Eine originelle Musik-Reise mit dem Collegium Musicum

Tolles Konzept: Auf diesen Zug sprangen alle auf

Das Collegium Musicum mit seiner Dirigentin Susanne Pflaumer (links oben im Foto zu sehen) begeisterte das Publikum2015/01/5_2_3_2_20150124_COLLEG.jpg

HOHENSTADT – Gelungene Stücke-Auswahl, originelles Konzept, hohes musikalisches Können des 50-köpfigen Orchesters und geschickt eingebundene Solisten: Der Orient-Express mit Susanne Pflaumer als Dirigentin und Thomas Hahn als Schaffner nahm im zweimal ausverkauften Markgrafensaal enorm Fahrt auf. Da macht Bahnfahren wieder Spaß.

So viel Zeit nimmt sich der sächselnde Zugbegleiter Hahn schon, um Ex-Bürgermeister Wolfgang Plattmeier hinzureiben, dass sein ebenfalls verrenteter Kollege Oberleiter heute eben eine schöne Musikhalle hat. „Die kann sich sehen lassen“, so der Moderator. Und hören. 50 Instrumente, Solisten und Chor kommen sich da nie in die Quere. Reiseleiterin Susanne Pflaumer hat für die Abenteuerreise ins 19. Jahrhundert manchen Gassenhauer von Johann Strauß oder Jacques Offenbach gebucht, aber auch viel selten Gespieltes.

Die Stationen zwischen Paris und Istanbul sind Komponisten entlang der Strecke gewidmet. Oder Werken, die die Landschaft vorm Abteilfenster lebendig werden lassen, wie zum Auftakt Aleksandr Borodins „Steppenskizze aus Mittelasien“ oder Josef Ivanovicis „Donauwellen“ – das One-Hit-Wonder des Generalinspekteurs der rumänischen Militärkapellen. Oder dem wenig bekannten Stück des Briten Albert William Ketèlby „Auf einem persischen Markt“, das erst mit Klarinetten und Fagott ins rätselhafte Asien führt, um dann doch Pomp&Glory-artig wieder in der Heimat zu landen. Weltmusik würde der Pop das heute nennen. Das Collegium Musicum ist jedenfalls allen Orts-, Tempo- und Temperaments-Wechseln gewachsen. Die vielen jungen Kräfte lassen auf ein langes Leben des Ensembles hoffen.

Zum gut präparierten Orchester kamen ein kleiner Chor und vier hervorragende Solisten. Wolfgang Pöhner (Bass) und Michael Ruf (Tenor) lieferten sich in Arien aus Mozarts „Entführung aus dem Serail“ auch mimisch gelungene Duette und Duelle. Pöhners brillant vorgetragene Arie des Basilio (aus Rossinis „Barbier von Sevilla“) über die Verleumdung führte vor Augen, dass der Internet-Shitstorm eigentlich keine heutige Erfindung ist. Als gesangsstarke Sopranistinnen für Mozart und Lehár zeigten sich Bianca Kölbel und Sonja Prillwitz, die auch noch keck den Prinzen Orlofsky aus der Fledermaus gab.

Thomas Hahn als sächselnder Schaffner informierte immer wieder über den Fahrplan. So einen gut gelaunten Zugbegleiter würde man sich auch im Pendolino wünschen. Eine Bahnreise in den Balkan war vor 150 Jahren sicher beschwerlich, aber in diesem musikalischen Sonderzug kulturell vielfältig, bildend und amüsant. Die Veranstalter hatten der Fahrt in ihrem Programmheft kurzfristig ein Motto vorangestellt: „Angesichts des wachsenden Fundamentalismus und Terrors in der Welt widmen wir dieses Konzert der Toleranz, der Freiheit des Denkens und dem friedlichen Miteinander der Kulturen und Religionen.“ Dieser Anspruch wurde trefflich eingelöst, nicht zuletzt durch ein sehr informatives Programmheft. Und weil die Zugfahrt ja auch noch ein Neujahrskonzert war, gab es als Zugaben den nie endenden (und vom Publikum trotzdem gut angenommenen) Donauwalzer. Ein rundum gelungener Abend.

Nichts Neues verpassen! - Newsletter abonnieren