NÜRNBERGER LAND – Bereits 2006 hat man die UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen, 2009 hat sie die Bundesrepublik ratifiziert, und in diesem Jahr startet der Landkreis eine Initiative, wie die so garantierte Teilhabe von Menschen mit Behinderung sowie von Senioren im Nürnberger Land auf den Weg gebracht werden kann.
„Aus der Grußwort-Welt raus“ wolle man durch diese Teilhabeplanung, versicherte Landrat Armin Kroder und meinte damit, dass man sich die bisherigen theoretischen, schön formulierten wissenschaftlichen Ansätze sparen könne und sich auf eine Politik der kleinen, aber wirklich praktizierbaren Schritte konzentrieren solle.
Aus diesem Grund habe man zu dem ersten Vorbereitungstreffen – eine große Auftaktveranstaltung mit Hunderten von involvierten Akteuren wird es Ende April geben – auch die Experten eingeladen, die wissen, wo‘s hakt. Mit dabei waren deshalb Schila Nemeth-Heim von der Koordinationsstelle für Seniorenarbeit des Landratsamtes, Angelika Feisthammel, die Behindertenbeauftragte des Landkreises, Regina Fritsch von der Lebenshilfe sowie Michael Groß und Paul Brunner in ihrer Funktion als Vertreter der Offenen Behindertenarbeit (OBA) im Nürnberger Land.
Bereits seit 28 Jahren gibt es einen Kooperationsvertrag der Rummelsberger, der Lebenshilfe und der Caritas im Landkreis, erklärte Michael Groß, jener Organisationen, die es sich im Sinne der Offenen Behindertenarbeit zur Aufgabe gemacht haben, das Leben der 18.000 Menschen mit Behinderung im Kreis zu verbessern.
Gemeinsame Handlungsfelder
Nemeth-Heim, Feisthammel und Groß stellten im Anschluss die gemeinsamen Handlungsfelder vor, in denen man ansetzen möchte – und zwar gemeinsam, denn die Schnittmengen der Problembereiche von alten und behinderten Menschen ist erstaunlich groß und betrifft nicht nur die gewünschte Barrierefreiheit.
Mit 20.000 Euro, die der Kreistag in den Haushalt für 2017 und 2018 eingestellt hat, soll hier nach der Auftaktveranstaltung ein Anschub geleistet werden. Vom Freistaat ist bisher keine finanzielle Unterstützung bekannt.
Groß hielt fest, wie sich die geplante Zusammenarbeit von den bisherigen eher akademischen Forderungskatalogen unterscheiden soll: So hat man zur ersten Orientierung in vier Wochen die unterschiedlichsten Player eingeladen: Betroffene, Verbände, Kommunen, Dienstleister, Vertreter der Wirtschaft, denn es sollen auch die mitgenommen werden, die die Anregungen und Empfehlungen umsetzen müssen.
Umsetzbare Projekte
Da es auch immer um begrenzte Mittel gehen wird, so der Caritas-Vorsitzende, sollte man sich an realistische und umsetzbare Projekte wagen, und diese gleich von Beginn an mit konzipieren, wie Landrat Kroder ergänzte. Viele Hilfen im Alltag seien erschwinglich, müssten aber auch rechtzeitig angemahnt und verwirklicht werden. Daher sei es wichtig, dass die Vorschläge und Anstöße von ganz unten von der Basis kommen.
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In fünf Lebensbereichen wird dann Inklusion zunächst diskutiert und schließlich in Arbeitsgemeinschaften und Workshops Stück für Stück realisiert: Arbeit, Bildung, Mobilität, Freizeit/Kultur und Wohnen. Mit konkreten Ergebnissen sei im Herbst 2018 zu rechnen.
Schwerpunkte nannte Angelika Feisthammel viele: An erster Stelle barrierefreier Wohnraum, Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, Bildung in der Schule… Diese Bereiche sollten von Beginn an inkludiert gedacht und geplant werden, fand sie: „Wenn man von Anfang an parallel denkt, geht es viel leichter.“ Und kostet auch weniger, als wenn man im Nachhinein nachrüsten und integrieren muss.
Zum Beispiel bei Baumaßnahmen sollte es gang und gäbe werden, dass Inklusion von Beginn an mitgeplant wird. Um dies zu praktizieren, müsse sehr viel miteinander geredet werden, gab Michael Groß zu bedenken, die Beteiligten – Lehrer, Architekten, Bauherren – müssten hier noch ein ganzes Stück weit sensibilisiert und überzeugt werden.