NÜRNBERGER LAND – Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will auf die zunehmende Beliebtheit von Haustieren während der Pandemie mit strengeren Regeln reagieren. Das befürworten Tierheime und Züchter, würden aber sogar einen Schritt weiter gehen.
Die Corona-Pandemie hat einen regelrechten Haustierboom zur Folge. Tiere wurden vermehrt als Zeitvertreib oder Trostspender angesehen. Genau vor solchen leichtfertigen Anschaffungen warnt der Deutsche Tierschutzbund schon seit längerem. Vor allem die Nachfrage nach Hunden ist stark angestiegen. Schon im vergangenen Jahr sprach der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) von einem Anstieg der Hunde-Neuregistrierungen von 25 Prozent.
Als Grund nannte er die vermehrte Zeit zu Hause durch Homeoffice oder Kurzarbeit. Das hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Züchter, auf die Tierheime, aber auch auf den illegalen Hundehandel. Schon seit längerem warnen Tierschützer, der Deutsche Tierschutzbund, der VDH und das TASSO-Haustierzentralregister vor einer Abgabewelle von Haustieren nach der Pandemie. Aus diesem Grund will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mit schärferen Regeln reagieren. Ihr Ministerium passe gerade die Vorgaben an neue wissenschaftliche Erkenntnisse an. Dabei sind die Themen Kettenhaltung, Hundezucht, Zoofachhandel und Aufklärung im Fokus.
Gründe für Abgabe oft nicht klar
Die Kettenhaltung von Hunden soll grundsätzlich verboten werden. „Dass das überhaupt noch erlaubt ist, finde ich unmöglich“, erklärt Gitta Teufel, stellvertretende Leiterin des Tierheims Feucht, dem größten Tierheim im Nürnberger Land. Sowohl die Ketten- als auch die Zwingerhaltung seien nicht artgerecht. „Aus diesem Grund vermitteln wir nie für die Außenhaltung, das steht auch in unseren Verträgen.“ Das generelle Verbot sieht sie als Notwendigkeit an.
Von der prophezeiten Abgabewelle habe das Tierheim bis jetzt noch nicht viel gemerkt, die Lage sei überschaubar. Das könne sich aber ändern, wie man in anderen Tierheimen in Deutschland beobachten kann. „Es ist auch schwierig zu sagen, ob Tiere wegen Corona bei uns abgegeben werden, weil die meisten als Gründe Allergien oder Zeitmangel angeben“, erklärt Teufel. Das Problem sei aber bekannt und werde bei Vermittlungsgesprächen berücksichtigt. „Wir fragen nach, wie viel Zeit man für das Tier hat, um Homeoffice-Anschaffungen zu vermeiden.“
Tierwohl versus Profit
Auch wenn sich die Abgabe von Hunden und Katzen noch nicht bemerkbar macht, sei die Situation bei Kleintieren anders. „In dem Bereich hatten wir in letzter Zeit viele Abgaben“, erklärt Teufel. In diesem Punkt sieht Klöckner Nachholbedarf beim Zoofachhandel. Die Ministerin will in Zukunft, dass das Personal im Zoofachhandel besser geschult wird und sich regelmäßig fortbildet. Auch das Abraten solle Teil des Beratens werden. „Das kann auf jeden Fall nicht schaden“, sagt Sonja Klement, Vorstand Kleintiere im Feuchter Tierheim.
Was den Fachhandel am deutlichsten von Tierheimen unterscheidet: Tierheime sind nie profitorientiert. „Kleintiere sind oftmals nur ein Nebenprodukt, das echte Geschäft ist alles drumherum“, erklärt Klement. Aus diesem Grund werde der Handel in vielen Fällen über das Tierwohl gestellt. Es habe in der Vergangenheit schon einige Fortschritte gegeben, wie die Kastration vor dem Verkauf und die allgemeine Preiserhöhung. „Schulungen und Fortbildungen können da nicht schaden, immerhin müssen die Bedürfnisse des Tieres richtig vermittelt werden.“ Der Profit dürfe dabei nie im Vordergrund stehen.
