HERSBRUCK – „Kleine Städte sind so bedroht wie noch nie“, meinte Anke Cornelius-Heide aus der schleswig-holsteinischen Stadt Meldorf am Rand einer Tagung in Hersbruck, bei der sich 17 Cittaslow-Vertreter aus ganz Deutschland trafen. Sie alle wollen das „Kulturgut Kleinstadt“ erhalten und setzen dabei ganz auf die Schnecke. Denn die steht nicht nur für Langsamkeit.
Nicht immer stößt die Schnecke als Symboltier der Cittaslow-Bewegung auf große Begeisterung, wird ihr doch eine gewisse Behäbigkeit nachgesagt. „Die Schnecke steht aber auch für Widerstandsfähigkeit und Geduld. Immerhin kommt sie über eine Rasierklinge ohne sich zu verletzen“, hebt Manfred Dörr, Bürgermeister der Stadt Deidesheim und Präsident von Cittaslow Deutschland, bei seinem Besuch in Hersbruck die positiven Seiten des kleinen Tieres heraus.
Ihre Herbsttagung hat die Vertreter von 17 lebens- und liebenswerten Kleinstädten diesmal nach Hersbruck gelockt. Hier befassten sie sich nicht nur mit neuen Projekten – ein Buch für Kinder und eines für Erwachsene sollen möglicherweise schon im kommenden Jahr erscheinen –, sondern auch mit den vielfältigen Herausforderungen, die vor allem die Corona-Pandemie mit sich gebracht hat. Denen will sich Cittaslow Deutschland mit einer klaren Botschaft stellen: „Wir wollen nicht immer mehr quantitatives Wachstum“, sagt Dörr. „Qualität vor Quantität“ lautet sein Credo. Die Marke „Made in Germany“ müsse mit neuem Leben gefüllt werden.
Qualität, Nachhaltigkeit, ein bewusster Umgang mit den Ressourcen, Digitalisierung sowie Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern – all das soll die Cittaslow-Gemeinden auf Dauer widerstandsfähiger machen, sagt Dörr. „Wir müssen dem Sog der Metropolregionen etwas entgegensetzen“, meint auch Anke Cornelius-Heide aus dem hohen Norden. Sie ist Dörrs Stellvertreterin im Vorstand von Cittaslow Deutschland.
Anstupser für Mitglieder
Auf der Tagung tauschten sich die Gäste zudem über aktuelle Projekte ihrer Mitgliedsgemeinden aus. Als „kleine Anstupser“ bezeichnet Jens Kamin aus Penzlin-Marihn (Mecklenburg-Vorpommern) diese Ideen. Auch Hersbrucks Bürgermeister Robert Ilg ist von dem Austausch mit seinen Kollegen angetan. „Wir stehen ja alle vor der gleichen Herausforderung: Wie bringen wir die Idee von Cittaslow zu den Bürgern?“, erklärt er.
Wo überall in Hersbruck Cittaslow zu spüren ist, durften die Tagungsgäste schließlich selbst erleben: Ein Besuch im Hirtenmuseum, beim Nahwärmenetz der Bürgerbräu und bei den Miniköchen stand auf dem Programm. Darüber hinaus gab es allerhand Wissenswertes über das Hutangerprojekt des Naturschutzzentrums Wengleinpark und die Initiative Heimat auf’m Teller. Denn eines sei laut Präsident Manfred Dörr allen Cittaslow-Vertretern klar: „Ziele nützen nichts, wenn sie nicht umgesetzt werden.“