HERSBRUCK – In Bayern ist Wahlkampf und trotzdem reden alle nur über ein bundespolitisches Thema: die umstrittene Zustimmung von Andrea Nahles zur Maaßen-Beförderung. Beim Besuch der Parteichefin und SPD-Fraktionsvorsitzenden in Hersbruck gestern Mittag war das auch nicht anders. Die 48-Jährige äußerte sich mehrmals: Sie habe für diese Personalentscheidung nicht die Große Koalition gefährden wollen, sagte sie. Der Verursacher sei Innenminister Horst Seehofer und nicht die Sozialdemokraten.
Klare Worte, von denen sich die Parteibasis mehr in aller Öffentlichkeit wünscht, wie in einem Gespräch in kleinerer Runde nach dem Nahles-Besuch deutlich wurde. Die SPD sei wieder einmal die Dumme, obwohl es nach dem Streit vor Monaten um seinen Masterplan Migration erneut Horst Seehofer war, der die Zusammenarbeit stark belaste. „Man sollte vielmehr über die Personalie Seehofer diskutieren“, meinte Landtagskandidatin Andrea Lipka.
Als Nahles gegen zwölf am Wahlstand der SPD neben dem Hirschbrunnen eintraf, bedauerte sie: „Es bedrückt mich, dass ich keine andere Lage mitbringe“. „Selber schuld“, bekam sie daraufhin von mehreren Bürgern zu hören. „Immer wieder lassen Sie sich vorführen“, rief ein anderer SPD-Anhänger frustriert. Immer wieder kam das Thema im Dialog mit Hersbruckern zur Sprache.
Bei einem Spaziergang mit SPD-Vertretern, Fernsehteams, Journalisten und Bürgern über den Hersbrucker Wochenmarkt erwiderte sie auf die Bürger-Kritik: „Sie können sagen, dass es das wert ist, die Regierung platzen zu lassen, aber es ist meine Verantwortung“, dass dies nicht wegen einer Personalfrage geschieht. „Wir werden es auf Bundesebene diskutieren. Ich kann Ihre Kritik und Ihre Gefühle verstehen.“
Das eigentliche Problem „ist auch nicht die Causa Maaßen“, fuhr sie fort, „bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich hätte ihn nicht zum Staatssekretär gemacht — aber auf Dauer ist das nicht durchzuhalten.“ Seehofer habe offenbar den Schuss vor den Bug nicht gehört. „Wir sind hier doch keine Bananenrepublik.“ Die SPD baue etwas auf, etwa die gebührenfreie Kita, und diese „Mickeymaus-Parade“ nehme es wieder aus dem Blickfeld.
Hersbrucks Altbürgermeister Wolfgang Plattmeier war noch nie ein Freund dieser wiederholten Groko-Auflage. Im Gespräch mit der HZ sagt er: Die SPD müsse schauen, dass sie vor lauter Aufopfern ihre eigene Bedeutung nicht verliert. Vielleicht wäre ein Bruch der Groko besser für das Land. „Oder bildet sich wirklich jemand ein, dass SPD oder CDU besser dastehen bei der nächsten Wahl, wenn wir so weiterholpern?“ Auch der frühere Landtagsabgeordnete Helmut Ritzer hätte in der Personalie Maaßen nicht wie Nahles entschieden. Das eigentliche Problem sei aber doch Merkels Konflikt mit Seehofer.
Nahles wechselte am SPD-Stand in den Wahlkampfmodus und griff die CSU auch im Ganzen an. Ministerpräsident Markus Söder sei nicht verlässlicher als sein Parteichef Seehofer. Auch er hetze beim Asylthema, bevor er dann wieder „Kreide fresse“. Ein Bürger diskutierte mit Nahles über die Zuständigkeit bei Krankenhausschließungen. Die SPD-Vorsitzende wies das Thema als Ländersache von sich, Lipka sprang ihr bei: Die allein regierende CSU habe im Landesförderprogramm nichts für kleine Kliniken vorgesehen.
Nahles plauderte bei ihrem Besuch in Hersbruck mit etlichen Bürgern, mit Markthändlern sprach sie über deren regionale Erzeugnisse, machte einen kurzen Abstecher ins „Mahlzeit“ und lobte die Produkte kleiner Bäckereien. In der Buchhandlung Lösch überreichte ihr Organisatorin Iris Lederer einen Hersbrucker-Schweiz-Verführer.
Zum Schluss hörte sie im Biergarten unter anderem noch Gerhard Kratzers Sorge über aussterbende Innenstädte. Der Wettbewerb mit rund um die Uhr geöffneten Online-Shops, die zudem auch noch kaum Steuern zahlen, sei unfair, meinte er. Auch verstehe er nicht den strengen Denkmalschutz, während Wohnraum in Deutschland knapp ist. Sein Wunsch an die SPD-Vorsitzende: „Nicht reden, tut was!“