Ist der geplante Sandabbau noch zu verhindern?

„Wir müssen kämpfen“

Hans-Dieter Pletz und Miranda Belechambers in der Röthenbachklamm, an die der geplante Sandabbau unmittelbar angrenzt. Die beiden BN-Mitglieder befürchten, dass die Klamm Schaden nehmen wird und sehen Biotope in dem über 50 Hektar großen Abbaugebiet in Gefahr. | Foto: Alex Blinten2021/04/Roethenbach-Sandabbau-scaled.jpg

ALTDORF – Im Widerstand gegen das geplante Sand-Abbaugebiet bei Röthenbach zeichnet sich ein Schulterschluss von Naturschützern und Politik ab.

Die Zukunftsaussichten für den Wald östlich von Röthenbach sind düster. 50,2 Hektar Fläche sollen hier gerodet und für Sandabbau genutzt werden (wir berichteten). Im Regionalplan der Industrieregion Mittelfranken ist das Gebiet zwischen Röthenbachklamm, A 6 und Kreisstraße LAU 13 seit 2006 als Vorbehaltsfläche für den Abbau von Quarzsand eingetragen. Nachdem in dieser Woche bekannt wurde, dass das Raumordnungsverfahren für den Sandabbau eingeleitet wird, formiert sich jetzt breiter Widerstand in den betroffenen Ortschaften Röthenbach, Ludersheim und Winkelhaid. Der Bund Naturschutz lehnt die Pläne für den Sandabbau vehement ab.

Bereits vor 25 Jahren hatten die BN-Ortsverbände Altdorf und Winkelhaid heftigen Protest gegen damalige Pläne für großflächigen Sandabbau bei Röthenbach erhoben, als bekannt wurde, dass Förderbänder die Röthenbachklamm überspannen würden, die abgebauten Sand von einer auf die andere Seite der Schlucht transportieren sollten.

15 Jahre Ruhe, nun der Sturm

Damals kassierte die Regierung von Mittelfranken das Vorhaben. 2006 allerdings haben die Regionalplaner der Industrieregion Vorbehaltsflächen für Sandabbau festgelegt, darunter auch die jetzt im Raumordnungsverfahren stehenden Flächen bei Altdorf. Im Stadtrat gab es vor 15 Jahren zwar eine breite ablehnende Mehrheit, die aber ohne Einfluss auf die Festsetzung im Regionalplan blieb. Einziger Trost damals für die Bürgervertreter: Es würden schon noch Jahrzehnte ins Land gehen, bevor der Sand im Röthenbacher Wald abgebaut werde, signalisierten die Verantwortlichen bei der Regierung in Ansbach. Jetzt sind exakt 15 Jahre vergangen, dem Wald an der Röthenbachklamm droht nun der Kahlschlag.

50 verschiedene Flechten und Moose

Wir haben hier Bannwald und Vogelschutzgebiet“, sagt Hans-Dieter Pletz, im Altdorfer Bund Naturschutz stellvertretender Vorsitzender. „Und wir haben in dem Gebiet verschiedene Biotope kartiert.“ Gemeinsam mit BN-Mitglied Miranda Belechambers hat sich Pletz in der Röthenbachklamm umgeschaut, an die der geplante Sandabbau unmittelbar angrenzen soll. Der Bund Naturschutz weist darauf hin, dass es auf der über 50 Hektar großen Waldfläche viele seltene Tierarten gibt, unter anderem die Zauneidechse, bedrohte Vogelarten und 50 verschiedene Arten von Flechten und Moosen. Außerdem warnen die Naturschützer davor, dass die Röthenbachklamm durch den angrenzenden Sandabbau Schaden nehmen wird.

Verschwindet der Wald, dann verschwinden hier auch Flora und Fauna, sagt Belechambers. Und für die Anwohner in Röthenbach und Ludersheim verschwindet der Lärmschutz zur A 6. „Der Wald wirkt auch wie eine Klimaanlage, der droht hier die Zerstörung“, fügt Pletz hinzu. Alles in allem gibt es eine Vielzahl von Gründen, mit der der Bund Naturschutz seine strikte Ablehnung des Vorhabens untermauert. Wie schon vor 15 Jahren will er die auch über seinen Landesverband der Regierung von Mittelfranken mitteilen.

