„Streng geschützte Arten“

Bahnmatt?

Die Krugsweiher sind ebenso Teil des möglichen Naturschutzgebietes wie der Jägersee und das Areal der ehemaligen Muna. | Foto: Wolfgang Stolzenberg2021/07/Feucht-Krugsweiher-scaled.jpg

FEUCHT – Der Markt Feucht versucht, den Wald auf dem Muna-Gelände sowie südlich davon zu einem Naturschutzgebiet erklären zu lassen. Greift die Regierung den Vorschlag auf, dürfte der Bau eines ICE-Werks an einem dieser Standorte unmöglich werden.

Ausgedacht hat sich diesen Kniff Andreas Sperling von den Grünen. Wenngleich er seine Idee wohl nicht als einen solchen bezeichnen würde. Denn das ICE-Werk oder die Deutsche Bahn erwähnt er in seinem Vortrag im Marktgemeinderat mit keiner Silbe. Vielmehr hält er ein Plädoyer auf die Artenvielfalt, vergleicht diese mit einem Netz, in dem jede aussterbende Art einen Knoten bedeute und dessen Tragfähigkeit entscheidend für die Existenz der gesamten Menschheit sei.

Warum nun gerade der Wald westlich von Feucht zu einem Naturschutzgebiet erklärt werden soll, erklärt er mit Daten, die der Bund Naturschutz und der Landesbund für Vogelschutz mit Unterstützung von Privatpersonen gesammelt hat. Demnach leben und wachsen in diesem Areal mehr als 60, teilweise mehrfach geschützte Arten.Nicht nur seltene, sondern streng geschützte“, wiederholt Sperling und verweist auf insgesamt sechs Schutzstati, die hier zum Tragen kommen, darunter die Rote Liste und das Bundesnaturschutzgesetz.

Unter anderem lebt in dem Gebiet die Ringelnatte Foto: Wolfgang Stolzenberg2021/07/Feucht-Krugsweiher-Ringelnatter-03-0170-2-73.jpg

Das Portfolio reicht von Orchideen über Fledermäuse bis zu diversen Amphibien und Reptilien, beispielsweise der Schlingnatter. Ist deren Lebens- und Fortpflanzungsraum als Naturschutzgebiet anerkannt, stehen sie unter besonderem Schutz, ihr Habitat darf weder zer- noch gestört werden.

Erstmal zwei Jahre sicherstellen

Ob ein Gebiet als Naturschutzgebiet ausgewiesen wird, das entscheidet die Höhere Naturschutzbehörde der Regierung von Mittelfranken. Die Marktgemeinde kann ihr lediglich einen Vorschlag unterbreiten. Da die Behörde auf Basis eigener Daten entscheidet und diese natürlich erst erheben und prüfen muss, ist hier keine rasche Entscheidung zu erwarten. Damit die Bahn dem Plan hier nicht zuvorkommen und Fakten schaffen kann, beantragt Sperling in der Sitzung am Mittwoch obendrein eine einstweilige Sicherstellung der Flächen für zwei Jahre.

Kartierung noch nicht vollständig

Für seinen Antrag und seine ausführliche Erläuterung erhält Sperling in weiten Teilen des Marktgemeinderats Zustimmung. Herbert Bauer (CSU) etwa spricht von einem „guten Schachzug“ und einer „guten Gelegenheit, ein unangenehmes Thema vom Tisch zu bekommen“. Und Lothar Trapp, Fraktionssprecher der SPD, ist beeindruckt, welche Arten in dem Gebiet gefunden wurden. Und die Aufstellung könne noch nicht mal vollständig sein. Schließlich hätten BN und LBV auf dem Muna-Areal selbst in erster Linie Fledermausarten kartiert.

Auch der Trauerschnäpper ist hier beheimatet. Foto: Wolfgang Stolzenberg2021/07/Feucht-Wald-Krugsweiher-Trauerschnaepper-WST_3726-110-scaled.jpg

Kritik an dem Plan äußern unter anderem Birgit Ruder (FW) und Christian Nikol (Franken), da das Vorgehen nicht mit der Marktgemeinde Wendelstein abgesprochen ist. Laut Bauer bestand hierfür auch gar keine Notwendigkeit. Er erinnert an den Beschluss der Wendelsteiner Kollegen, die der Bahn die Muna im Mai einstimmig als Standort angeboten hatten (wir berichteten). „Da hat auch keiner einen Pieps gesagt. Wenn man so mit uns umgeht, muss man sich nicht wundern, wenn auch wir mal unsere eigenen Interessen verfolgen“, meint Bauer.

Und Bauamtsleiter Andreas Brandmann vergleicht das Ausweisen eines Naturschutzgebietes mit dem Stellen eines Gebäudes unter Denkmalschutz. Da müsse der Eigentümer auch nicht gefragt werden, da es hier um Belange der Allgemeinheit geht.

Baden verboten am Jägersee?

Einen ganz anderen Kritikpunkt äußert Lisa Huber (SPD), die befürchtet, dass das Baden am Jägersee verboten werden könnte, sofern das gesamte Gebiet unter Schutz gestellt werden sollte. Sperling kann ein solches Verbot zwar nicht ausschließen, hält es aber für unwahrscheinlich. Dafür müssten schon seltene Arten im Jägersee selbst und nicht nur an seinen Ufern und in den umliegenden Wäldern gefunden werden. Mit 18:4 Stimmen spricht sich der Marktgemeinderat schließlich für Sperlings Antrag aus, die Verwaltung leitet nun alles Nötige in die Wege und wird der Regierung von Mittelfranken einen Vorschlag unterbreiten.

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