Zu viele Vorschriften für Paddler?

Diskussionen um Mindestpegel für die Pegnitz

Die Kanusaison ist eröffnet. Eine neue Verordnung besagt allerdings, dass ein Teilstück der Pegnitz erst ab einem bestimmten Pegelstand befahren werden darf. | Foto: privat2017/06/8170276.jpeg

ARTELSHOFEN – Seit 1. April sind die örtlichen Kanuvereine und Freizeitpaddler im oberen Pegnitztal mit einer neuen Verordnung konfrontiert: Sobald die Pegnitz auf einzelnen Streckenabschnitten einen bestimmten Pegelstand unterschreitet, sind diese für Kanufahrer gesperrt. Das Landratsamt argumentiert mit den Vorschriften für das dortige Naturschutzgebietes, Gegner der „Allgemeinverfügung zum Mindestpegel“ halten die Gründe aber für wenig nachvollziehbar und befürchten auch Einschränkungen für den Tourismus.

Laut der neuen Regelung muss die Pegnitz zwischen Güntersthal und Rupprechtstegen einen Mindestpegel von 130 Zentimetern und zwischen Rupprechtstegen und Artelshofen von 126 Zentimetern aufweisen, damit Kanus im Fluss fahren dürfen. Dafür zeigen Ampeln auf der Internetseite des Nürnberger Landes, ob die einzelnen Strecken gerade freigegeben (grün) oder gesperrt sind (rot).

Viki Heckel vom Verein „Mühlenkraft“ sieht die Verordnung kritisch. Sie befürchtet, dass es für den Tourismus eine erhebliche Beeinträchtigung darstellt. „Für Fahrten von Güntersthal bis Artelshofen ging uns heuer bereits der komplette Mai als möglicher Fahrtzeitraum verloren, weil die Strecke erst seit Anfang Juni freigegeben ist“, erklärt sie. Auch die anliegenden Gastgewerbe müssten mit Einbußen rechnen.

Jonas Raab von der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt stützt die neue Verordnung auf die „Flora-Fauna-Habitat-Richtlinien“, kurz FFH. Der Bereich zwischen Michelfeld und Hersbruck ist als „Natura 2000“- Gebiet ausgewiesen, auf das sich die Richtlinien beziehen. Sie haben zum Ziel, wild lebende Tierarten und deren Lebensräume zu sichern und zu schützen. Konkret seien im oberen Pegnitztal zwei Fischarten davon betroffen: das Bachneunauge und die Groppe.

„Der trockene Sommer 2015 und ein dementsprechend niedriger Pegelstand der Pegnitz hat uns dazu veranlasst, die Wassertiefe regelmäßig zu messen. Daraus wurde gefolgert, dass es bei niedrigem Pegel durch Kanufahrten zu einer Gefährdung der Fische kommen kann“, erklärt Raab auf Nachfrage der HZ. Durch das tiefe Eintauchen der Paddel könnten die Tiere bei Niedrigwasser verletzt werden. „Das kann ein Problem für den Artenbestand bedeuten.“

Heckel hält die Erklärung zur Einstichtiefe der Paddel allerdings für weit hergeholt, weil es sich „nicht um Sport- sondern um Freizeitkanuten handelt“. In einer Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde heißt es, dass bei stichprobenartigen Messungen der Pegelstand „zufällig“ in Ordnung war und auch der Kanutiefgang keine Beeinträchtigungen darstellte. Danach wurde die Paddeleinstichtiefe als Grund für die Sperrungen genannt. Für Heckel nur vage Formulierungen.

Thomas Schneider, Inhaber von „Tom’s Kanuverleih“, sieht das ähnlich. Für ihn ist die genannte Einstichtiefe von 43 Zentimetern ein hypothetischer Wert: „Kanutechnisch haben wir keine Grundberührung. Normalerweise wird beim Kanufahren das Paddel nie senkrecht eingetaucht“, erklärt er. Zudem weise er seine Kunden immer darauf hin, bei flachen Stellen besonders vorsichtig zu sein.

Schneider hält eine Verordnung zum Mindestpegel allgemein für sinnvoll, allerdings sieht er die aktuelle Festsetzung als nicht gerechtfertigt an. Seiner Meinung nach müsse der Pegel zumindest um ein paar Zentimeter herabgesetzt werden.  Außerdem betont er, dass die Bootsverleiher bisher auf die flachen Abschnitte Rücksicht nahmen und freiwillig nach Artelshofen ausgewichen sind, sobald der Wasserpegel kritisch war. „Aber wegen zwei Stellen mit einer Länge von zirka 300 Metern gleich einen ganzen Flussabschnitt zu sperren, halte ich für nicht gerechtfertigt“, so Schneider.

Stau bei Artelshofen?
Ein weiteres Problem ergibt sich für Heckel und Schneider, wenn viele Kanuten wegen Sperrung der Strecke Güntersthal bis Artelshofen erst in Artelshofen in die Pegnitz einsteigen: „Staus sind vorprogrammiert, was zu einer Überlastung des Abschnitts führen kann“, so Heckel. Schneider ergänzt: „Bisher haben wir uns durch die Einstiege in Rupprechtstegen und Güntersthal besser verteilen können. Der neue Parkplatz, der dort erst kürzlich gebaut wurde, wäre in Zukunft fast überflüssig.“

Eine Veränderung haben die Kanuverleiher bereits bewirkt: Laut Raab wird in Kürze auf der Internetseite eine weitere Ampel erscheinen, die die Strecke von Artelshofen bis Hohenstadt abbildet. Die ist aufgrund der ausreichenden Flusstiefe nahezu immer befahrbar.

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