Das eigentliche Problem sieht Sonja Klement in diesem Zusammenhang aber an einer anderen Stelle. „Es sollte etwas gegen die unkontrollierte Verklopperei von Tieren über Reptilienbörsen und im Internet gemacht werden.“ In vielen Fällen fehle nämlich jegliche Sachkunde und Beratung.
Tiere als Ware
Das bestätigt auch Tanja Hühnken, der Vorstand für Hunde im Tierheim. Viele der Tiere, vor allem Hunde, die über Plattformen wie Ebay verkauft werden, seien ein Produkt illegaler Zucht aus osteuropäischen Ländern. Die Bedingungen und der teilweise lange Transport der Tiere habe schwerwiegende gesundheitliche Probleme zur Folge. „Die Jungtiere werden viel zu früh von ihren Müttern weggerissen und kommen hier mit psychischen Problemen und einem schwachen Immunsystem an“, erklärt die Tierpflegerin. Das ziehe Darmerkrankungen und teilweise den Tod der Tiere mit sich. Das müsse ihrer Meinung nach strenger kontrolliert und bestraft werden. „Eine gesamteuropäische Richtlinie würde da helfen, das ist aber schwer umsetzbar.“
In diesem Punkt habe aber auch der Verbraucher eine gewisse Verantwortung. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bietet ein Online-Portal namens Haustierberater an, auf der Fragen zur Anschaffung eines Haustiers geklärt werden. „An sich ist das eine gute Idee, wenn ein Bewusstsein geweckt wird“, erklärt Hühnken. Das Problem dabei sieht sie aber im mangelnden persönlichen Kontakt. Man könne nur schwer über Hunde im allgemeinen beraten, weil jeder Charakter unterschiedlich ist. „Ein Vermittlungsgespräch im Tierheim ersetzt es nicht“, stellt sie klar.
Strenge Regeln für Zucht
Eine weitere angestrebte Verschärfung sind die Anforderungen an die Hundezucht. Dabei will Klöckner eine Mindestzeit von vier Stunden für den täglichen Umgang mit Welpen festlegen. Das ist für Peter Haas, Border Collie-Hobbyzüchter aus Fischbach schon immer eine Selbstverständlichkeit. „Die Welpen wachsen mit uns im Haus auf, sind die ganze Zeit präsent und nehmen direkt am Leben teil“, erklärt er. Als seriöser Züchter in Deutschland sei man ohnehin verpflichtet, strenge Vorschriften des VDH und in seinem Fall des Clubs für Britische Hütehunde, unter die die Rasse Border Collie fällt, einzuhalten. In der Regel werfe eine Hündin bei ihm zwei- bis dreimal, vorgeschrieben sind maximal vier Würfe. Außerdem dürfe eine Hündin nur im Alter von zwei bis acht Jahren für die Zucht vorgesehen werden. „Das ist auch gut so, alles andere würde die Hündin belasten“, erklärt Haas. Die geplanten Verschärfungen betreffen ihn nicht, weil er es von Anfang an so gehandhabt hat. Insgesamt steht er jedoch dem Ganzen sehr positiv gegenüber. Die hohe Nachfrage an Welpen in der Pandemie hat er auch selbst bemerkt: „Die Anfragen haben sich vermehrt und die Leute kamen auf die Warteliste.“ Viele, denen es nicht schnell genug ging, hätten sich anderswo versorgt.
Grundsätzlich ist sich die Belegschaft des Feuchter Tierheims einig, dass die Verschärfungen ein guter erster Schritt sind. Noch idealer wäre aber das bundesweite Einführen eines Hundeführerscheins. Nur so könne man sichergehen, dass eine geeignete Aufklärung vor der Anschaffung eines Hundes gewährleistet ist. Alleine die Pflicht dazu könne das unüberlegte Anschaffen eindämmen.