NÜRNBERGER LAND – In enger Zusammenarbeit zwischen der Behindertenbeauftragten des Landkreises Nürnberger Land, Angelika Feisthammel, und Anja Gruhl von der Koordinationsstelle für Seniorenarbeit wird die 2016 auf den Weg gebrachte Teilhabeplanung konkret. „Wir haben bei dieser Planung bewusst einen anderen Ansatz gewählt“, bemerkte Landrat Armin Kroder bei der Dienstbesprechung der Landkreisbürgermeister.
Statt eines externen Büros, das für viel Geld ein Konzept erstellt und dann der Umsetzung harrt, bringe man „im Dialog mit denen, die es im Wesentlichen auch angeht“ eine entsprechende Planung auf den Weg. Dieser Ansatz ist pragmatisch und weniger wissenschaftlich.Es gehe vor allem darum, was man vor Ort konkret umsetzen könne, durch Mitdenken, zum Vorteil von Menschen mit Behinderung – was aber auch für andere gut sei. „Denn am Ende geht es um die inklusive Gesellschaft insgesamt“, so Feisthammel.
Zahlen werden steigen
Sie wies darauf hin, dass rund elf Prozent der Menschen im Landkreis Nürnberger Land schwerbehindert sind. Aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung und der Zunahme von behinderungsrelevanten Erkrankungen erst im höheren Lebensalter, ist weiterhin mit einem steigenden Anteil schwerbehinderter Menschen zu rechnen. Sowohl die nationale als auch die internationale Gesetzgebung habe das Ziel, die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung zu fördern und Diskriminierung zu verhindern. Und zur kommunalen Daseinsfürsorge gehöre auch der Abbau von Barrieren.
2016 habe deshalb der Ausschuss für soziale Fragen dem Kreistag empfohlen, sich für die Durchführung einer Teilhabeplanung für den Landkreis auszusprechen. Ziel ist eine gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft. Aufbauend auf die vorhandenen Angebote stand die Frage im Vordergrund, wie die guten Erfahrungen und vorhandene Lösungen weiterentwickelt werden und welche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten neu zu schaffen sind.
Zu den vorhandenen Angeboten zählen neben der ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten des Landkreises ihre Kollegen in den 22 Gemeinden. Die offene Behindertenarbeit und Familienentlastende Dienste gehören dazu, sowie die Beratungs- und Unterstützungsangebote weiterer Anbieter, wie der Lernwirkstatt Inklusion, „Sora“ der Moritzberg Werkstätten oder Carisma, der Inklusionsbetrieb der Caritas.
Einigung bei Themenbereichen
Bei der Auftaktveranstaltung einigte man sich auf die Themenbereiche Wohnen, Mobilität, Bildung, Arbeit, Freizeit und Kultur und installierte die Steuerungsgruppe, die den Teilhabeplan dann erarbeitete und im Oktober 2018 vorstellte. Ein Workshop Anfang dieses Jahres brachte bereits konkrete Empfehlungen.
Beim Thema Wohnen plant man Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie den Aufbau einer Wohnberatung zum barrierefreien Umbau. Ziel ist es, zu allen öffentlichen Gebäuden barrierefreie Zugänge zu schaffen, ebenso behindertengerechte Toiletten im öffentlichen Raum. Bereits in der Planungsphase sollten Experten eingebunden werden.
Im Bereich Bildung schlägt man die Einführung einer spezifischen Jugendhilfeplanung zum Thema Behinderung vor, ebenso soll ein Beratungsangebot für Gemeinden und Eltern zum Thema Inklusive Bildungsmöglichkeiten geschaffen und ausgebaut und für Schulen der Einsatz von Heilpädagogen in Betracht gezogen werden.
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Für den Bereich Arbeit sollen die Beratungsangebote erweitert werden, nach dem Motto „Betroffene beraten Betroffene“. Eine Assistenzbörse soll die Suche Betroffener nach Unterstützung erleichtern. Die regelmäßige Vorstellung von Leuchtturmprojekten soll mögliche Vorbehalte gegen die Beschäftigung behinderter Menschen abbauen.
Für den Sektor „Freizeit und Kultur“ hat man ebenfalls konkrete Empfehlungen. Bereits bei der Bewerbung und Ausschreibung von Veranstaltungen sollte auf die Barrierefreiheit hingewiesen werden. Zudem sollten Kultur- und Freizeiteinrichtungen sukzessive baulich und inhaltlich barrierefrei gestaltet und durch ein spezielles Gütesiegel gekennzeichnet werden: „Nur wenn Angebote bekannt sind, können sie genutzt werden.“
An die Bürgermeister und ihre Verwaltungen erging der Appell, die örtlichen Behindertenbeauftragten bei ihren Projekten und Vorhaben zu unterstützen. Frühzeitig sollen sie bei öffentlichen Bauvorhaben einbezogen werden. „Wenn Barrierefreiheit den gleichen Stellenwert wie Brandschutz bekommt, dann sind wir da, wo wir sein wollen“, schloss Angelika Feisthammel.