HERSBRUCK – Lange haben sie gekämpft, jetzt ist Schluss damit: Die Bürgerinitiative „Unser Herz schlägt fürs Hersbrucker Krankenhaus“ hört auf. Die HZ sprach mit den beiden führenden Köpfen der BI, Angelika Pflaum und Horst Vogel.
Die Bürgerinitiative stellt ihren Kampf ein. Warum?
Angelika Pflaum: Wir sehen keinerlei Perspektiven mehr für das Hersbrucker Krankenhaus. Deshalb hören wir auf. Nichtsdestotrotz unterstützen wir weiterhin die Petition von Dr. Rainer Hoffmann aus Rothenburg ob der Tauber. Und wir werden die Gesundheitspolitik weiter mit Argusaugen beobachten und sind durchaus auch bereit, unsere Erfahrungen an andere Bürgerinitiativen weiterzugeben.
Horst Vogel: Auch wenn wir unseren Kampf jetzt einstellen, haben wir natürlich weiter ein offenes Ohr für Bürger. Sie können uns jederzeit ansprechen und uns ihre Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem mitteilen.
Die BI hat seit Bekanntwerden der Schließung vieles versucht: Demos, Unterschriftenliste, offene Briefe …
Vogel: Ja, wir haben alles versucht. Und dabei auch sehr viel Unterstützung erhalten – von der Bevölkerung und auch von einigen Hersbrucker Stadträten. Aber wir hätten mehr erreichen können, hätte der komplette Stadtrat und auch die Gemeinderäte und Bürgermeister aus dem Umland deutlicher hinter uns gestanden. Davon bin ich nach wie vor überzeugt.
Von einem zum andern …
Sie sind sehr enttäuscht von den Politikern.
Pflaum: Es ist sehr ernüchternd, was wir erlebt haben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betonte immer wieder, er könne nichts tun, weil Krankenhausversorgung Ländersache sei, Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml erklärte uns, sie könne nichts tun, weil das Hersbrucker Krankenhaus dem Klinikum Nürnberg gehöre, und das Nürnberger Klinikum meinte, nichts tun zu können, weil es nach den Vorgaben des Bundes handeln müsse. Das ist ein regelrechter Teufelskreis.
Vogel: Einen Tag vor unserer Demo in Nürnberg hieß es noch, in unserem Krankenhaus würde ein Ärztehaus entstehen. Und wenn man bedenkt, wer da alles riesengroß auf unserem Herz unterschrieben hat … Am Ende war alles nur heiße Luft.
War also alles für die Katz?
Pflaum: Nicht ganz. Wir haben unsere Argumente immer wieder deutlich machen können. Bayerische und baden-württembergische Landräte haben sich jetzt auch zusammengetan. Sie wollen Kreiskrankenhäuser vor dem Ausbluten retten. In einer Pressemitteilung des Bayerischen Landkreistages werden genau die Argumente für den Erhalt kleiner Krankenhäuser auf dem Land aufgeführt, die auch wir immer wieder betont haben.
Und die wären?
Pflaum: Es braucht eine flächendeckende medizinische Grundversorgung auf dem Land – gerade in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Außerdem hängen an einem Krankenhaus auch zig Arbeitsplätze. Wir haben von Anfang an gewarnt, dass die Schließung des Krankenhauses auch die Abwanderung von Ärzten bedeutet. Das ist jetzt eingetreten. Vier Internisten haben Hersbruck verlassen, ein weiterer geht demnächst. Eine Frauenärztin hat ihren Kassensitz verkauft.
Vogel: Mit den Ärzten gehen oft auch die Patienten und damit Kaufkraft. Denn die nehmen sich ihre Medikamente dann natürlich auch gleich vor Ort mit und erledigen dort ihre Besorgungen.
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Klein und ohne Gewinn
Warum funktionieren kleine Krankenhäuser nicht?
Pflaum: Es liegt am Gesundheitssystem selbst. An den Fallpauschalen. Manche Krankheiten wie zum Beispiel Krebs sind lukrativ, andere sind es nicht. Dementsprechend werden die Patienten behandelt. Das ist beschämend. In unserem Krankenhaus in Hersbruck wurden noch viele kleine Krankheiten behandelt, die aber eben nicht genug gewinnbringend waren.
Die BI ist nun bald Geschichte. Ihr letzter Wunsch?
Vogel: Ich wünsche mir, dass die Politiker zu dem stehen, was sie sagen. Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung hieß es: „Wir werden auch künftig flächendeckend eine qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung sicherstellen.“ Passiert aber ist nichts.
Pflaum: Ich wünsche mir, dass das Hersbrucker Krankenhaus das letzte war, das geschlossen wurde, und die Politiker endlich aufwachen und die Rahmenbedingungen ändern, so dass auch kleine Krankenhäuser am Land überleben können. Und ich wünsche mir mehr Wertschätzung für Pflegekräfte und Ärzte auf dem Land.