Zwei Wochen in der Natur

Reisebericht: Laufer Michael Lorenz fährt 1400-Kilometer-Tour mit dem Fahrrad

Am Anfang der Tour: Michael Lorenz aus Lauf macht mit seinem voll bepackten Rad Station am bekannten Fichtelsee.
Am Anfang der Tour: Michael Lorenz aus Lauf macht mit seinem voll bepackten Rad Station am bekannten Fichtelsee. | Foto: Lorenz2025/07/5666871540190c2dd2f485de7e12eed73aec6934_max1024x.jpg

LAUF/DRESDEN/EGER – Bereits die Anreise und damit die Startetappe war der Knackpunkt. Würde alles gut gehen? Michael Lorenz’ Fahrrad wog auf einer Lkw-Waage in Creussen 40 Kilogramm – ohne Wasser- und Lebensmittelvorräte.

Befreit zeltete der Laufer Triathlet nach den ersten 115 Kilometern und 1600 Höhenmetern in 1051 Metern Höhe auf dem Schneeberg. Von dort aus folgten drei Hitzeetappen auf dem Saaleradweg, entlang des Flusses, über Hof durch Thüringen bis nach Sachsen-Anhalt, zu deren Mündung in die Elbe.

Eine Pizza in Naumburg

Am fünften Etappentag gönnte sich Lorenz eine Tag Pause sowie eine große Pizza – in der Unesco-Weltkulturerbestadt Naumburg. Deren Dom St. Peter und Paul gehört zu den bedeutendsten Bauwerken der Spätromantik in der Region.

Der Ruhetag war notwendig, zumal Hitze und Steigungen am Rennsteig „Körner kosteten“, wie man beim Radfahren sagt. So besichtigte der Sportler die Naturschutzgebiete Obere und Untere Saale. Stauseen („Thüringer Meer“) und Relief erinnern fast ein wenig an Norwegen, die „Straße der Romantik“ vor Bernburg leistet einen Vorgeschmack auf die Wirkstätten Martin Luthers. Trotz Niedrigwasser fuhren bei Lorenz‘ Tour die meisten Fähren – und mit der Überquerung der Elbe war bereits der erste Teilabschnitt geglückt.

Weiter ging es auf dem Elberadweg: Nicht nur Wittenberg liegt auf dem Weg am Fluss nach Dresden, sondern nach Dessau auch Torgau. Genau hier trafen am 23. April 1945 Spähtrupps von US-Armee und Roter Armee aufeinander. Ein Bild von einem Handschlag zwischen den Soldaten ging um die Welt, der „Elbe Day“ symbolisierte den Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes.

Von den Einheimischen war zu erfahren, so Lorenz, dass die Sowjets viele NSDAP-Mitglieder in Lagern inhaftierten. Von manchen fehle bis heute jede Spur.

Gut eingeradelt folgten vier Etappen über jeweils 100 Tageskilometer. „Dresden wäre schön gewesen, das zweite Teilziel“, so Lorenz. Allerdings vertragen sich Sport- und Kulturreisen aus seiner Sicht nicht wirklich.

Gute Wege in Tschechien

Schön die Einreise ins Nachbarland Tschechien: Hier sind die nahezu perfekt ausgeschilderten Radwege nicht voll ausgelastet, sondern kaum befahren. Eine detaillierte Karte und eine „Navi-App“ sind auch in Tschechien nicht notwendig, die Beschilderung führt in die pittoresken Elbstädte Děčín und Terezín. „Hitze und Gegenwind hingegen sorgten für reichlich Herausforderungen“, erinnert sich der Triathlet an die Tour zurück.

Hier, in Theresienstadt, stattete der studierte Psychologe aus Lauf der KZ-Gedenkstätte einen Kurzbesuch ab. Zufällig habe er in einem Biergarten den Leiter der dortigen Gedenkstätte getroffen, der ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs gewesen sei. Sie hätten über das Attentat von Sarajevo, das den Ersten Weltkrieg auslöste, ebenso gesprochen wie über die historischen Hintergründe und Folgen, über die Traumata von Holocaust-Überlebenden, Hinterbliebenen und Angehörigen. Lorenz: „Rationale Erklärungen? Jeweils Fehlanzeige.“

Nach drei Bier war bei tief stehender Sonne für ihn Schluss – und Schieben war angesagt, da in Tschechien die 0,0-Promille-Grenze gilt. Andernfalls droht dort der Führerscheinentzug auch für Radfahrer.

Gebirgiger Abschnitt

Weiter ging es am nächsten Morgen entlang der Eger, dort wandelt sich der Streckenverlauf ähnlich ins Bergige wie an der Saale, die Radwege verlaufen nicht immer entlang der Flüsse. Auch im Nachbarland entlohnen aber Natur und Bauwerke für die Strapazen und Härten.

Am letzten Tag fuhr Lorenz von Kadan über Karlsbad bis nach Marktredwitz. Von dort nahm der Sportler den Zug zurück nach Lauf.

Wie geht es nun für den Triathleten weiter, nach acht erfolgreichen Teilnahmen als Einzelstarter unter anderem in Frankfurt und Nizza und einem Sub-Neun-Stunden-Finish in der Staffel in Roth? Lorenz wurde vergangenen Spätsommer binnen drei Wochen viermal notoperiert, hatte „Riesenglück“, wie er sagt. Zuspruch erhielt er vom Veranstalter des Langdistanz-Triathlons „OstseeMan“: Die Glücksburger kamen dem Laufer Sportler entgegen und buchten dessen Startplatz auf nächstes Jahr um.

Zwei Wochen in der Natur unterwegs gewesen zu sein, mit dem Fahrrad auf einer Strecke von rund 1400 Kilometern abzuschalten, der Sogwirkung von Alltag, Altstadtfest und „Challenge“ in Roth entkommen zu sein, das sei „kein Schaden“, meint Lorenz. Es war eher „befreiend für die Seele und inspirierend für den Geist“.

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