Winkelhaids Handballer sind zurück in der Bayernliga

Zwei Aufstiege in einem wahrhaft denkwürdigen Spiel

Feierbiester und Bayernligisten: Die Winkelhaider Handballer nach der Relegationsschlacht gegen Trudering.
Feierbiester und Bayernligisten: Die Winkelhaider Handballer nach der Relegationsschlacht gegen Trudering.2013/05/winkelhaidtruderingjubel.jpg

WINKELHAID – Wer am Samstag den Weg in die TSV-Sporthalle in Winkelhaid fand, erlebte hautnah einen jener Momente, welche nur der Sport bietet und die unvergesslich für alle bleiben, die dabei waren, ob als Akteur oder als mitfiebernder und mitleidender Zuschauer. Nach 70 Minuten einer an Dramatik kaum zu überbietenden Partie schafften die Winkelhaider Handballer im Relegationsrückspiel gegen den TSV Trudering in der Verlängerung die zum Aufstieg notwendige Tordifferenz. Durch das am Ende deutliche 36:28 kehrt der TSV nach einjähriger Abwesenheit wieder in die Bayernliga zurück.
Dabei gelang den Spielern um Kapitän Peter Zahn das Kunststück, in einem Spiel gleich zwei Mal aufzusteigen. Denn schon nach Ablauf der regulären Zeit hatten die Schiedsrichter irrigerweise den TSV auf Grund des im Hinspiel mehr erzielten Auswärtstreffers vorzeitig zum Sieger erklärt, so dass die schon einsetzenden Jubelarien jäh unterbrochen wurden. Der nur als Zuschauer das Spiel beobachtende Schiedsrichterwart des Bayerischen Handballverbandes, Andreas Warter aus Feucht, hatte den Hinweis der Gäste aufgenommen und nach Rücksprache mit der Vizepräsidentin des BHV die Entscheidung der Unparteiischen korrigiert und die Fortsetzung der Partie veranlasst.
Dass es noch zu einer Verlängerung kommen würde, war bis zur 40. Minute überhaupt nicht zu erwarten. Denn der TSV fand bis dahin kein Mittel gegen die selbstbewusst auftrumpfenden Oberbayern. Die Mannschaft von Trainer Csaba Szücs hatte mental den Ausfall von Andi Knerr, der sich vor Spielbeginn beim Aufwärmen einen Bänderriss im Knöchel zugezogen hatte, wohl nicht verkraftet und war  zu hektisch in die Partie gegangen.

Angekratztes Nervenkostüm

Taktisch entschied man sich für eine enge Deckung gegen den Truderinger Torjäger Korbinian Lex und wollte aus Balleroberungen schnelle Konter starten, die im Hinspiel so schmerzlich vermisst wurden. Doch gleich zwei von Ingo Kundmüller in den ersten fünf Minuten verworfene Siebenmeter und die beiden frühen Hinausstellungen von Sebastian Piller kratzten stark am Nervenkostüm der Hausherren, die nun ohne den gewohnten Mittelblock in der Abwehr auskommen mussten.
Die Gäste spielten ihre Angriffe überlegt aus, brachten Korbinian Lex geschickt in Position oder verwerteten durch die ihre beiden anderen Rückraumspieler Almas Kadric und Sebastian Meinzer. Zwar blieb die Partie bis zur 20. Minute ausgeglichen (10:10), aber die Räume in der 5+1-Deckung des TSV wurden zunehmend immer größer. Beim 12:12 in der 24. Minute wurde ein kurzer Versuch auf die 4+2-Variante gestartet, der aber umgehend misslang und auch noch eine Zeitstrafe für Sebastian Mangold nach sich zog.
Trudering ging erstmals mit zwei Toren in Führung (12:14), die der TSV mit einer Einzelaktion von Jonas Hirning konterte, aber nun aus einer Überzahl kein Kapital schlagen konnte, sondern in der 27. Minute die erneute Zwei-Tore-Führung der Gäste hinnehmen musste. Nochmals konnte Jonas Hirning einnetzen, aber Trudering konterte umgehend, und ein Ballverlust des TSV führte danach zum 14:17. Den letzten Angriff der Hausherren unterbrachen die Gäste unmittelbar vor der Halbzeitpause regelwidrig, so dass sie die Anfangsminuten der zweiten Spielhälfte in Unterzahl bestreiten musste. Da der TSV auch noch anwerfen durfte, ergab sich daraus ein kleiner Hoffnungsschimmer auf die nun zu startende Mission Impossible. Minus sieben und nur noch dreißig Minuten zu spielen, anders war die Aufgabe, die es nun zu bewältigen galt, nicht mehr zu beschreiben.
Als dann Jonas Hirning nach 25 Sekunden frei scheiterte, hinten ein Siebenmeter verursacht wurde und Trudering auf 14:18 davon gezogen war, begann selbst bei den größten Optimisten unter den TSV-Anhängern  der Glaube zu schwinden.  
Von der Bank wurde die letzte taktische Karte aus dem Ärmel geschüttelt. Die vertraute 6:0-Deckung, obwohl diese in Trudering in der Anfangsphase wenig Wirkung gegen den gefährlichen Rückraum der Gäste zeigte. Doch jetzt schlug sie voll ein. Die sich sicher fühlenden Gästen fanden kein Durchkommen mehr, scheiterten immer wieder am Block oder an Daniel Heimpel, der nun immer besser ins Spiel fand. Innerhalb von nur drei Minuten war der Ausgleich erreicht, was den Gästetrainer zur grünen Karte zwang, die allerdings keine Wirkung zeigte.
Der TSV hatte sich wie der Phönix aus der Asche erhoben und begann kräftig mit seinen Flügeln zu schlagen. Alle Spieler wurden eingesetzt, erfüllten ihre Aufgabe mit Bravour und begannen wieder an sich zu glauben. Der Lauf des TSV endete erst in der 46. Minute nach dem 22:20. Also nach sechs Toren in Folge, wodurch auch die Kulisse auf den Rängen wieder hörbar wurde und für zusätzlichen Auftrieb sorgte.

