Das Weihnachtsgeschäft fällt weg

Shutdown trifft Einzelhandel hart

„Everyday is like sunday“ hat der Musiker Morissey vor über 30 Jahren gedichtet. Für den Einzelhandel in Deutschland gilt das erneut ab Mittwoch, fast alle Läden müssen schließen. Das Foto zeigt den Laufer Marktplatz am Sonntagmittag. | Foto: Kirchmayer2020/12/Laufer-Marktplatz-Adventssonntag-Corona-kir-scaled.jpg

NÜRNBERGER LAND – Als die Entscheidung am Sonntagvormittag bekannt wurde, war sie schon kein Geheimnis mehr: Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten haben sich darauf geeinigt, dass ab Mittwoch bis (mindestens) 10. Januar ein sogenannter Shutdown kommt: Alle Geschäfte müssen schließen, bis auf jene, die den täglichen Bedarf abdecken, etwa Lebensmittelgeschäfte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte und Apotheken (Übersicht über alle Bestimmungen siehe unten).


Den Einzelhandel trifft die Entscheidung hart. Von einer Katastrophe spricht Jürgen Oriold, Bezirks- und Kreisvorsitzender des Handelsverbands Bayern. Er steht durch den Verband in Kontakt mit Händlern im ganzen Bundesgebiet. „Bei vielen liegen die Nerven blank“, so Oriold, der in Lauf ein Fotogeschäft am Marktplatz betreibt. Angesichts der häufigen Änderungen der Bestimmungen fühle sich der Einzelhandel „wie ein Tanzbär, der am Nasenring durch die Manege gezogen wird“.

Bereits ohne den Shutdown habe der Handel aufgrund der Pandemie im Dezember mit rund einem Drittel weniger Umsatz als in den Vorjahren gerechnet, nun würden es vermutlich nur 50 Prozent, „ein Desaster“.

Umsatzstärkste Tage fallen weg

„Viele Branchen leben vom Umsatz, den sie in der Weihnachtszeit machen“, betont Oriold, teilweise entfällt die Hälfte des Jahresumsatzes auf November und Dezember. „Die nächsten Tage wären die umsatzstärksten des ganzen Jahres geworden.“

Die Pandemie will Oriold nicht verharmlosen, er nimmt das Coronavirus sehr ernst. Allerdings sei die Ansteckungsgefahr im Handel aufgrund der bereits geltenden Regelungen so gering, dass sie kaum nachweisbar sei. Nun würden am Montag und Dienstag die Geschäfte „gestürmt“, was zur Eindämmung der Pandemie kontraproduktiv sei.

„Die Zahlen in Altersheimen gehen massiv nach oben, da ist viel versäumt worden“, kritisiert Oriold die Politik, auch Schulen hält er für Treiber der Pandemie.

An Kanzlerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder lässt Oriold kein gutes Haar. Er wirft ihnen „reinen Aktionismus“ und „planloses Handeln ohne Sinn und Verstand“ vor. Die Wirtschaftshilfen seien zu niedrig und kämen zu spät.

Kommt es zu Schließungen?

„Es wird starke Umsatzeinbußen geben“, sagt auch Achim Maaß, Oriolds Nachfolger als Sprecher der Laufer Einzelhändler. Auch er betont, wie wichtig das Weihnachtsgeschäft für den Handel ist, und geht davon aus, dass mancher Händler die Folgen des Shutdowns wirtschaftlich nicht überleben wird. „Im Januar und Februar werden wir einige geschlossene Läden sehen, auch in Lauf“, sagt Maaß.

Allerdings hätten sich die Laufer Händler in der vergangenen Woche bereits darauf eingestellt, dass der Shutdown kommt. Nun hofft Maaß, dass die Bürger den Geschäften nicht den Rücken kehren und mittels Telefon oder online einkaufen.

Kooperation mit der Gastronomie

Wie im ersten Shutdown im Frühjahr soll es wieder eine Zusammenarbeit mit der Gastronomie geben. So könnten bestellte Produkte zum Abholen in benachbarten Restaurants bereit stehen. Die Einzelhändler hätten nun per Telefon, E-Mail und Internet „mindestens den doppelten Aufwand und dafür weniger Einnahmen“, betont Maaß. Manche Händler kann man über Whatsapp erreichen, andere haben Chat-Tools auf ihrer Webseite.

