Bodensee statt Karibik

Mit dem Flieger in den Süden? Für viele Urlauber blieibt das in diesen Tagen wegen des Flugverbots ein Traum. Das Foto entstand in Röthenbach.     Archivfoto: Fischer
Mit dem Flieger in den Süden? Für viele Urlauber blieibt das in diesen Tagen wegen des Flugverbots ein Traum. Das Foto entstand in Röthenbach. Archivfoto: Fischer2010/04/20100420_flugzeugueberoethenbach_big.jpg

NÜRNBERGER LAND (bu) – Mitarbeiter reisen mit dem Zug nach Istanbul, und Urlauber fahren an den Bodensee statt in die Karibik: Das Flugverbot der letzten Tage hat so manche Pläne kräftig durcheinandergewirbelt.

»Ja, einige Kollegen hat es erwischt», sagt Gerhard Knienieder, Geschäftsführer der Laufer Firma Emuge. Fünf Mitarbeiter sitzen im Ausland fest, darunter Knienieders Schwager, der aus Indien nicht wegkommt. Ein anderer wartet in Shanghai auf einen Flieger Richtung Heimat. »Wir stellen uns darauf ein, dass es noch ein paar Tage dauert», so der Firmen-Chef. Weil sich ein Termin nicht aufschieben ließ, reiste ein Mitarbeiter sogar mit dem Zug nach Istanbul. Fahrtdauer: rund zwei Tage. Wenigstens läuft die Fertigung bei Emuge weiterhin rund. »Wir liefern ein- bis zweimal pro Woche mit dem Flugzeug nach USA. Hier gibt es jetzt zwar Verzögerungen, aber Probleme entstehen dadurch noch nicht», so Knienieder.

Beeinträchtigungen ja, echte Schwierigkeiten nein: So auch der Tenor bei Sumitomo Demag in Schwaig. »Ein geplanter Besuch aus dem Mutterwerk in Japan musste abgesagt werden. Und wir haben zurzeit eine Delegation aus Boston zu Gast, von der wir nicht wissen, ob sie morgen zurückfliegen kann», heißt es aus dem Unternehmen. Die Auslieferung von Ersatzteilen an Kunden musste teilweise vom Flugzeug auf Lkws umgestellt werden.

In den beiden Röthenbacher Diehl-Werken spürt man die Flaute am Himmel dagegen kaum. »Der eine oder andere Termin fällt aus oder wir telefonieren eben, statt auf Dienstreise zu gehen», meint Unternehmenssprecher Michael Prymelski. Diehl-Produkte würden ohnehin – schon wegen ihres Gewichts – kaum mit dem Flugzeug transportiert.

Blumen allerdings schon – trotzdem gibt es hier noch kaum Engpässe. »Lediglich Lisianthus, ein Enziangewächs, und Ecuador-Rosen konnte unser Großhändler heute nicht liefern», heißt es bei Blumen Werner in Röthenbach. Die Lager seien wohl noch voll, Nachschub-Probleme werden – wenn überhaupt – erst in den nächsten Tagen erwartet. Viele Rosen-Arten, die in Deutschland verkauft werden, kommen aus Nigeria oder Kenia.

Nicht nach Afrika, aber nach New York wären Petra und Markus Stephan gern geflogen. Am Sonntag sollte die Reise für das Schwaiger Ehepaar vom Frankfurter Flughafen aus losgehen. Nach vier Tagen im »Big Apple» wollten sie weiter auf die Insel St. Maarten in der Karibik – jetzt radeln sie rund um den Bodensee. »Am Samstagnachmittag um 15 Uhr wurde der Flug annulliert», erzählt Petra Stephan. Auf den Kosten für die übers Internet gebuchte Reise bleiben die Stephans wohl zum großen Teil sitzen.

Turbulente Tage hat auch Evelyn Kittel-Kleigrewe hinter sich, Malerin und Fachaufsicht für die Horte und Kindergärten im Nürnberger Land. Sie wollte ihre Tochter in Paris besuchen und hatte dazu einen Flug über Berlin gebucht. Der Flieger am Donnerstag von Nürnberg in die Hauptstadt hob noch planmäßig ab, doch das dicke Ende kam, als sie schon in der Anschlussmaschine nach Paris saß: »Wir wurden per Durchsage über das Flugverbot informiert», erzählt Evelyn-Kittel Kleigrewe.

Sie verbrachte eine Nacht im Hotel, startete morgens um fünf erneut zum Flughafen, stand dort stundenlang am Check-In, um schließlich zu erfahren, dass wieder kein Flieger starten würde. »Da habe ich irre Schicksale mitbekommen, zum Beispiel von einem Mann, der unbedingt zu seiner sterbenden Mutter nach Mailand musste.» Beeindruckt hat sie die Hilfsbereitschaft der Berliner. In einem Café recherchierte ein Gast für sie mit seinem Laptop die aktuelle Lage am Flughafen, ein anderer lieh ihr sein Handy, weil ihr Guthaben nach unzähligen Telefonaten aufgebraucht war.

Nach einer weiteren Nacht in Berlin in der Wohnung einer Freundin trat Evelyn Kittel-Kleigrewe Samstagabend die Heimreise nach Nürnberg an – in einem hoffnungslos überfüllten Nachtzug. »Organisatorisch war das alles eine Katastrophe, menschlich gesehen aber ein schönes Erlebnis», bilanziert Kittel-Kleigrewe und fügt an: »Der Mensch plant und Gott lächelt.»

Trotz brechend voller Züge hielt sich der Ansturm von »Vulkanasche-Opfern» am Laufer Bahnhof Lauf/rechts in Grenzen. »Wir hatten vielleicht ein halbes Dutzend Kunden, die vom Flugzeug auf die Bahn ausweichen mussten», erzählt Klaus Zagel, darunter zum Beispiel zwei Reisende, die nach Zürich wollten.

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