Protest von Trudering

Trudering wechselte nun den Torhüter, wodurch die Gäste zunächst wieder die Wogen etwas glätten konnten. Sie hielten bis zur 51. Minute ihren Rückstand auf einen Treffer (24:23). Zwei Treffer hintereinander erzielte dann Karl Rettenbacher und die Partie stand nun endgültig auf des Messers Schneide (54. Minute). Trudering holte sich eine Zeitstrafe ein und der TSV hatte dadurch die Möglichkeit auf 27:23 zu erhöhen. Doch man vergab zwei gute Chancen. Aber hinten fanden sich Abwehr und Daniel Heimpel jetzt in nahezu perfekter Symbiose.
165 Sekunden vor Schluss erzielte Sebastian Piller den ersehnten Vier-Tore-Vorsprung. Sechzig Sekunden später dann Strafwurf für Trudering, den Daniel Heimpel parierte. Ball für den TSV. Doch Ingo Kundmüller leistete sich im Zeitspiel einen Fehlpass. Trudering konterte und erzielte 27 Sekunden vor Schluss das 27:24. Der TSV nahm die Auszeit und besprach den letzten Angriff. Trainer Csaba Szücs schickte den siebten Feldspieler aufs Parkett und spielte mit zwei Kreisläufern gegen die fünf Abwehrspieler der Gäste. Es folgte ein kurzer Angriffsaufbau mit Kreuzen und Sperre, so dass Sebastian Piller ungehindert hochsteigen konnte und sechs Sekunden vor Schluss den 28. Treffer für den TSV erzielte.
Kurzes Innehalten, fragende Blicke an die Schiedsrichter und dann begann der Siegestaumel. Die Gäste standen fassungslos daneben, ehe sich die Nachricht verbreitete, dass es mit Verlängerung weitergeht. Die Zuschauer wurden zwar zurückgeholt, aber für einige war es schon zu spät.
Trudering hatte daraufhin Anwurf. Im Spiel fünf gegen fünf eroberte der TSV den Ball, und Tibor Gilan erzielt das erste Tor der Verlängerung (62. Minute). Ingo Kundmüller dann das 30:24 für den TSV. Noch zwei weitere Angriffe der Truderinger verpufften wirkungslos, so dass Karl Rettenbacher und Tibor Gilan bis zur Halbzeit auf 32:24 erhöhen konnten. Die Messe war gelesen.
Die zweite Hälfte war dann gekennzeichnet von noch jeweils vier Treffern, wobei Sebastian Mangold direkt ins leere Tor traf, als die Gäste ihrerseits mit einem zusätzlichen Feldspieler versuchten, das Blatt zu wenden.
So ist als Fazit der Relegation die bewundernswerte Moral einer Winkelhaider Mannschaft hervorzuheben, die fest an sich geglaubt hat und nun den Damen in die Bayernliga folgt. Dem Gegner, der schon auf der Schwelle zur Viertklassigkeit gestanden hat, gilt der Dank für zwei Spiele, die immer im Rahmen der Fairness und Sportlichkeit geblieben sind. Man wird von Truderinger Seite zwar Protest einlegen, aber wohl nicht gegen die Wertung dieser Begegnung.
Daniel Doppler

Torschützen für den TSV Winkelhaid: Hirning 2, Rettenbacher 8, Mangold 1, Liebl 1, Kundmüller 6/1, Gilan 2, Zahn 1, Piller 9, Herbst, Räbel 5, Buchwald 1.

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