Juristische Aufarbeitung des Flugunglücks in Lillinghof

Pilot muss mit Bewährungsstrafe rechnen

Mit einem historischen Doppeldecker rollte ein 68-Jähriger beim Lillinghofer Flugtag ins Publikum – nach über vier Jahren könnte die juristische Aufarbeitung jetzt beendet sein. Foto: PZ-Archiv/Sichelstiel2014/12/unglu__ck_lillinghof_tower_maschine.jpg

LILLINGHOF — Das Unglück beim Lillinghofer Flugtag vor vier Jahren wird voraussichtlich nicht in öffentlicher Verhandlung aufgearbeitet werden. Stattdessen will die Staatsanwaltschaft in den nächsten Tagen einen Strafbefehl für den Piloten jenes Doppeldeckers beantragen, der beim Start zu einer Flugvorführung ins Publikum rollte und dabei eine 46-jährige Lauferin tötete sowie 34 weitere Besucher zum Teil schwer verletzte.

Die Anklagebehörde wirft dem zum Zeitpunkt des Unglücks 68-jährigen Piloten fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vor. Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke bestätigte gestern auf Anfrage der Pegnitz-Zeitung, dass der Strafbefehl, der noch nicht beim zuständigen Amtsgericht in Hersbruck eingegangen ist, eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe vorsieht. Zu deren genauer Höhe wollte sie sich nicht äußern. Laut Gesetz kann die von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafe aber bei maximal
einem Jahr liegen, andernfalls müsste im Hauptverfahren verhandelt werden.

Während der Ermittlungen hatte der Pilot seine Schuld nicht eingeräumt. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Ende März Anklage. Bei einem mehrstündigen Anhörungstermin am Dienstag in Hersbruck allerdings verständigten sich die Beteiligten. Damit ist die Anklage wieder vom Tisch und dem Mann aus der Nähe von Frankfurt, der im September 2010 die Maschine vom Typ Tiger Moth steuerte, bleibt ein öffentlicher Auftritt im Gerichtssaal erspart. Voraussetzung ist, dass er den noch ausstehenden Strafbefehl akzeptiert. Er hat das Rechtsmittel des Einspruchs, anders als die Nebenkläger, darunter der Mann der Getöteten.

„Die Beweise liegen auf dem Tisch“, sagt die Oberstaatsanwältin. So hörte das Amtsgericht am Dienstag unter anderem zwei Experten der Braunschweiger Bundesanstalt für Flugunfalluntersuchung (BFU). Die BFU kam bereits  2013 zu dem Ergebnis, dass das Unglück darauf zurückzuführen sei, dass der Pilot den Start nicht rechtzeitig gestoppt habe, obwohl ihm der Doppeldecker ausgebrochen sei. Auch ein Gegensteuern sei unterblieben.

Umfangreiche Rekonstruktion

In einem aufwändigen Versuch hatte die Behörde nachgestellt, was sich während des Flugtags ereignet hatte. Weil dieses Gutachten drei Jahre auf sich warten ließ, dauerte es so lange bis zur Anklageerhebung. Eine Hauptverhandlung wäre ebenfalls aufwändig. Allein die Staatsanwaltschaft hat im Frühjahr 97 Zeugen benannt, die zur Rekonstruktion des Geschehens beitragen sollen.

Thomas Bartsch, der Direktor des Amtsgerichts, weist den Vorwurf von sich, die Justiz wolle sich nur einen Mammutprozess ersparen: „Es ist nicht so, dass wir das Verfahren loswerden wollen.“ Strafbefehle seien in Fällen fahrlässiger Tötung, etwa bei Autounfällen, keine Seltenheit,  „die Folgen sind hier gravierend, aber das Verschulden ist nicht hoch“.

Glimpflich endet die juristische Aufarbeitung indes für den Veranstaltungsleiter des Laufer Segelflugclubs und zwei Mitarbeiter des Luftamts Nordbayern. Das Ermittlungsverfahren gegen sie wurde bereits vor Monaten eingestellt. Zwar saßen die Zuschauer nach dem Ergebnis des BFU-Gutachtens zu nah an der Piste, doch auch die im Sicherheitskonzept der Veranstaltung angesetzten 50 Meter hätten das Unglück nicht verhindern können, so die Überzeugung der Staatsanwaltschaft.

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