HERSBRUCK – Eigentlich sind sie die Zentren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens – die Innenstädte. Doch während der Corona-Pandemie waren sie monatelang so gut wie verwaist. Und das in einer Zeit, in der gerade der Einzelhandel mit Veränderungsprozessen zu kämpfen hatte. Das Virus wirkte hier wie ein Brennglas. Auch in Hersbruck?
Pauschal lasse sich da gar nichts sagen, betont Tobias Chilla vom Institut für Geografie der Uni Erlangen: „Es gibt Städte, da läuft es seit Jahren, und andere kommen nie aus den Pötten – aus verschiedenen Gründen“, erklärt der Leiter der AG Regionalentwicklung. Das heißt auch, bestimmte Zyklen, in den sich Innenstädte erneuern oder verändern, gebe es nicht.
Und auch die Corona-Krise alleine sei nicht für Ladenschließungen und Wandel verantwortlich: „Sie ist ein Trendbeschleuniger, bei den Dingen, die eh schon am Laufen sind.“ Damit treffe sie aber gerade die Kleinstädte. Warum? Chilla nennt ein Beispiel: „Früher gab es dort vor allem kleine inhabergeführte Geschäfte. Das bedeutet, dass die Strukturen, also Raumgrößen, für die aufkommenden Filialisten mit dem größeren Flächenbedarf nicht vorhanden sind.“ Die würden dann vielleicht eher auf der grünen Wiese bauen und die Altstadt verwaist.

Daneben seien Digitalisierung und Konzentration bei den Anbietern sowie der demografische Wandel weitere Herausforderungen. Doch für Chilla kein Grund zum Schwarzsehen: „Gerade in den Kleinstädten ist eine Orientierung hin zu Regionalität und Qualität spürbar.“ Wer also jemand kenne, der etwas Gutes herstelle, den unterstütze er. Zudem stellt Chilla fest, dass Läden nicht zwangsläufig verschwinden, sich nur die Nutzung ändert: „Da wird aus einem Kramerladen ein Yogastudio“ – fast so wie beim Teil des früheren Schlecker-Marktes.
Zweites Standbein als Sicherheit
Hier zog vergangenes Jahr Susanne Lincke mit ihrem Pilates-Studio ein. Lange hatte sie nach einem Studio gesucht und kurz vor dem ersten Lockdown den Mietvertrag unterschrieben. Das schreckte Lincke aber nicht ab. Ihr Vorteil: ihr Bürojob in der Pharmabranche, so dass sie sich das mit dem Pilates über die Jahre nebenher aufbauen konnte. Zudem halfen ihr auch Online-Kurse durch die Krise.
In der Gastronomie war das das „Essen to go“. „Wer das nicht hatte, der ist nun nicht mehr da“, weiß Chilla aus Erfahrung. Das könnte ein Grund für das Aus beim Stadtcafé gewesen sein. Doch auch hier gibt es Ausnahmen – wie das Waffelhaus, das an sich auf Mitnahme ausgelegt war. Bestellen und Abholen war auch im Bastelladen angesagt, jedoch fehlten hier Laufkundschaft und bummelnde Gäste.
Druck im Keller
Über ein Jahr lang hatte auch die Kultkneipe „Holzwurm“ keine Besucher. Chef Roland Winkler machte das Lokal dann zwecks mangelnder Perspektive dicht. Stichworte: keine Außengastronomie im Wohngebiet, keine Lüftungsmöglichkeit im Keller. Druck und Ungewissheit machten dagegen Susanne Schulze so zu schaffen, dass sie ihr „Beautyhouse“ aufgab.
Betrachtet man Hersbruck, halten sich Schließungen und Neueröffnungen ungefähr die Waage; dazu gesellen sich ein paar Übernahmen. „Corona hat bislang nicht so viele Schäden hinterlassen, wie anfangs vielleicht befürchtet“, meint Chilla. Das liege an Nutzungsänderungen und staatlichen Hilfen. Außerdem lebten die Mittelfranken in einem „guten Wohlstand“, so dass der Markt funktioniere. Aber die Frage sei, ob das Ende schon erreicht sei: „Ob es Spätschäden gibt, da müssen wir abwarten.“
Um hier und generell einem Aussterben der Innenstädte entgegenzuwirken, rät Chilla, eines zu beherzigen: „Man kauft da ein, wo man sich wohlfühlt.“ Der Einzelhandel könne nur mit Qualität punkten, und in der Altstadt müsse man eine gute Aufenthaltsqualität schaffen: „Das ist das A und O.“