Christliche Symbole in allen Rathäusern?

Wenig Begeisterung für Söders Kreuz-Idee

Geht es nach dem frischgebackenen Ministerpräsidenten Markus Söder, sollen ab 1. Juni auch in allen Rathäusern – hier im Bild in Lauf – Kreuze im Eingangsbereich hängen. | Foto: Sichelstiel2018/04/rathaus-kruzifix-kreuz-lauf-soder-dorn-debatte-bisping-exorzimu.jpg

NÜRNBERGER LAND — Hängen bald Kreuze in allen Rathausfoyers im Nürnberger Land und im Landrats­amt? Das zumindest wünscht sich Ministerpräsident Markus Söder. Nicht bei allen heimischen Politikern kommt die Idee gut an.

Ab 1. Juni werden auf Antrag von Ministerpräsident Markus Söder im Foyer aller Dienstgebäude des Freistaats Kreuze hängen – „als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung“, wie es im offiziellen Kabinettsbericht heißt. Beschließen kann der Ministerrat das nur für alle Behörden des Freistaats. „Gemeinden, Landkreisen und Bezirken wird empfohlen, entsprechend zu verfahren“, heißt es weiter.

Landrat Armin Kroder (Freie Wähler), ist sich gar nicht sicher, ob es aktuell nicht schon ein Kreuz im Eingangsbereich des Landratsamtes gibt. Als „überzeugter Christ“, wie er sich selbst bezeichnet, könne er damit leben, falls eines aufgehängt werden würde. Der Landrat will nicht selbst aktiv werden, aber falls sich die Kreispolitiker ein Kreuz wünschten, „würde ich mich nicht dagegen wehren“.

„Leidenschaftslos“ ist bei diesem Thema nach eigener Aussage Klaus Hacker. „Wir sind eine weltoffene und transparente Stadt. Ich kann mit einem Kreuz leben, aber auch ohne Kreuz“, so der Röthenbacher Bürgermeister. Der Service für die Bürger werde dadurch eh nicht besser oder schlechter. Hacker wünscht sich, dass sich die Landesregierung mehr „auf Themen beschränkt, die den Menschen wirklich weiterhelfen“, statt sich mit Symbolpolitik zu beschäftigen. Auch die Presse hänge das Thema zu hoch.

Bei einem Parteikollegen kommt Söders Idee hingegen gut an. Das habe mit dem Parteibuch aber nichts zu tun, sagt Frank Pitterlein. „Glaube ist etwas ganz Persönliches“, sagt der Schnaittacher Bürgermeister. In seinem Büro hängt „ein richtig schönes Holzkreuz“, betont er. Das war schon da, bevor er Bürgermeister wurde – „wenn nicht, hätte ich ein eigenes mitgebracht“. Kreuze in öffentlichen Gebäuden sind für Pitterlein „kein Rückschritt“. Er erinnert sich an 1995, als das Bundesverfassungsgericht beschloss, dass Teile der Bayerischen Volksschulordnung von 1983, nach denen in jedem Klassenzimmer der Volksschulen ein Kreuz hängen muss, für verfassungswidrig erklärt wurden. Es sei damals ein schlechtes Zeichen gewesen, dass „Kreuze rausgeklagt“ worden seien. Kreuze sind „Teil unserer Kultur“, findet Pitterlein. „Man hat ein Zeichen gesetzt auf politischer Ebene in Bayern.“

Auf wenig Gegenliebe stößt die Verordnung bei Martina Baumann. „Das lenkt von Dingen ab, die wirklich wichtig sind“, findet die Neunkirchener Bürgermeisterin und SPD-Unterbezirksvorsitzende. So befinde sich Bayern durch das Polizeiaufgabengesetz auf den Weg in einen „totalen Überwachungsstaat“. Im Foyer des Neunkirchener Rathauses, so Baumann, gebe es wegen Ausstellungen, Geschichtstafeln und der Pinnwand mit Hinweisen für aktuelle Veranstaltungen sowieso keinen Platz für ein Kreuz. „Ich soll ein Kreuz aufhängen, das nichts mit Religion zu tun hat? Das halte ich für einen Witz“, sagt Baumann. Ministerpräsident Markus Söder hatte argumentiert, das Kreuz sei ein Bekenntnis zur Identität und zur kulturellen Prägung Bayerns und kein Zeichen einer Religion – und entsprechend auch kein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot. Baumann schlägt im Scherz vor, als Zeichen der kulturellen Prägung anstatt eines Kreuzes einen Bierkrug aufzuhängen.
Auch dieser könne identitätsstiftend sein.

Kein Symbol für Bayern

Auch Laufs evangelischer Stadtpfarrer Jan-Peter Hanstein hält wenig von der Verordnung. Das Kreuz als politisches Symbol zu verwenden, sei nicht sinnvoll. Es sei schon oft missbraucht worden, angefangen bei den Kreuzzügen im Mittelalter. „Das Kreuz ist ein Symbol dafür, dass Jesus für uns am Kreuz gestorben ist“, sagt der Pfarrer. „Das gilt weltweit für diejenigen, die daran glauben. Das Kreuz ist kein Symbol einer bayerischen Identität.“

Kritisch sieht es auch sein katholischer Kollege, Dekan Stefan Alexander. „Ich finde es grundsätzlich gut, wenn die Kirche aus dem öffentlichen Raum nicht völlig verdrängt wird“, sagt er. Aber die Debatte sei „scheinheilig“. Das Kreuz dürfe nicht instrumentalisiert oder lediglich auf ein kulturelles Symbol reduziert werden. „Das passt nicht damit zusammen, wenn Priester im Auftrag der Staatsregierung von der Ausländerbehörde angezeigt werden, weil sie Kirchenasyl gewähren.“ Es müsse darum gehen, „christliche Werte zu leben“ – und das seien nicht Ausgrenzung, sondern Integration und Nächstenliebe.

Der Laufer Bürgermeister Benedikt Bis­ping war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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