PFOS-Funde im Nürnberger Land

Alles unter Kontrolle?

Der Sitzungssaal des Röthenbacher Rathauses war am Dienstagabend voll, als Wasserwirtschaftsamt, Landratsamt und die Kommunen Röthenbach und Leinburg über die Folgen der PFOS-Verunreinigung informierten. Tenor: Das Trinkwasser in den betroffenen Orten ist sicher.
Der Sitzungssaal des Röthenbacher Rathauses war am Dienstagabend voll, als Wasserwirtschaftsamt, Landratsamt und die Kommunen Röthenbach und Leinburg über die Folgen der PFOS-Verunreinigung informierten. Tenor: Das Trinkwasser in den betroffenen Orten ist sicher. | Foto: Andreas Sichelstiel2019/05/infoveranstaltung-pfos-rothenbach.jpg

NÜRNBERGER LAND — Während das Nürnberger Wasserwirtschaftsamt hofft, den inzwischen an mehreren Stellen nachgewiesenen Schadstoff Perfluoroctansulfonat (PFOS) weitgehend vom Trinkwasser fernhalten zu können, wächst die Sorge im Unteren Pegnitztal und in den Orten rund um den Moritzberg. PFOS sei „für die gesamte Wasserversorgung der Region ein großes Problem“, sagt der Nürnberger Geologe und Bund-Naturschutz-Vorsitzende Otto Heimbucher.

Breitet sich der Schadstoff aus, könnten ihm zufolge nicht nur Röthenbach und Leinburg, sondern auch Rückersdorf oder sogar Lauf betroffen sein.  Wichtig sei nun ein neues Grundwassermodell – das vorliegende stammt von 2003. Außerdem rät Heimbucher den Kommunen, sich langfristig Gedanken über eine Fernwasserversorgung nach dem Vorbild der Nürnberger Ranna­leitung zu machen.

Bei einer Info-Veranstaltung im Röthenbacher Rathaus am Dienstagabend gab es nur noch Stehplätze, der Sitzungssaal war voll.  Das Wasserwirtschaftsamt und das Landratsamt Nürnberger Land präsentierten dort ihre Einschätzung. Beide gehen jeweils von lokal begrenzten und beherrschbaren Schadensfällen aus, die nicht zusammenhängen.

Erhöhte Werte erstmals 2012

Während die Öffentlichkeit erst 2015 von erhöhten PFOS-Werten erfuhr, war dem Landratsamt spätestens 2012 bekannt, dass der Stoff aus der Diepersdorfer Kläranlage läuft. Nach damaliger Rechtslage legal verwendet wurde er von dem Galvanikbetrieb Bolta, der seine Produktion schon vor sieben Jahren auf einen Ersatzstoff umgestellt hat und inzwischen eine Anlage betreibt, um PFOS-Reste zu filtern. Der Stoff ist extrem langlebig. 2013 wurde die giftige und im Tierversuch krebserregende Chemikalie im Birkensee nachgewiesen. Im Herbst 2017 tauchte sie in einer Sandgrube südöstlich des Badesees auf, zusammen mit PFOS-Ersatzstoffen, im Sommer 2018 wurde sie im Abwasser und später in einem Tiefbrunnen des Elektrodenherstellers Graphite Cova entdeckt.

Bei der Sandgrube wie beim Birkensee hat das Wasserwirtschaftsamt PFOS-haltigen Bodenaushub im Verdacht, bei Graphite Cova liege die Quelle auch „im Oberflächenbereich“. In der Umgebung befinde sich wohl ebenfalls eine „Altablagerung“. Der Schadstoff gelangt demnach durch den Brunnen selbst in tiefere Gesteinsschichten. Das Unternehmen hat gegenüber der Pegnitz-Zeitung erklärt, dass es davon ausgehe, dass die Ursache nicht auf dem Betriebsgelände liege.

Am Graphite-Cova-Brunnen soll nun ein Pumpversuch durchgeführt werden. Im Idealfall, sagt Ulrich Fitzthum, der Leiter des Wasserwirtschaftsamts, sinke die PFOS-Konzentration beim Abpumpen, „dann wissen wir, dass sich der Stoff noch nicht ausgebreitet hat“. Die Röthenbacher Trinkwasserbrunnen liegen rund 1,7 Kilometer Luftlinie entfernt. Die Stadt will eine Vorfeldmesstelle installieren, eine Art „Gartenzaun mit Alarmanlage“, wie Fitzthum sagt.

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Diepersdorfer Brunnen ist vom Netz

Längst betroffen ist der in Diepersdorf gelegene Brunnen II der Moritzberggruppe, die Leinburg und Teile Röthenbachs mit Trinkwasser versorgt. Er ist seit April 2017 vom Netz. Eine Vorsorgemaßnahme: Die PFOS-Konzentration dort liegt noch unter dem Leitwert, der „lebenslang gesundheitlich duldbar“ wäre. Woher das PFOS im Brunnen II kommt, gilt derzeit als „nicht nachgewiesen“.

Derzeit kann das Leitungswasser nach Angaben der Röthenbacher Stadtwerke wie der Moritzberggruppe, die das Leinburger Gemeindegebiet und Teile Röthenbachs versorgt, ohne Bedenken getrunken werden. Es sei „absolut frei“ von perfluorierten Chemikalien, so Stadtwerke-Geschäftsführer Waldemar Munkert bei der Info-Veranstaltung, „und von bester Qualität“.

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