Erst seit 2014 als Steher aktiv, gehört Thomas Steger schon zu Europas Besten

„Adrenalin pur!“

Vor sechs Monaten noch undenkbar, mittlerweile ein fast schon gewohntes Bild: Der Altdorfer Thomas Steger nach einem erfolgreichen Wettkampftag.
Vor sechs Monaten noch undenkbar, mittlerweile ein fast schon gewohntes Bild: Der Altdorfer Thomas Steger nach einem erfolgreichen Wettkampftag.2014/09/altdorfsteherrennenthomassteger_New_1410522601.jpg

ALTDORF – Radsport: Das war und ist schon immer die Welt von Thomas Steger aus Altdorf. In seiner Jugend bereits erfolgreich als Radrennfahrer unterwegs, musste er dann als Soldat berufsbedingt eine sechsjährige Pause einlegen, um dann im Stehersport neu durchzustarten. Wie er sich in einer für ihn völlig neuen Disziplin innerhalb kürzester Zeit zu einem der erfolgreichsten, deutschen Akteure entwickelt hat – darüber sprach der 28-Jährige mit dem Boten.

Die Geschichte von Thomas Steger klingt nicht nur erstaunlich, sie ist es auch. Obwohl er erst seit März dieses Jahres in der Steherszene (Zur Erklärung: Steher sind Radrennfahrer, die in dauerhaft hohem Tempo über längere Distanzen auf einer Radrennbahn fahren.) aktiv ist, zählt der Altdorfer nach nur einem halben Jahr schon zur europäischen Elite: Einem dritten Platz bei den Deutschen Meisterschaften in Leipzig folgte ein starker sechster Rang bei der Europameisterschaft in Forst nahe der polnischen Grenze.

In Afghanistan stationiert

Wie erklärt sich der 28-Jährige seine überraschend schnell erzielten Erfolge? „Radsportbegeistert war ich schon immer, bin deshalb früher lange Zeit Straßen- und Bahnrennen gefahren.“ Früher, das war vor Stegers zwangsbedingter Pause. Als Berufssoldat hatte er kaum mehr Zeit für den Radsport, war vorübergehend sogar in Afghanistan stationiert. „Sechs lange Jahre bin ich auf kein Fahrrad mehr gestiegen – bis zu diesem Frühjahr.“

Und seitdem rollt es so richtig rund für den gebürtigen Altdorfer! Von null auf hundert gewissermaßen. Das gilt nicht nur für Stegers beeindruckende Entwicklung, sondern auch für die Geschwindigkeiten, die bei Steherrennen erreicht werden. „Beim Spitzentempo sind 100 km/h oder mehr keine Seltenheit“, berichtet der angehende technische Betriebswirt. Um solche Höchstgeschwindigkeiten zu erreichen und dauerhaft zu halten, ist es für den Steher wichtig, möglichst nahe am vor ihm fahrenden Motorradfahrer (genannt: „Schrittmacher“) zu bleiben, um so größtmöglichen Windschatten zu erhalten. Gelingt dies, so gleicht das einer „gefühlten Achterbahnfahrt in den Kurven – Adrenalin pur!“, berichtet Steger.

Da die Radrennfahrer nicht mit den Schrittmachern verbunden sind, sondern durch eine Abstandsrolle auf Distanz zum Motorrad gehalten werden, erfolgt ihre Fortbewegung ausschließlich durch ihre Muskelkraft. Um diese leisten zu können, trainieren Thomas Steger und seine Mannschaftskollegen vom RV Union Nürnberg dreimal die Woche auf der Radrennbahn am Reichelsdorfer Keller, die trotz ihrer mittlerweile 111 Jahre noch immer zu einer der schnellsten in Deutschland gehört. Während montags und freitags normal trainiert wird, finden jeden Mittwochabend Trainingsrennen statt.

Doch dem Altdorfer ist dies nicht genug: Zusätzlich schwingt er sich zweimal die Woche selbst auf sein Rad, um jeweils 80 bis 100 Kilometer abzuspulen. Die versucht der 28-Jährige mit einer konstant hohen Durchschnittsgeschwindkeit zu fahren, um so beides – Ausdauer und Spritzigkeit – zu trainieren. „Da der Schrittmacher das Tempo vorgibt, ist die Abstimmung zwischen dem Gespann, Schrittmacher und Steher, natürlich von besonderer Bedeutung“, erklärt Steger. Mit den Zurufen „Ale!“ und „Ho!“ kann der Steher seinen Schrittmacher anweisen, die Geschwindigkeit zu erhöhen oder zu verlangsamen. Im Maximalfall sind bis zu neun Gespanne gleichzeitig auf der Bahn unterwegs, die Distanz der Rennen variiert zwischen 25 (Kurzdistanz) und maximal 50 Kilometern (Langdistanz). Im Finale duellieren sich die Steher dann sogar bis zu über eine Stunde lang.

Zu bestaunen wird dies auch am 21. September sein: Denn an besagtem Sonntag findet wieder der alljährliche „Herbstpreis der Steher“ auf der Radrennbahn am Reichelsdorfer Keller in Nürnberg statt. Auf der altehrwürdigen 400-Meter-Bahn werden dann viele Steher von der Europameisterschaft an den Start gehen. Unter ihnen auch der Titelverteidiger Mario Birrer aus der Schweiz. Die Eidgenossen zählen zusammen mit Holland und Deutschland zu den Top-Nationen im Stehersport.

Mit von der Partie wird selbstverständlich auch Thomas Steger sein, der als Lokalmadator den Heimvorteil nutzen will. Und der Altdorfer scheint in einer überragenden Form zu sein: Am vergangenen Sonntag gewann er souverän das Steherrennen in Rostock. Doch der 28-Jährige ist niemand, der sich auf seinen Lorbeeren ausruht. Vielmehr hat er jetzt schon sein Ziel für das kommende Jahr fest im Blick: Deutscher Meister 2015! Spätestens dann wäre seine Geschichte perfekt.

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