Traum von Fritz Körber

Partnerschaft mit Oradour-sur-Glane?

Von der Waffen-SS in Schutt und Asche gelegt: Oradour. | Foto: PZ-Archiv/Sichelstiel2021/04/Oradour-Ruine-und-Baum.jpg

Oradour/Hersbruck. „Die Hälfte meines Lebens lang habe ich mich um die deutsch-französische Partnerschaft bemüht“, sagt Fritz Körber. 81 Jahre ist der Altbürgermeister von Schwaig und frühere Bezirkstagsvizepräsident alt, 1983 war er zum ersten Mal zu Besuch in Oradour-sur-Glane, jenem Ort im Limousin, den die Waffen-SS im Sommer 1944 fast vollständig ausgelöscht hat. Nun könnte bald eines von Körbers Lebenszielen erreicht sein: eine Städtepartnerschaft zwischen dem geschundenen französischen Dorf und einer Kommune in Mittelfranken. „Es wäre eine Sternstunde für mich“, sagt der SPD-Politiker.

Noch ist es nur ein erster Kontakt, daraus kann aber ein Signal für das europäische Miteinander werden: Oradour möchte freundschaftliche Bande mit Hersbruck knüpfen. Vermittelt hat das Körber, nachdem sich Oradours Bürgermeister Philippe Lacroix mit dem Wunsch nach einem solchen Brückenschlag an Mittelfranken, den Partnerbezirk des Limousin, gewandt hat.

Lange war eine solche Freundschaft unvorstellbar. Zu tief waren die Wunden. Die SS-Panzerdivision „Das Reich“ beging am 10. Juni 1944 eines der schlimmsten Kriegsverbrechen deutscher Soldaten in Frankreich. Sie tötete 642 Menschen und legte die Häuser Oradours in Schutt und Asche. Die Aktion sollte angeblich der Résistance gelten, sie traf aber unter anderem Frauen und Kinder, die in einer von den Deutschen angesteckten Kirche verbrannten.

„Das Wunderbare ist, dass die Anfrage nun von französischer Seite kam. Um das zu erreichen, mussten wir jahrzehntelang viele kleine Schritte gehen“, sagt Körber. Dazu gehörte 2007 ein Auftritt der Schwaiger Chorgemeinschaft in Oradour. Viel bewegt hat daneben der Staatsbesuch von Bundespräsident Joachim Gauck 2013. Er kam, um Zeugnis abzulegen, „dass es ein anderes, friedliches und solidarisches Deutschland gibt“. Darauf hätten die Einwohner Oradours gewartet, sagt Körber.

Hersbruck hat er vorgeschlagen, weil der Ort auch einen dunklen Fleck in seiner Geschichte hat: das Außenlager des KZ Flossenbürg. Seine Insassen schufteten in den Doggerstollen, mindestens 4000 überlebten das nicht. Diese „Leidensgeschichte“, meint der Schwaiger Altbürgermeister, könne ein verbindendes Element sein. Doch gibt er auch zu, dass viele Hersbrucker lange nichts von dem KZ-Lager wissen wollten, dass eine Aufarbeitung selbst in den 90er-Jahren noch schwierig war. Umso wichtiger sei der Kontakt zu Oradour.

Die Pandemie hat es bisher nicht zugelassen, aber folgen soll ein erster Besuch einer Hersbrucker Delegation in Frankreich. Bürgermeister Robert Ilg und die Stadträte wüssten, worauf sie sich einließen, sagt Körber: Er hat ihnen ein dickes Fotoalbum von seinen zahlreichen Oradour-Besuchen mitgebracht.

Bleibt nur ein Wermutstropfen: Dass es nicht seine Heimatkommune Schwaig ist, die auf eine Partnerschaft mit Oradour zusteuert. Dafür hatte Körber stets geworben, „doch die Bereitschaft war nicht da“.

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