NÜRNBERG/HERSBRUCK – Sich weiter Gehör zu verschaffen, das war das Ziel der Hersbrucker Bürgerinitiative gegen die Schließung des Krankenhauses und das gelang auch mit der Kundgebung am Samstag in Nürnberg. In den Reden von Bürgern und Ärzten am Lorenzer Platz vor dem Heimatministerium wurde vor allem eines deutlich: Die Empörung darüber ist groß, dass weitreichende Entscheidungen für ländliche Regionen fernab der betroffenen Menschen fallen.
Geschätzte 600 bis 700 Teilnehmer hielten rote Gasballonherzen an der Schnur und zeigten so Flagge für die Fortexistenz kleiner Landkrankenhäuser in Hersbruck und anderswo. Denn erstmals überhaupt hatten zwar Hersbrucker eine Demo in Nürnberg organisiert, aber es ging nicht nur darum, sondern generell um die Situation kleinerer Kliniken, die laut Bundesgesundheitspolitik keine Existenzberechtigung mehr haben sollen. Genauso ein Thema waren die schlechten Arbeitsbedingungen der Krankenpfleger.
Fast zweieinhalb Stunden setzten sich die Redner mit diesem komplexen Thema auseinander. Die Bürger Angelika Pflaum und Horst Vogel sowie die Mediziner Dr. Norbert Schutt, Krankenhaus-Belegarzt-Sprecher Dr. Hans Kolb und Dr. Johannes Seitz von der chirurgisch-orthopädischen Praxis am Krankenhaus Hersbruck und nicht zuletzt Dr. Klaus Reichel. Für die Pfleger sprach Schwester Doris aus Hersbruck, für die heimische Politik Landrat Armin Kroder. Die Aussagen aller lassen sich auf einen Nenner bringen: Es kann nicht angehen, dass es bei allen Entscheidungen über Krankenhäuser, Pflege oder Patienten fast nur Kosten und Norm-Leistung zählen, dass Menschlichkeit, Fürsorge und Wertschätzung zweitrangig sind.
Bürger auf dem Land fühlen sich abgehängt. Das sollte Politiker alarmieren, findet nicht nur Angelika Pflaum, die genau das ansprach. Sie habe die Gesundheitsministerin, Klinikumsvertreter und alle bayerischen Bundestags- und Landtagsabgeordnete zu der Kundgebung eingeladen. „Viele von ihnen propagieren, dass sie den ländlichen Raum stärken wollen“, sagte Pflaum, „einige sind da, viele jedoch haben auf meine Anfrage nicht einmal geantwortet“.
Sie bedankte sich namentlich bei denen, die gekommen waren: Bernhard Seidenath (CSU), Hubert Aiwanger (beide FW), Jan Dunker (FDP), Markus Ganserer (Grüne), Uwe Halla (Linke) und Christine Deutschmann (Mut-Partei). Sie stellten sich zum Ende der Veranstaltung auch Fragen der Bürgerinitiative, wobei es zum Disput zwischen Pflaum und Seidenath kam, der sich als Vertreter der Regierungspartei CSU zu Unrecht von der Bürgerinitiative angegriffen fühlte. Im Publikum waren auch Peter Bauer (FW) und auch etliche heimische Politiker der SPD.
Die Forderungen der Bürger an die Gesundheitspolitiker fasste Andreas Tausch aus Waldkirchen prägnant zusammen:
– „Scheren Sie die Finanzierung der kleinen Krankenhäuser auf dem Land nicht über den gleichen Kamm wie große Kliniken in den Zentren.“
– „Zwingen Sie Krankenhäuser nicht zu Spezialisierungen.“
– „Weg mit dem System der Fallpauschalen, verrechnen Sie die echten Aufwendungen.“
– „Lassen Sie die Notfallpatienten nicht im Sanka auf dem langen Weg zum nächsten Krankenhaus sterben.“
– „Denken Sie an Angehörige, die Patienten besuchen wollen.“
– „Die Psyche der Patienten durch ein vertrautes Umfeld ist ein nicht zu unterschätzender Heilungsfaktor.“
Das bedeutet, so Tausch: Ein Umdenken ist notwendig, die Landes- und Bundespolitik muss die Rahmenbedingungen ändern. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, schloss der Waldkirchener. Er sprach auch schon bei der Demo in Hersbruck, genauso wie Ludwig Keller aus Marktheidenfeld, der am Samstag in Nürnberg nach einer Krankenhausschließung zumindest einen „einigermaßen gleichwertigen Ersatz“ vor Ort verlangte, dafür fehle von der Politik jedes Konzept.
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