Wie geht das Gesundheitsamt vor?

Quarantäne an Schulen: Nachforschen statt nach Hause schicken

Gesundheitsamt am Landratsamt Nürnberger Land | Foto: PZ-Archiv/Hoffmann2020/01/schuleingangsuntersuchung-StaatlichesGesundheitsamt_Hoffmann.jpg

NÜRNBERGER LAND – Während nach einem Coronafall im Röthenbacher Gymnasium ganze Klassenverbünde 14 Tage lang zuhause bleiben mussten, ordnete das Gesundheitsamt im selben Fall in Altdorf nur für einige wenige Mitschüler Quarantäne an. Warum diese Unterschiede? Diese Frage bereitet nicht nur den Kindern selbst, sondern auch vielen Eltern derzeit Kopfzerbrechen.

Die Erklärung dafür ist gar nicht so einfach, gibt Dr. Hanspeter Kubin, Leiter des Gesundheitsamts im Nürnberger Land zu. „Wir betrachten die Fälle sehr individuell. Sowohl den Indexfall als auch die Kontaktpersonen in der Umgebung“, sagt Kubin. „Das macht unsere Arbeit zwar schwerer, aber je mehr Schüler nicht in Quarantäne müssen, desto besser.“

Mehrere Faktoren

Wie viele Schüler vom Gesundheitsamt im Falle eines corona-positiven Mitschülers nach Hause geschickt werden, hängt vor allem von folgenden Faktoren ab: Der Belüftung im Klassenzimmer, ob der erkrankte Schüler und die Mitschüler mindestens einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz getragen haben, wie viel Abstand herrschte und wie lange einzelne Personen miteinander im Gespräch waren beziehungsweise engeren Kontakt hatten.

Hanspeter Kubin leitet das Gesundheitsamt des Landkreises Nürnberger Land. Er ist Lungenfacharzt. /Archivfoto: LRA | Foto: PZ-Archiv/Landratsamt/Bekavac2021/02/nn-Dr.-Kubin_lachelnd.jpg

Seit rund zwei Wochen müssen Kinder zwar während des Unterrichts keine Maske mehr tragen, davor bewahren in Quarantäne zu müssen, kann es sie aber dennoch. Vorausgesetzt der Raum wurde ordentlich gelüftet und sowohl der positiv Getestete als auch das Gegenüber trugen Maske.

Die Rolle der Aerosole

Doch auch diese Regel ist nicht allgemeingültig. Hinzu kommt nämlich die Frage, ob ein Schüler, der sich mit Corona infiziert hat, bereits während des Unterrichts Symptome zeigte. „Wenn ein Schüler zum Beispiel viel gehustet hat, bereits mit Fieber kam und dann womöglich in einem Raum saß, der nicht gut belüftet ist, kann es eine erhöhte Aerosolentwicklung geben“, sagt Kubin. Wenn noch dazu niemand eine Maske trug und kein Abstand möglich war, kann das bedeuteten, dass die gesamte Klasse nach Hause geschickt wird.

Durch gezieltes Nachforschen versuchen die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes dies allerdings zu verhindern. „Wir fragen die Schüler und Lehrer, wer wo sitzt, wer mit wem auch außerhalb des Unterrichts Kontakt hatte und wer einen Mund-Nasen-Schutz getragen hat, oder ob er einmal abgenommen wurde“, sagt Kubin. „Das kann man aber auch nur jetzt machen, wenn die Fallzahlen niedrig sind, denn es ist anspruchsvoller und komplizierter“.


Tückische Regeländerungen

Kritisch sieht Kubin den häufigen Wechsel der Vorgaben. „Erst hieß es, Maske auf, dann wieder nicht. Das ist tückisch. Wenn nichts passiert, ist alles gut. Man kann ohne Maske schließlich auch viel besser lernen. Aber, was nützt es den Mitschülern, wenn sie eine Maske aufhaben, der positiv getestete Schüler aber nicht?“ gibt Kubin zu bedenken.

Die Reaktionen der Eltern hinsichtlich des unterschiedlichen Vorgehens kann der Leiter des Gesundheitsamtes zwar nachvollziehen. „Auf der einen Seite fordern Menschen immer Gleichbehandlung und auf der anderen soll man sie nicht über einen Kamm scheren“, sagt er. „Ich finde es wichtig, differenziert hinzuschauen, denn wenn man 14 Tage Zuhause bleiben muss, ist das nie schön – vor allem jetzt im Sommer.“

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