Maaß wirbt für die Online-Plattform kaufinlauf.de. Mit dem Branchenprimus Amazon könne man zwar nicht mithalten, aber dennoch seien die Händler in der Kreisstadt gut aufgestellt: „Lauf bietet so gut wie alles.“

Handel, Schulen, Weihnachten, Silvester: Das gilt ab Mittwoch

Bund und Länder haben sich am Sonntag auf einen Shutdown vom 16. Dezember bis 10. Januar geeinigt. Damit gelten ab Mittwoch bundesweit folgende Bestimmungen:

Alle Geschäfte sollen vom 16. Dezember bis 10. Januar schließen – außer jene, die den täglichen Bedarf abdecken. Dazu gehören demnach unter anderem der Lebensmittel-Einzelhandel, Wochenmärkte und Direktvermarkter für Lebensmittel, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Tierbedarf, Apotheken, aber auch Babyfachmärkte, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker und Hörgeräteakustiker und Großhändler. Tankstellen, Auto- und Fahrradwerkstätten, Banken, Poststellen, Reinigungen, Zeitungsverkaufstellen und Waschsalons bleiben ebenfalls geöffnet. Auch Weihnachtsbäume dürfen weiter verkauft werden.

Betriebe, die Körperpflege anbieten, werden geschlossen. Dazu gehören etwa Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios. Allerdings sind notwendige Behandlungen weiter möglich, gemeint sind Physio-, Ergo und Logotherapien sowie Fußpflege.

Es gelten deutliche Kontakteinschränkungen an den Schulen und Kitas. Kinder sollen zu Hause betreut werden, sofern möglich. Daher werden Schulen geschlossen oder die Präsenzpflicht ausgesetzt. Der Beschluss sieht Notfallbetreuung und Distanzlernen vor.

Gleiches ist für Kitas geplant. Eltern sollen zusätzliche Möglichkeiten erhalten, für die Betreuung der Kinder bezahlten Urlaub nehmen zu können.


Private Zusammenkünfte sind weiterhin möglich, bleiben aber auf den eigenen und einen weiteren Haushalt beschränkt. Maximal sollen 5 Personen zusammenkommen. Kinder bis 14 Jahre zählen dabei nicht.

Über Weihnachten vom 24. bis 26. Dezember ist ein Treffen mit vier über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen aus dem „engsten Familienkreis“ und deren Kinder bis 14 Jahren erlaubt – auch aus mehr als zwei Hausständen. Dazu zählen Ehegatten und sonstige Lebenspartner sowie direkte Verwandte und deren Haushaltsangehörige.


An Silvester und Neujahr soll bundesweit ein Versammlungsverbot und ein Feuerwerksverbot auf bestimmten öffentlichen Plätzen gelten, die von den jeweiligen Städten und Gemeinden bestimmt werden. Der Verkauf von Böllern und anderer Pyrotechnik ist verboten.

In der Öffentlichkeit gilt ein Alkoholverbot, auch an Silvester. Verstöße sollen mit einem Bußgeld belegt werden.

Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften bleiben zulässig, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern gewahrt werden kann. Es gilt eine Maskenpflicht auch am Platz, der Gemeindegesang wird untersagt. Wenn volle Besetzung erwartet wird, sollen sich die Besucher anmelden.

Für Alten- und Pflegeheime sowie mobile Pflegedienste sind besondere Schutzmaßnahmen zu treffen. Der Bund unterstützt diese mit medizinischen Schutzmasken und wird Corona-Schnelltests bezahlen.
Die Länder führen zudem eine verpflichtende Testung mehrmals pro Woche für das Personal in den Alten- und Pflegeeinrichtungen an. In Regionen mit erhöhter Inzidenz müssen Besucher künftig einen aktuellen negativen Coronatest vorweisen.

Unternehmen, die direkt und indirekt von Schließungen betroffen sind, sollen durch höhere Wirtschaftshilfen entlastet werden. Die „Überbrückungshilfe III“ soll maximal 500 000 Euro betragen, vorher waren es 200 000 Euro.

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