HERSBRUCKER SCHWEIZ – „Bei uns am Land wohnt man eh schon ruhiger als in der Stadt, da braucht es nicht noch mehr Ruhe zum Arbeiten“, denkt Gunther Klos. Bei ihm im „Schwarzen Adler“ habe jedenfalls noch keiner ein Zimmer als Homeoffice-Büro mieten wollen.
Theoretisch wäre das aber möglich, betonen Klos und Hans Heberlein vom „Alten Schloss in Kleedorf“. Letzterer bezweifelt aber ebenfalls die Nachfrage. Ähnlich sieht das Thema Andrea Wagner: „Es wäre kein Problem, sich bei uns fürs Arbeiten ein Zimmer zu buchen, aber danach gefragt hat bisher noch keiner.“ Sie kann sich kaum vorstellen, dass jemand aus der Umgebung extra nach Engelthal ins „Weiße Lamm“ fährt, um dort Homeoffice zu machen.
Sollte aber Bedarf da sein, bietet das Hotel Wlan, Schreibtische und einen Konferenzraum, den auch zwei Mitarbeiter einer Firma für ein Meeting nutzen könnten. „Wir müssten nichts nachrüsten.“ Freie Kapazitäten für derartige Anfragen seien vorhanden und man könne die Arbeitenden sogar mit Snacks versorgen.
Monteure sind da
Über solche Szenarien hat man sich im „Grünen Baum“ in Engelthal sowie im gleichnamigen Hotel in Kühnhofen keine Gedanken gemacht. Im „Café Bauer“ in Hersbruck dagegen schon. „Wir haben das überlegt, anzubieten, aber es ist nicht passend bei uns und unsere Zimmer sind zudem mit Monteuren und Geschäftsreisenden ausgelastet“, verrät Juniorchefin Christina Reif.
Zwar würden die Räume über eine Arbeitsfläche verfügen, wären aber für diesen Zweck zu klein und hätten keinen richtigen, frei stehenden Schreibtisch-Bereich. „Und eigentlich sind die Zimmer nur freitags und am Wochenende leer.“ Denn unter der Woche seien sie mit Monteuren oder Vertretern heimischer Firmen belegt, erzählt Reif.
Erste Erfahrungen mit dem Thema sammelten im Frühjahr bereits Stephanie und Ron Erras von der Kainsbacher Mühle. Sie geben aber zu: „Die Nachfrage hielt sich offen gestanden in Grenzen – Anfragen gab es, tatsächlich gebucht wurde aber kaum.“ Ähnlich ergeht es auch dem Lindenhof am Hubmersberg. „Die Buchungslage der Homeoffices im Hotelzimmer ist sehr gering“, legt Pressesprecherin Anke Neuzerling offen. Da die Vier-Sterne-Hotelzimmer schon vieles in der Ausstattung für Büroarbeit mitbringen, wollte es der Lindenhof versuchen, die leerstehenden Räume auf diesem Weg zu verkaufen. „Uns fehlen die Freizeitreisenden.“
Näher am Kunden
Obwohl Lindenhof & Co. die Möglichkeit bieten, Arbeit und Zuhause örtlich zu trennen, hätten die Leute scheinbar, denen es an Ausstattung, Platz oder Ruhe im Homeoffice fehlt, andere Antworten auf diese Probleme gefunden, überlegen Stephanie und Ron Erras. Trotzdem finden die beiden, dass sich der Einsatz gelohnt hat: „Wir haben unter dem Eindruck der Pandemie unser Angebot als Hotel noch einmal ganz neu überdacht.“
Das Hotelzimmer als „Private Office“ sei ein Beispiel für die spannenden neuen Konzepte, auf die man kommt, wenn man den Gast und dessen Bedürfnisse konsequent an die erste Stelle stellt, sagen sie. Daher werden sie diese Möglichkeit beibehalten: „Das bereichert unser bisheriges Leistungsportfolio dauerhaft.“ Denn als Tagungshotel seien sie schon bekannt, was ihnen in Sachen Ausstattung der Zimmer in die Finger spielte; da sei der Schritt zum privaten Büro nicht mehr so weit.
Auch wenn die „Nachfrage nach Private Offices im Hotelzimmer kaum noch existent“ zu sein scheint derzeit. Dabei würden die Räume mit dem bisschen Mehr an Platz und Ruhe, professioneller Arbeitsatmosphäre sowie einem seriösen Video-Konferenz-Hintergrund punkten können.
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Als ein Zubrot sieht Sven Lejeune, Director Sales und Marketing der Dormero-Kette, die Vermietung der Zimmer als Homeoffice-Büros: „Wir können davon nicht überleben, es ist jedoch auch eine Möglichkeit, unseren Gästen und möglichen Neu-Gästen zu zeigen, dass wir da sind.“
Mehr Ruhe als daheim
Denn Lejeune und seine Kollegen haben festgestellt, dass die Thematik Homeoffice seit Covid-19 sehr viele Menschen und damit Familien betrifft, die mitunter ihre Kinder daheim betreuen müssen. „In dem Fall ist es eine große Herausforderung, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren.“ Daher lag es für das Hotel in Reichenschwand nahe, „die nicht belegten Zimmer als Stätte der Ruhe anzubieten“, erklärt Lejeune.
Zumal dafür keine Aufrüstung nötig war: „Grundsätzlich sind alle Zimmer mit einem Arbeitsplatz ausgestattet und haben kostenfreies Wlan.“ Und das nutzen laut Lejeune vor allem Gäste, die ein zeitlich begrenztes Projekt haben und dafür die „totale Konzentration“ benötigen: „Aber auch Firmen, die für ihre Mitarbeiter Ausweicharbeitsplätze schaffen, um die Situation in den Büros zu entzerren, kommen auf uns zu.“
Das sei aber nur ein Vorteil des Angebots, findet Lejeune. Im Hotel könne man sich komplett der eigenen Aufgabe widmen. Daneben sei aber auch Entspannung möglich – durch Joggen in der Mittagspause oder in Ruhe Fernsehen. „Perfekt also für die Work-Life-Balance.“