stadträten. Das Umspannwerk müsse jedenfalls zukunftsfähig werden, auch unter dem Aspekt der deutlichen Zunahme des Stroms aus erneuerbaren Energien, hierfür seien neue Schaltanlagen nötig.
Tennet sucht also einen neuen Standort und hat in Ludersheim bereits Kontakt zu Grundeigentümern aufgenommen. Bislang gibt es aber keine Einigung, von einem neuen Standort für seine Anlage ist der Netzbetreiber noch weit entfernt. Unterstützung durch die Stadt gibt es dabei auch nicht wirklich. „Ich bin kein Tennet-Feind“, sagt Bürgermeister Martin Tabor, „ich versuche nur, für meine Heimat das Beste heraus zu holen.“ Und dafür sind ihm die Informationen, die er vom Netzbetreiber Tennet bekommt, nach eigenen Angaben noch zu dürftig.
Es gibt einen Plan B
Dabei beißt sich dann aus Hüttners Sicht freilich die Katze in den Schwanz: Substantiellere Infos über Zuleitungen und aus einer Anlage herausführenden Leitungen könne man doch nur geben, wenn man einen neuen Standort habe, sagt der Projektleiter. Weil man den nicht hat und möglicherweise in Ludersheim auch nicht bekommt, gibt es bei Tennet einen Plan B. Das Werk müsste am bestehenden Standort ertüchtigt werden. Das sei zwar schwierig, aber machbar, stellte Hüttner klar und korrigierte damit ältere Positionen. In der Vergangenheit hatte Tennet es als unumgänglich bezeichnet, ein neues Umspannwerk an einem neuen Standort zu bauen.
Uwe Nothaas von der Tennet-Servicegruppe ist Altdorfer und kennt die Anlage in Ludersheim seit 30 Jahren. Für die Besucher aus dem Stadtrat erläuterte er kurz die wechselvolle Geschichte der Anlage, deren Bau 1939 begann. 1941 ging sie als Teil der sogenannten Reichssammelschiene in Betrieb, die Strom von Mitteldeutschland nach Österreich transportierte. Nach dem Krieg entwickelte das Bayernwerk ein immer größer werdendes Netz an Hochspannungsleitungen.
1964 und 1967 wurde das Ludersheimer Umspannwerk als einer der wichtigsten Knotenpunkte der bayerischen Stromversorgung ertüchtigt. Die Kapazität der Anlage war damit verdoppelt, so dass zeitweise 24 Mitarbeiter in vier Schichten mit dem Betrieb des Werks beschäftigt waren. In den 2000er Jahren fuhr man die Kapazität deutlich herunter.
Die ursprünglich drei Leistungstransformatoren und zwei Sammelschienen umfassende Anlage wurde 2007 im Zuge von Einsparmaßnahmen beim neuen Eigentümer EON stark reduziert und in eine sogenannte Sparanlage umgewandelt. Damit einhergehend wurden auch einige 220-kV-Stromkreise auf 110 kV verkleinert, zumal gleichzeitig der Ausbau der heute höchsten Spannungsebene 380 kV forciert wurde.
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Statt ehemals acht 220-kV-Stromkreisen sind es heute nur noch drei. Tennet ist seit 2010 Betreiber des Umspannwerks, das in seinen 110-kV-Bereichen auch von Bayernwerk und N-ergie genutzt wird.
Warum die Reduzierung der Kapazität im Ludersheimer Werk über die vergangenen 30 Jahre? Weil Kraftwerke Zug um Zug geschlossen wurden, sagt Nothaas.
Wasserkraftwerk ist „Draufzahlgeschäft“
Das Schwandorfer Kohlekraftwerk hat Eon ebenso geschlossen wie das Kraftwerk in Aschaffenburg, Gebersdorf läuft nur noch zeitweise. „Und das Pumpspeicherwerk in Happurg liegt still“, ergänzt Nothaas. Das sei bitter, Betreiber Juniper nehme das Wasserkraftwerk aber nicht mehr in Betrieb, weil es nach dessen Darstellung ein Draufzahlgeschäft sei.
Stefan Seelmann übernahm nach den Erläuterungen seines Kollegen Nothaas die Führung durch die Anlage und erklärte technische Details. Seit der Reduzierung wird nur noch ein kleiner Teil des Werksgeländes von den Freiluftschaltanlagen eingenommen.
Die 220-kV-Anlage verfügt über eine Sammelschiene für den herein kommenden Strom und drei abgehende Stromkreise dieser Spannung, die 110-kV-Anlage beinhaltet zwei Sammelschienen und acht abzweigende Stromkreise. Zwischen beiden Anlagenbereichen wandeln zwei Leistungstransformatoren die Spannung um. Daneben existiert ein weiterer Transformator als Reserve. Nach Norden gehen von Ludersheim aus Leitungen nach Raitersaich, Schwandorf und Sittling ab, die nach Süden abgehenden Leitungen führen nach Feucht, Lauterhofen, Neumarkt und Forchheim. Die nördlichen 220-kV-Leitungen, die auf 380-kV hochgerüstet werden, betreibt Tennet, die südlichen 110-kV-Leitungen werden von N-Ergie und Bayernwerk betrieben.