Sand sichert Trinkwasser-Qualität

Vor 15 Jahren war BN-Mitglied Albert Kraus in vorderster Front beim Widerstand gegen die Sandabbau-Pläne. Aus gesundheitlichen Gründen ist er beim BN-Ortsverband in Altdorf inzwischen in die zweite Reihe getreten, sichert seinen Verbandsfreunden aber jede Unterstützung im Kampf gegen das Vorhaben zu. Kraus hat schon 2006 auf die besondere Rolle der mächtigen, bis zu 12 Meter dicken Sandschichten im Untergrund des Nürnberger Reichswaldes aufmerksam gemacht. Der Sand hat eine wertvolle Filterfunktion für das Grundwasser und garantiert unter anderem die gute Qualität des Nürnberger Trinkwassers, das aus dem Ursprungsgebiet bei Leinburg in die Noris geleitet wird.

Für Kraus steht auch fest, dass unbedingt alle alternativen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, bevor man für den Sandabbau so große Waldflächen opfert wie jetzt bei Röthenbach vorgesehen. Er verweist auf den berühmten Monte Kaolino bei Hirschau in der Oberpfalz, ein riesiger Berg, bestehend aus Millionen Tonnen weißen Kaolin-Sands, ein Abfallprodukt aus dem Bergbau, das ungenutzt in der Landschaft liegt. Der Sand hat zwar nicht die Qualität wie ein Quarzsand, könnte mit heutigen technischen Mitteln aber möglicherweise aufbereitet werden, schlägt Kraus vor.

Sandabbau in Ochenbruck neben dem bestehenden Gewerbegebiet an der B 8. Hier wird inzwischen auch auf Flächen abgebaut, die für Sand- und Kiesbagger früher noch als unrentabel galten. Foto: Alex Blinten2021/04/Ochenbruck-Sandabbau-scaled.jpg

Pletz und Belechambers bringen noch andere Alternativen ins Gespräch, etwa den Einsatz von recyceltem Material. „Anstatt einfach zu roden, sollte man unbedingt nach Alternativen zum Quarzsand suchen“, sagt Belechambers. Wenn die für den Abbau vorgesehenen Flächen ausgebeutet sind, sollen sie renaturiert werden, was aber nach Überzeugung von Pletz und Belechambers immer schwieriger wird. „Die immer längeren Trockenperioden bereiten hier große Probleme, wir können nicht jeden neu gepflanzten Baum bewässern“, sagt Pletz, der für die Grünen im Altdorfer Stadtrat sitzt.

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BN hat Tabor und Schmidt hinter sich

Während Röthenbacher Anwohner derweil skeptisch sind, dass sich der geplante Sandabbau noch verhindern lässt, bleiben Pletz und Belechambers zuversichtlich, auch deshalb, weil das Altdorfer Rathaus auf ihrer Seite ist. Bürgermeister Martin Tabor hat die Fraktionsvorsitzenden am Mittwoch über die Lage informiert und deutlich gemacht, dass die Stadt sich mit juristischen Mitteln gegen die Sandabbau-Pläne wehren wird. Sollte sich eine Bürgerinitiative gründen, will Tabor sie unterstützen. Sein Kollege Michael Schmidt aus Winkelhaid will sich mit den Altdorfern absprechen und mit ihnen an einem Strang ziehen, weil Winkelhaid auch durch die Zu- und Abfahrten zum Sandabbaugebiet betroffen sein wird. Nach Angaben der Bamberger Sand- und Kiesbaggerei aus Geiselwind sollen täglich bis zu 60 Lkw die Sandgruben anfahren.

Politik und Bund Naturschutz sind sich in der Ablehnung des Sandabbaus jedenfalls einig. Nichts wäre aus der Sicht von Pletz in der jetzigen Situation schädlicher als Resignation. „Wir müssen jetzt kämpfen“, sagt er einem Anwohner in Röthenbach, „wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Info:
Die Unterlagen für das Raumordnungsverfahren liegen zur Einsichtnahme von Donnerstag, 29. April, bis Dienstag, 1. Juni, auch im Leinburger Rathaus aus und können dort nach telefonischer Voranmeldung eingesehen werden. Außerdem stehen die Verfahrensunterlagen im gleichen Zeitraum in der Rathäusern in Winkelhaid und Altdorf für Interessenten zur Verfügung und auf der Internetseite der Regierung von Mittelfranken: www.regierung.mittelfranken.bayern.de

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