Hersbrucker Freibad bleibt 2020 zu

Strudelbad-Sommer fällt ins Wasser

Diesen Anblick vom Hersbrucker Strudelbad hätte es heuer auf keinen Fall gegeben. Der Stadtrat beschloss, wegen der Corona-Vorgaben auf die Öffnung ganz zu verzichten. | Foto: J. Ruppert2020/06/P1300209-scaled.jpg

HERSBRUCK – Eines vorweg: Leicht gemacht haben sich Bürgermeister Robert Ilg und die Stadträte ihre Entscheidung nicht. In einer wahren Marathonsitzung trafen sie die Entscheidung, das Hersbrucker Strudelbad heuer geschlossen zu lassen. Der klaren Mehrheit waren die Einschnitte wegen Corona zu gravierend. „Ich finde die Wäscheleine mit Masken am Beckenrand gruselig“, beschrieb Irmgard Raum eine der Vorgaben plakativ.

„Wir wünschen uns alle die Öffnung des Strudelbades“, sagte Robert Ilg einleitend. Doch die Vorgaben in Pandemiezeiten erlauben keinen normalen Betrieb. Ein „wunderschöner Urlaubstag“, so der Rathauschef, sei in Hersbrucks Sommerfreizeiteinrichtung Nummer eins unmöglich. Stattdessen würde es nur einen Schichtbetrieb mit Desinfektionspausen und jede Menge Einschränkungen geben. Dennoch hat die Verwaltung ein Hygienekonzept erstellt mit Öffnung zum 27. Juni.

„Wir müssen nun die Verhältnismäßigkeiten bewerten: den Aufwand, die wirtschaftliche Seite und die Enttäuschung der Besucher“, sagte Ilg. Kurz schilderte er den Stand der Dinge im Nürnberger Land: Schnaittach und Altdorf machen ihre Bäder auf, Feucht und Röthenbach nicht, in Lauf berät der Stadtrat erst noch.

Rechnung mit vielen Unbekannten

Die Kosten kann Karlheinz Wölfel nur schätzen. Es ist eine Rechnung mit zu vielen Unbekannten wie Wetter, Besucherzahl, Personalbedarf und mehr. Das Minus dürfte sich auf 500.000 bis 550.000 Euro belaufen. Allerdings muss die Anlage auch bei Nichtöffnung einmal zur Wartung hochgefahren werden, um zum Beispiel die Leitungen durchzuspülen. Außerdem wurden Maßnahmen wie die Instandsetzung des Spielplatzes vorgenommen. Dafür fallen heuer rund 200 000 Euro an.

Einige Dinge sprach Ilg vor der Debatte noch an. Die Belegschaft des Bades befindet sich in Kurzarbeit und hofft auf ein „Ja“ zur Öffnung. An heißen Tagen würde ein Betrieb die Happurger Badeseen kaum entlasten. Und „Herzblutreden“ zur Bedeutung des Bades für Kinder, Familien, Neun-Uhr-Schwimmer, Berufstätige abends, Sportler oder andere fand der Bürgermeister unpassend, da alle im Stadtrat diesen Gruppen ohne die Corona-Vorschriften gerne entgegenkommen würden.

Das Für und Wider

In der sachlichen und ruhigen Diskussion warben Angelika Pflaum und Dorothea Müller Philipps Sohn für eine Öffnung. „Die Bürger werden es uns danken“ und „Mit einem Bad kann man keine schwarzen Zahlen schreiben“, hieß es. Peter Uschalt sah die Finanzen eher zweitrangig. „Wie attraktiv und erstrebenswert ist ein Besuch noch?“ merkte der zweite Bürgermeister kritisch an und nannte manche Bedingung eine Quadratur des Kreises. Bei 500 Besuchern würde sich die Warteschlange bis in den Rosengarten ziehen und der Einlass dürfte – wenn es reibungslos verlaufen würde – über eine halbe Stunde dauern.

„Jeder will, dass das Strudelbad öffnet“, pflichtete Jürgen Amann dem Stadtoberhaupt bei. Doch höchstens fünf Kinder und fünf Erwachsene als Aufsicht im Planschbecken zugleich sei wenig familienfreundlich. Jugendliche möchten sich zusammensetzen und sich unterhalten oder Beachvolleyball spielen. Dies führe angesichts der Abstandsregeln zu Problemen. „Der Super-Gau wäre, wenn im Juli alle Beschränkungen aufgehoben werden und unser Bad ist nicht offen“, wandte Dorothea Müller Philipps Sohn ein. „Sollten die Vorschriften nicht einzuhalten sein, können wir das Bad wieder schnell schließen“, sagte Ulrike Eyrich.

Gefahr für die Wirtschaft?

„Das Ausprobieren hat gegebenenfalls einen hohen Preis“, warnte Ilg. Sollte es im Bad zu Coronafällen kommen, müssten vermutlich die heimische Wirtschaft und Gastronomie wieder heruntergefahren werden, und dann würden Existenzen auf dem Spiel stehen. „Es macht etwas Angst, wenn 200 oder mehr Personen am Eingang denselben Handgriff berühren“, pflichtete Volker Hegel bei.

Norbert Dünkel stellte klar, dass die Vorgaben von Experten stammen. Er brach eine Lanze für die Öffnung, denn das Strudelbad biete Raum zum Entspannen, Sonne genießen und Träumen – auch wenn viele Beschränkungen ohne Impfstoff oder Medikament nicht fallen können. Wem diese nicht passten, der brauche ja nicht hinzugehen.


„Zuerst verspürte ich unter den Hersbruckern Euphorie. Jetzt sagen viele, unter den Bedingungen sei das Bad nichts für sie“, berichtete Götz Reichel seine Eindrücke. Ähnlich äußerten sich Guido Schmidt und Norbert Thiel: Vom Freizeitvergnügen bleibe da nicht mehr viel. Außerdem sagte Thiel, dass sich eine Gesundheitsregion keinen Corona-Ausbruch leisten könne. Doris Dischner hielt dagegen, dass die letzten Gruppeninfektionen in geschlossenen Räumen geschahen. „Die Leute werden sich ohne Bad unkontrolliert andernorts treffen“, sagte Pflaum.

Keine Rutsche, kein Eis

Martin Schaffer rechnete vor, dass bei nur zwei Monaten Öffnungszeit das Minus pro Besucher 14 bis 20 Euro beträgt. Auch er möchte Hersbruck nicht an einer zweiten Pandemiewelle beteiligt wissen. Besonders die Wartephase bis zum Einlass stelle da eine Gefahr dar. Keine Rutsche, kein Eis und Stress, wenn die Töchter wegen zu viel Andrang nicht ins Wasser dürfen, begründete Armin Steinbauer sein „Nein“. Auf den Wegen im Bad müssten alle Besucher Mund-/Nasenschutz tragen und dann am Beckenrand ablegen. Irmgard Raum machte darauf aufmerksam, dass es nach dem Schwimmen zu Verwechslungen bei den Masken kommen könne.

Nach einer Beratungspause endete die Abstimmung mit 17 zu sieben gegen eine Öffnung des Strudelbades. Auf Anregung von Stephan Krimm beschloss der Stadtrat, das Ferienprogramm als kleines Trostpflaster zu erweitern und folgte Peter Uschalts Vorschlag, dafür 20.000 Euro bereitzustellen.

 
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