17-jährige Schülerin redet auf Demonstrationen

Anna reicht’s mit den Masken

Die 17-jährige Anna Heichele aus Röthenbach ist das Reden vor hunderten Menschen, wie hier in Weiden, inzwischen gewohnt. Seit zwei Monaten besucht sie fast jedes Wochenende eine der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen und fährt dafür mit ihren Eltern durch ganz Deutschland. | Foto: Privat2020/11/Anna-Heichele-in-Weiden.jpg

RÖTHENBACH – Anna Heichele, eine 17-jährige Schülerin des Laufer CJT-Gymnasiums, fährt jedes Wochenende zu Demonstrationen, um gegen die aktuellen Corona-Maßnahmen zu protestieren und sich für die Meinungsfreiheit einzusetzen. Die Kritik daran nimmt sie in Kauf.

Wenn die 17-jährige Anna Heichele (Name von der Redaktion geändert) aus Röthenbach auf die Bühne steigt und von dort auf das bunte Meer aus Fahnen, Plakaten und Gesichtern blickt, zittert die Hand am Mikrofon und die Stimme ist leise. Das schlanke Mädchen mit den braunen Haaren wirkt schüchtern auf  ihre Zuhörer, die hier gemeinsam gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung demonstrieren.   

Doch wenn Anna dann anfängt zu reden, von der Maskenpflicht an Schulen, von einer Missinterpretation der Testzahlen und von widersprüchlichen Maßnahmen, wird ihre helle Stimme sicher und ihr Rücken gerade. Dann wird der Notizzettel unwichtig, denn Anna weiß genau, was sie sagen will. 

Sie steht zu ihrer Meinung, dass es Deutschland mit den Corona-Maßnahmen an Schulen zu weit treibt, dass der durch die Maskenpflicht verursachte Schaden in ihren Augen schwerer wiegt als der Nutzen. Sie will ihre Meinung verteidigen und verbreiten. Deswegen ist sie seit Wochen auf Demonstrationen in ganz Deutschland unterwegs, fährt nach Berlin, Konstanz oder an diesem Samstag nach Leipzig. 

Ihre Freunde halten zu ihr

Von ihren Eltern wird sie dabei unterstützt, ihre Freunde halten zu ihr, doch ansonsten steht sie in ihrem Umfeld als Oberstufenschülerin des Laufer Christoph-Jacob-Treu-Gymnasiums recht alleine da. „Manche Lehrer kritisieren meine Reden und manche Mitschüler reden hinter meinem Rücken über mich. Direkt spricht mich eigentlich nie jemand auf die Demonstrationen an.“ Doch das stört Anna nicht weiter, sie will nicht jeden überzeugen, sondern zum Nachdenken anregen. 

Eigentlich ist politisches Engagement von Jugendlichen gern gesehen, doch es müssen auch die richtigen Themen wie etwa der Umweltschutz sein. Das ist jedenfalls Annas Eindruck, wenn sie die Kommentare unter ihren Videos im Internet liest oder von Freunden hört, dass eine Lehrerin am CJT vor der Klasse Annas Rauswurf aus der Schule gefordert hat.  

Die 17-Jährige wird trotzdem weiter gegen die Corona-Maßnahmen an Schulen demonstrieren und Interviews geben. Ihre erste Rede hält sie recht spontan auf einer Demonstration in Nürnberg Ende September. „Damals hat der Veranstalter noch nach Rednern gesucht und ich habe mich bei ihm gemeldet.“ 

„Die Leute haben mich gelobt“

Eine Woche später steht sie in Konstanz erneut vor hunderten Zuschauern auf der Bühne und einige kennen sie bereits. „Viele Leute haben mir gesagt, dass ich das gut gemacht habe und den Daumen gehoben“, sagt Anna und ihre blauen Augen glänzen vor Stolz bei dem Gedanken daran. 

Sie freut sich schon auf das nächste Wiedersehen mit ihren neuen Freunden aus der Bewegung, auf die gute Stimmung auf den Demos, wenn ihre Mitstreiter spontan im Chor skandieren. „Das sind alles sehr freundliche Menschen, die sich für Frieden und Freiheit einsetzen. Wir wollen keine Mitmenschen absichtlich gefährden, sondern setzen uns ein für die Meinungsfreiheit“.

Ein aktives Mitglied dieser Bewegung zu sein, nimmt Zeit in Anspruch. Anna nimmt sie sich, neben der Schule, den Fahrstunden, dem Unterricht für Nachhilfeschüler und der Theatergruppe. 

Als Anna nach ihrer Rede in Nürnberg Ende September mit klopfendem Herzen und roten Wangen von der Bühne steigt, hält ihr ein Mann ein Mikrofon hin und stellt ihr Fragen. Anna ist auf ihr erstes Interview nicht vorbereitet, aber spontan macht sie mit. 


Persönliche Beleidigungen sind selten

So entsteht ihr erstes Youtube–Video, das von zehntausenden Menschen aufgerufen wird. Es folgen weitere. „Die Kommentare unter den Videos sind meistens positiv und die Negativen haben mit dem Inhalt zu tun. Persönliche Beleidigungen habe ich selten gelesen und sie machen mir nichts aus“, sagt sie mit fester Stimme.  

Doch wenn sie von unangenehmen Situationen redet, wird eine gewisse Anspannung sichtbar. Dann nimmt sie die silberne Kette, die sie immer um den Hals trägt, in die Hand und zieht sie hin und her. Zum Beispiel, wenn es um ihre Rede in Konstanz geht, die unter den Schülern und Lehrern am CJT schnell bekannt wurde. 

Die Sache mit dem Attest

„Nachdem unser Direktor das  Youtube-Video gesehen hat, wollte er eine Bestätigung meines Attestes durch das Gesundheitsamt.“ Seit Juni hat Anna ein ärztliches Attest, das sie von der Maskenpflicht befreit, zunächst ohne Begründung. „Wenn ich die Maske trage, wird mir schwindlig und ich bekomme keine Luft mehr.“ 

Doch ihre Formulierung im Video, „sie habe sich ein Attest geholt“, weckten die Zweifel von Wolf Kraus, dem Direktor des CJT. Er muss gewährleisten, dass die Befreiung von der Maskenpflicht nur aus gesundheitlichen Gründen möglich ist und nicht mithilfe von Schein-Attesten. Nach einem Gespräch mit Anna und ihrer Mutter akzeptiert er das neue Attest von Annas Hausarzt mit Begründung. 

Jetzt muss sie im Klassenzimmer und in der Pause Abstand von ihren Mitschülern halten und darauf achtet sie auch. „Abstand ist jedenfalls besser als die Maske.“ 

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