Corona-Lockerungen

Viel Bürokratie beim „Click & Meet“

In vielen Schaufenstern hängen Hinweise zu „Click & Meet“, doch jeder verkauft das Terminvereinbaren etwas anders – zum Beispiel ganz positiv und exklusiv als privates Shoppingerlebnis (Bild). | Foto: Pitsch2021/03/IMG_20210309_133744-scaled.jpg

HERSBRUCK – „Die Arbeit macht wieder mehr Spaß“, findet Uli Böhler. Ihr Modegeschäft „Galleria“ ist einer der Läden, der seit dieser Woche im Rahmen von „Click & Meet“ wieder geöffnet haben darf. Auch wenn das Einkaufen vor Ort vieles leichter macht, von Euphorie über die Lockerungen ist bei den Hersbrucker Händlern nichts zu hören.

Denn nüchtern gesagt ist das Vorgehen „Termin ausmachen und vorbeikommen“ nur „besser als nichts“, sagt Böhler. Bei ihr hätten sich schon einige Kunden zwecks Termin gemeldet, andere machen ihn spontan an der Ladentür, die für maximal drei Personen offen steht, fix. Aber: „Man muss viel reden und erklären, was erlaubt ist – gerade den älteren Leuten.“

Dennoch merkt sie bereits nach den wenigen Tagen, dass die Leute sich freuen, kommen zu dürfen, sich im Laden inspirieren lassen und plaudern zu können. „Der soziale Kontakt ist wieder da.“ Böhler hat daher auch mehr Bewegung in der Stadt ausgemacht: „Vorher waren die Menschen ja wie eingefroren.“ Dazu trägt möglicherweise die zarte Frühlingsstimmung bei, denkt sie. Zwar ist das Wetter aktuell noch nicht für leichtere Kleidung geeignet, die Lust darauf sei aber spürbar. Bei all dem Positiven ärgert Böhler eines: „Die Bürokratie hält auf, auch wenn die Kunden willig mitmachen.“

Drängeln ohne Namen

Böhler meint damit die so genannte Kontaktdaten-Erfassung bei der Anmeldung oder vor Ort. Für Klaus Wiedemann vom gleichnamigen Wäscheladen ein riesiges Ärgernis: „Und im Supermarkt drängeln sich alle ohne rum.“ Er hält das für einen reinen „Bürokratie-Wahnsinn“, dem er aber nachkommen muss. „Der Handelsverband hat bereits vor häufigeren Kontrollen und damit Bußgeldern gewarnt“, erzählt Wiedemann.

Wie auch Böhler hat er ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass die Menschen ob der Öffnungsregelungen verwirrt sind. Bei Firmen mit Filialen in verschiedenen Landkreisen löse das ebenfalls Probleme aus. Bei ihm sei die Nachfrage nach „Click & Meet“ bislang verhalten. „Fünf Kunden dürften bei mir rein, aber die habe ich selten auf einmal.“ Klar freue er sich, dass er wieder mehr machen könne, aber damit erreiche er die benötigte Kundenzahl nicht. Wiedemann hofft nun, dass die Corona-Zahlen stabil bleiben. Denn er muss sein Jahr planen: „Aktuell läuft die Vororder für Herbst/Winter 2021 – und keiner weiß so recht, was und wie viel er bestellen soll.“

Riesige Bestellungen

Solche Erfahrungen hat Liliane Zagray-Waldhof bereits hinter sich: Die Besitzerin von Lili’s Radl-Laden musste vergangenen Frühsommer erstmals Teile und Räder in großen Mengen vorordern – sonst bekomme man vielleicht später nichts mehr. „Das war ein absolutes Risiko.“ Denn keiner wusste, dass erneut ein Lockdown kommt und es war alles auf einmal zu bezahlen. „Mein Polster ist aufgebraucht.“

Auch wenn die Werkstatt als systemrelevant geöffnet haben durfte. Das Problem: „Gewisse Ersatzteile sind einfach nicht verfügbar oder haben Lieferdatum Dezember 2021.“ Räder hat Zagray-Waldhof dennoch in den vergangenen Monaten verkauft – mit viel Aufwand: „Ich habe die Kunden telefonisch beraten, habe dann vier oder fünf Räder ins Auto gepackt, zu den Interessenten gefahren. Wenn sie in Ruhe daheim getestet hatten, habe ich alles wieder abgeholt.“ Nicht nur mit diesem Service lockte sie neue Kunden – auch mit der Tatsache, dass es bei ihr keinen Ruhetag gibt, mutmaßt sie.

Normal ist weit weg

Zagray-Waldhof ist erleichtert, dass sie nun wieder vor Ort beraten kann. „Das mit der Terminvergabe klappt gut.“ Mehr als zwei Kunden habe sie eh nie im Laden. Aber: „Es ist noch längst kein Normalzustand und daher nur besser als gar nichts.“


Nicht ganz so empfindet das Gabriele Hund von Gaby’s Zauberland. Sie hält von diesem System, das zudem noch zu wenig bekannt scheine, nichts: „Die Leute gehen doch lieber spontan shoppen anstatt so geplant.“ Ein paar würden bei ihr dann klopfen und wenn der Laden leer ist, darf der Kunde rein, verrät sie.

Ostern rette das nicht. „Immer vor dem wichtigen Geschäft kam der Lockdown – vergangenes Jahr Ostern und Weihnachten.“ Dazu mache das Zauberland sehr viel Umsatz mit Tüftelboxen aus Holz, die sich als Verstecke für Geldgeschenke eignen – beliebt für Konfirmation, Kommunion oder Hochzeiten. „Das ist alles weggefallen.“

Hund sagt daher klar: „Wenn wir davon leben müssten, wäre unser Laden schon zu.“ Doch sie und ihr Mann, der schon in Rente ist, hätten Spaß an ihrem Hobbybetrieb. Sie beide verstehen nicht, warum gewisse Geschäfte ohne Anmeldung öffnen dürfen, obwohl Kundenzahl und Größe nicht anders ist als bei ihnen: „Das ist ein ungerechtes System, aber wir müssen es nehmen, wie es von der Politik kommt.“

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