Erneute Kundgebung gegen geplantes ICE-Werk

„Erzählt das alles draußen“

Dr. Monika Maier-Peuschel appellierte an die zahlreichen Teilnehmer der Kundgebung in Feucht, sich in Sachen ICE-Werksstandort „nicht ins Bockshorn jagen“ zu lassen. Für die Sprecherin der Burgthanner Bürgerinitiative ist die Unterstützung der Nachbarn eine Selbstverständlichkeit. | Foto: Alex Blinten2021/09/Feucht-Muna-ICE-Werk-Maier-Peuschel-scaled.jpg

FEUCHT – Muna Nord, Muna Süd und Harrlach: Am Wochenende haben erneut hunderte Menschen gegen mögliche ICE-Werksstandorte protestiert. Die Gegner des Bahnprojekts in Feucht wehren sich gegen die Darstellung, dass das ehemalige Munitionsfabrikgelände wertloser Steckerlaswald sei.

Der Protest gegen mögliche ICE-Werksstandorte bei Feucht und bei Harrlach reißt nicht ab. In der Marktgemeinde und im kleinen Rother Ortsteil Harrlach haben sich am Wochenende wieder mehrere hundert Menschen zu Kundgebungen gegen die Pläne der Bahn versammelt. In Feucht hatte die örtliche Bürgerinitiative zuammen mit der BI aus Röthenbach/St. Wolfgang und der Interessengemeinschaft Waldsiedlung Weißensee die Kundgebung organisiert, auf der neben anderen Dr. Monika Maier-Peuschel für die Zuhörer erläuterte, welche Dimensionen das von der Bahn geplante Werk hat.

25 ICE-Züge sollen darin täglich gewartet werden, Züge mit je 800 Sitzplätzen. Damit muss die Infrastruktur für das tägliche Abwasser von 20.000 Menschen bereit gestellt werden, rechnet Maier-Peuschel vor. Bevor das Werk in Betrieb gehen kann, wird es viel Schwerlastverkehr zur Baustelle geben und weiterer Schwerlastverkehr, wenn die ICEs später gewartet werden, weil das Werk beliefert werden muss. Wald würde auf einer Fläche von bis zu 130 Hektar gerodet werden müssen, nicht Steckerleswald, wie Maier-Peuschel betont, sondern wertvoller Mischwald, für den eine Ersatzaufforstung so ohne Weiteres gar nicht möglich sei.

Hunderte Menschen sind gekommen, um den Rednern zuzuhören. Foto: Alex Blinten2021/09/Feucht-Muna-ICE-Werk-1-scaled.jpg

Erzählt das alles draußen“, appelliert die Burgthannerin an das Publikum, „ihr seid die Multiplikatoren.“ Maier-Peuschel ist eine der Sprecherinnen der Bürgerinitiative Burgthann gegen das ICE-Werk. Für sie ist es selbstverständlich, den Protest weiter zu tragen, wenn auch die Standorte Mimberg und Ezelsdorf inzwischen aus dem Verfahren herausgenommen wurden.

Viele geschützte Arten

Andreas Sperling erinnert an den Vorschlag der Marktgemeinde Feucht, die Gebiete Muna Nord und Süd als Naturschutzgebiete ausweisen zu lassen (wir berichteten). Seit sechs Wochen liegt der entsprechende Antrag nun bei der Regierung von Mittelfranken. „Wir sind sehr gespannt, was da heraus kommt“, sagt Sperling, der auf der gestrigen Kundgebung einen detaillierten Überblick über Flora und Fauna in dem für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereich Muna Nord gab und sich dabei auf Begehungen von Vertretern des Landesbundes für Vogelschutz und des Bundes Naturschutz bezieht, die im Juli mit Genehmigung an zwei Tagen und einer Nacht stattfanden.

In der Muna hat sich in den vergangenen 70 Jahren eine Art Urwald mit viel Totholz gebildet, der 87 geschützten Arten Lebensraum biete, erläuterte Sperling, darunter verschiedene Spechtarten, der Neuntöter, der Baumpieper und die Heidelerche. Außerdem gibt es in der Muna geschützte Fledermausarten, die Kreuzkröte, die Gelbbauchunke, die Zauneidechse, die Kreuz- und die Schlingnatter – planungsrelevante Arten, die bei Großprojekten umgesiedelt werden müssten. Sperling verband seine Schilderung mit Attacken auf die CSU, insbesondere auf den Bundestagsabgeordneten Michael Frieser, der in der Muna einen guten Standort für ein ICE-Werk sieht.

„Mensch und Natur an oberster Stelle“

Dass so viele Kundgebungsteilnehmer aus der Nachbarschaft nach Feucht gekommen waren, freute Feuchts Bürgermeister Jörg Kotzur besonders. „Die Schutzgüter Mensch und Natur müssen doch bei der Planung von Großprojekten immer an oberster Stelle stehen“, stellte Kotzur fest, „ich sehe das bei den übrig gebliebenen drei Standorten aber nicht.

Pfarrer Thie vergleicht die für die Öffentlichkeit nicht betretbare Muna mit dem ehemals von der DDR angelegten Todesstreifen, der heute als grünes Band Deutschland durchzieht und Lebensraum für eine faszinierende Vielfalt des Lebens ist. „Hier ist wertvolle Flora und Fauna entstanden – Gott sei Dank.“ Thies dringender Wunsch ist es, für das nötige ICE-Werk einen Standort zu finden, an dem kein Wald gerodet werden muss.

Diesen Wunsch hat auch die Feuchter BN-Vorsitzende Sophie Wurm, die in der Muna ein einzigartiges und wertvolles Biotop sieht. Wie auch Herbert Fahrnbauer. Der Moosbacher erläuterte die Probleme, die sich bei einer eventuellen Entmunitionierung des Muna-Geländes ergeben. Die sind nach seiner Darstellung so groß, dass sich die Präferenz namhafter Politiker für die Muna als Nebelkerzen erweisen würden.

Am Abend zuvor hatte auf einer Kundgebung im kleinen Harrlach neben anderen Hubert Weiger gesprochen. Der Ehrenvorsitzende im Bund Naturschutz erinnerte an rechtliche Bestimmungen, die beispielsweise Bannwälder schützen sollen. Kritisch sieht Weiger auch die dabei erforderliche Ersatzaufforstung. Unterstützung erhielten die Harrlacher von den ebenfalls betroffenen Bürgerinitiativen aus Feucht und Röthenbach/St. Wolfgang.

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