OBERFERRIEDEN – Er ist Sozialpädagoge, Obstbaumpfleger, Schafzüchter, Imker und vor allem ein glühender Verfechter „blühender Landschaften“: Stefan Igelhaut (35) geht es nicht darum, Kinder zu erziehen oder möglichst viele Lämmchen auf der Weide zu haben oder eine große Honigernte einzubringen. Er ist in erster Linie Naturschützer und sieht die großen Zusammenhänge in seinem vielfältigen Beschäftigungsbereich.
Immer wieder schließt sich der Kreis, wenn er von seinen Tätigkeiten berichtet. Und immer mal wieder wird sein Engagement belohnt. Wie mit der aktuellen Prämierung seines Sommertrachthonigs durch den Landesverband Bayrischer Imker. „Gold 1a“, die höchste Auszeichnung, die man im Freistaat für das Produkt erhalten kann, wurde ihm nun vom Bundesverband mit Medaille und Urkunde verliehen.
Lernen mit Tieren
Geweckt für die Imkerei wurde sein Interesse bereits, als er zwölf Jahre alt war. Damals ging der Oberferrieder sozusagen bei einem Imker in die Lehre, „ganz einfach, weil mich das brennend interessiert hat“. Die offizielle Ausbildung zum „Tierwirt Fachrichtung Bienen“ hat er nie gemacht, schließlich hat er auch so alles gelernt, was man zum Imkern wissen muss, sonst hätte es ja nie diese Auszeichnung gegeben. Aber die Beschäftigung mit Tieren schlug auch in seinem Brotberuf durch, denn seine Diplom-Arbeit schrieb er über „Lernen mit Tieren“. Dass gesunde Bienenvölker nur in einer gesunden Umgebung gedeihen, ist für ihn keine Binsenweisheit, sondern Anlass, sich eben für diese gesunde und vielfältige Natur einzusetzen. Dazu gehört unter anderem auch sein Job als zertifizierter Landschaftsobstbaumpfleger. Von Baiersdorf bis Regensburg geht da sein Einsatzgebiet, im Streuobstbereich berät er Privatpersonen ebenso wie die Landratsämter. Denn ohne Blüten kein Honig, ohne Bienen kein Obst.
Bedrohte Schafsrasse
Genauso verhält es sich mit der Zucht seiner Schafe. Auch hier geht es ihm eher um die Bewahrung der bedrohten Rasse Coburger Fuchsschafe als um den Ertrag, der beim Verkauf der Muttertiere erlöst wird, denn „Geschäft ist das keines“. Noch sind sie vom Aussterben bedroht, aber die robuste Rasse erholt sich langsam wieder. 25 Mutterschafe hat er in der Herde, etwa 70 Tiere weiden das Jahr über auf gepachteten Flächen in der Oberferrieder Lach. Erhalt der Rasse und der Kulturlandschaft ist sein Anliegen, Bewahrung der Diversität, denn nur so hat die Vielfalt in der Natur eine Chance. Womit man wieder bei den Bienen wäre. Monokulturen, mangelnde Blühpflanzenvielfalt, künstliche, „aufgeräumte“ Gärten, ausgemähte Feldraine sind ihm ein Graus und – mehr noch – der Einsatz von Pestiziden.
Angefangen mit der Honigproduktion hat er bereits in der Jugend, nachdem er sich nach und nach alles angeschafft hatte, was zur Imkerei benötigt wird: diverses Werkzeug, die „Beuten“ genannten Bienenkästen, sämtliche Geräte zur Honiggewinnung und dann sein erstes eigenes Ablegervolk. Heute sind es 20 bis 30 Bienenvölker, von denen je nach Jahreszeit eines zwischen 25 000 (Winter) und 80 000 (Sommer) Insekten hat. Ab 1. Januar 2018, und das ist nur eine logische Folge seines Naturverständnisses, beginnt der Umstellungszeitraum für die Produktion gemäß der Richtlinien des Demeter-Bio-Verbands. Die darin geforderte ökologische und wesensgemäße Bienenhaltung fußt auf dem Philosophen Rudolf Steiner, und hier schließt sich wieder einmal der Kreis zur Pädagogik, denn Igelhaut ist Mitglied im Lehrerseminar für Waldorf-Pädagogik, die von Steiner begründet wurde.
Arbeitsintensiv für den Imker ist die Zeit von März bis Oktober, aber auch da fällt nur etwa ein Kontrollgang wöchentlich an. Dann wird geprüft, wie die Stimmung im Volk ist und ob die Tiere genügend Futter, also Nektar und Pollen, haben. Die Blühpflanzen spielen hier eine besondere Rolle, deren Vielfalt leider immer mehr nachlässt, so der Fachmann. Aus diesem Grund engagiert sich der zweifache Familienvater auch mit fünf Cent pro verkauftem Glas Honig für das Netzwerk „Blühende Landschaften“, das sich für den Erhalt der Biodiversität stark macht.
„Bienensterben überschätzt“
Natürlich muss im Gespräch mit dem erfahrenen Imker auch das Stichwort „Bienensterben“ fallen. „Die Brisanz wird überbewertet“, findet der 35-Jährige überraschenderweise. Die viel zitierte Varroa-Milbe, der die Schuld für den Rückgang der Insekten zugeschrieben wird, gibt es schon seit Jahrzehnten, korrigiert Igelhaut die öffentliche Wahrnehmung. „Pestizide und die allzu aufgeräumten Landschaften“ sind für ihn die Bienenkiller, in erster Linie natürlich das Herbizid Glyphosat.
Hier sieht er einen wichtigen Ansatzpunkt zum Erhalt der Vielfalt in der Natur. Dass sich das Engagement lohnt, beweist die Auszeichnung seines Honigs, die ihm nach sehr kritischer Prüfung zuteil wurde. Kein einziger Punkt wurde ihm beim Check abgezogen. Kriterien, die begutachtet wurden, waren nicht nur Aufmachung, Sauberkeit und Geschmack, sondern auch zusätzliche Daten wie der Wassergehalt oder der Grad der Invertase, ein honigspezifisches Enzym. Im Beisein der bayerischen Honigkönigin durfte er schließlich seinen Preis entgegennehmen.