NÜRNBERGER LAND – Homeschooling statt Klassenzimmer: Viele Eltern fürchten den kommenden Montag, wenn der Nachwuchs nicht in die Schule zurück kann. Und auch die Schulleitungen hängen in der Luft: Sie warten auf klare Vorgaben, wie der Distanzunterricht auszusehen hat.
„Ich hatte so gehofft, dass wir gleich mit Wechselunterricht starten“, bedauert Ulrike Kohlitz, Rektorin an der Grundschule Heuchling. Vor allem, weil die Stadt Lauf extra Abluftanlagen in den Klassenzimmern eingebaut habe. Auch sie wartete gestern auf genaue Vorgaben aus München. Eltern musste sie mehrfach vertrösten. Die Schulleiterin rechnet aber mit einem „Run“ auf die Notbetreuung.
„Wenn die Hälfte unserer rund 120 Schüler diese in Anspruch nimmt, hätten wir gleich Wechselunterricht machen können“, sagt Ulrike Kohlitz, die gerade in den unteren Jahrgangsstufen kein Fan von digitalem Unterricht ist. „Ich habe eine kombinierte Klasse 1/2 in HSU, mit denen werde ich nicht über Teams konferieren. Da werden die Eltern verrückt.“
In Heuchling stellt man zusätzlich wieder Kisten mit Lernmaterial, darunter Bücher und kopierte Arbeitsblätter, zur Abholung vor die Tür.
Kohlitz sorgt sich, was die lange Zeit zu Hause mit den Schülern psychisch macht. „Man merkt, dass Angela Merkel und Michael Piazolo keine Kinder haben“. Sie würde sich wünschen, dass man – je nach Infektionsgeschehen und Schulgröße – vor Ort individuell entscheiden könne, wie der Schulbetrieb weiter geht.
Nicht überrascht von der Ankündigung des Distanzunterrichts ist Andrea Nüsslein aus Schnaittach, Vorsitzende des Landeselternverbands Bayerischer Realschulen. „Für die Schüler ist das natürlich sehr bedauerlich, Schulaufgaben verschieben sich weiter“, sagt sie.
Sie nimmt die Politik in die Pflicht. Die Zeit müsse jetzt genutzt werden, Abluftsysteme und Plexiglasscheiben in den Schulen zu installieren. Auch in puncto Digitalisierung liege viel im Argen. Es brauche endlich einheitliche Online-Unterrichtsplattformen. An der Realschule Hersbruck liege seit Sommer ein Glasfaserkabel am Eingang, das aus bürokratischen Gründen bisher nicht an den Serverraum angeschlossen werde. Zum Teil seien die Forderungen des Verbands zur Digitalisierung zehn Jahre alt. „Aber wir finden einfach kein Gehör.“
„Heilfroh“, dass Schulen noch nicht in den Präsenzunterricht wechseln ist Martina Brix, Rektorin der Laufer Bertleingrundschule. „Natürlich ist Präsenzunterricht immer besser, aber es geht darum, die ganze Schulfamilie zu schützen“, so Brix. Das Homeschooling via Teams, das die Stadt Lauf für die Schulen angeschafft hat, funktioniere gut, weil Lehrer und Elternbeirat gut zusammenarbeiten.
Während einige Erstklässler schon „sehr fit“ im Umgang mit dem PC seien, bräuchten die meisten Grundschüler Unterstützung der Eltern, um Arbeitsblätter herunterzuladen oder zurückzuschicken. Auch Leihtablets hat die Schule ausgegeben, doch Wlan haben nicht alle Kinder zuhause. „Viele Eltern kommen vorbei und holen auf Abstand Arbeitsblätter ab.
Manche Lehrer fahren auch Materialien zu Schülern heim“, so Brix.
Mit Sorge schaut sie auf die Organisation der Notbetreuung: „Das Homeschooling steht und fällt mit der Notbetreuung. Die Personaldecke ist sehr dünn und für die Lehrkräfte bedeutet das eine Doppelbelastung“, sagt sie. Damit Eltern und Schulen alles besser organisieren können, hatte Brix eigentlich gehofft, dass die Weihnachtsferien eine Woche verlängert werden. „Außerdem ist Distanzuntterricht auch Unterricht. Es ist anstrengend für die Lehrkräfte und die Schüler“, kritisiert sie, dass die Faschingsferien ausfallen sollen. „Bis Ostern ist eine lange Zeit“.
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„Unmöglich“ findet das auch Petra Götz, Rektorin der Schwaiger Grundschule. „Die Kollegen bereiten viel am Wochenende vor, machen Notbetreuung und sind permament ansprechbar.“ Nicht nur um die Lehrer gehe es dabei, so Götz, sondern auch um die Schüler, die nach sechs Wochen Schule normalerweise eine Pause brauchen oder Eltern, die sich bereits Urlaub genommen haben.
Dass die Schulen noch nicht in den Präsenzunterricht wechseln, findet sie grundsätzlich gut, kritisert aber die kurzfristigen Regelungen des Kultusministeriums: „Es ist alles viel zu spät für Schulen und Eltern, um noch alles gut organisieren zu können.“ Ihr Telefon steht nicht still. Bislang geht sie davon aus, dass doppelt so viele Kinder wie bisher in die Notbetreuung kommen. Unterricht kann dort nicht stattfinden, Lehrer braucht man aber dennoch.
Stefanie Buchner-Freiberger/Rebecca Haase