ALTDORF – Das Ehepaar Anja und Dr. Markus Sandrock investiert 20 000 Euro in mobile Raumluftfilter für alle vierten Grundschulklassen, um so den drohenden Distanzunterricht zu verhindern. Nachahmer sind erwünscht.
Mit 20 000 Euro unterstützen Anja und Dr. Markus Sandrock die Grundschule Altdorf in diesen Corona-Zeiten. Mit der Großspende möchten sie für alle vierten Klassen mobile Luftraumfilter anschaffen, die sich in Operationssälen beim automatischen Luftaustausch bewährt haben, um den Präsenzunterricht der Kinder auch weiterhin zu gewährleisten. Ein wunderbares Zeichen der Solidarität, aber ganz so glatt, wie man glauben sollte, lief das Sponsoring bisher nicht.
Luftfilter : Tabor ist dafür
Dem Ehepaar ist aber das Wohl der Grundschüler so wichtig, dass es die Geräte schon bestellt hat, als noch gar nicht klar war, ob die Stadt diese Entscheidung mitträgt. Doch nun steht fest: Bürgermeister Martin Tabor befürwortet die Anschaffung, zunächst quasi als Pilotprojekt, und will sich – wenn sich die Filter als funktionstüchtig erweisen und auch das Gesundheitsamt sein Okay gibt – im Stadtrat dafür stark machen, dass alle Schulklassen, für die die Stadt der Sachaufwandsträger ist, solche Apparate erhalten, dann natürlich auf Kosten der Stadt, möglichst mit Fördermitteln und weiteren Sponsoren.
Wenn alles klappt, können die von Sandrocks finanzierten Filter bereits Ende nächster Woche übergeben werden, die drohende Klassenaufteilung mit Distanzunterricht, die vor drei Wochen angekündigt wurde, wäre vom Tisch.
Hofft zumindest Markus Sandrock. Der Altdorfer Internist und Kardiologe ist ziemlich fassungslos, dass die große Politik sich in den Sommermonaten nicht besser auf die zweite Covid-Welle vorbereitet hat. Die gültigen Empfehlungen für das regelmäßige Lüften – alle 20 Minuten für fünf Minuten – seien eine Beruhigungspille und auf keinen Fall ausreichend. „Nachweislich Quatsch“, nennt der Arzt das.
Was das Umweltbundesamt und die Bayerische Staatsregierung da nahelegen, möge helfen, um die CO2-Belastung in Räumen zu reduzieren, mit der Virenlast verhalte es sich allerdings anders. Und der Mediziner rechnet vor: Um eine akzeptable Luftverdünnung zu erreichen, müsste man sechsmal in der Stunde, also alle zehn Minuten, je nach Außentemperatur bis zu fünf Minuten die Fenster aufreißen.
Filter wie in den OPs
Als vernünftige Lösung bietet sich aus seiner Sicht der Einsatz der mobilen Raumluftfilter an, wie er sie aus OPs kennt. Sie tauschen sechsmal pro Stunde automatisch die Luft aus und besitzen auch eine Thermofunktion.
Auch eine weitere Ärztin aus Altdorf, deren Sohn das Leibniz-Gymnasium besucht und die sich Sorgen wegen der viralen Belastung im Klassenraum macht, spricht sich vehement für den Einsatz der Luftraumreiniger aus.
Optimal wäre aus ihrer Sicht das zusätzliche Verwenden von durchsichtigen Trennwänden, die zwischen den eng nebeneinander sitzenden Schülern montiert sein sollten.
Da es derzeit von höherer Stelle keine Bestrebungen gibt, die effektiven Filter anzuschaffen, haben Sandrocks nun beschlossen, den fünf vierten Klassen der Grundschule je ein solches 5000 Euro teures Instrument zu stiften.
Zunächst Skepsis bei der Stadt über Luftfilter
Bei Grundschulrektorin Carola Stöhr rannten sie damit offene Türen ein, bei der Stadt zunächst nicht. Dort hatte man noch die Stellungnahme des Robert Koch-Instituts im Hinterkopf, die über das Landratsamt an die Kommunen weitergegeben wurde und in der es heißt, die Filter könnten „flankieren“, würden das Lüften aber nicht ersetzen, erzählt Bürgermeister Tabor. Auch war er sich natürlich im Klaren darüber, dass bald alle anderen Klassen diese Apparate haben möchten, würden sie einer Klassenstufe gewährt. Und Christof Rothkegel, der Geschäftsleiter der Stadt, machte sich Sorgen wegen der Folgekosten.
Förderprogramm des Ministeriums
Doch nun beruft sich der Bürgermeister auf eine neuere Studie der Bundeswehr, die auch Markus Sandrock zitiert, in der bestätigt wird, dass gute Luftfilter effektiv sind. Zudem hat das Kultusministerium Ende Oktober ein Förderprogramm von 50 Millionen Euro aufgelegt, das mobile Luftreinigungsgeräte mit Filterfunktion bezuschusst, allerdings unter der Bedingung, dass es sich um Klassenräume handelt, die nicht ausreichend durch gezieltes Fensteröffnen gelüftet werden können. Erfreulich, aber auch mit einigem Interpretationsspielraum. Und, so befürchtet Markus Sandrock, bis da die Mittel fließen, kann es dauern.
Jetzt hofft das Ehepaar, das auch von einem Kollegen, dem Lungenfacharzt Dr. Dr. Markus Gasplmayr, kräftig in der Argumentation unterstützt wird, dass ihre Finanzierung der Filter als gutes Beispiel gesehen wird, dem andere finanzkräftige Altdorfer folgen werden. Der Lionsclub hat nach Aussagen Tabors bereits seine Bereitschaft signalisiert, mit Zuschüssen einzusteigen.
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„Konzeptionslose Politiker“
Auch wenn die Anschaffung der Filter nun auf einem guten Weg scheint, ist Sandrock dennoch über die, aus seiner Sicht, Konzeptionslosigkeit der Politiker an den Schaltstellen entsetzt. „Wenn ich so arbeiten würde, würden Menschen sterben und ich wäre meine Approbation schnell los“, macht er aus seinem Herzen keine Mördergrube. Süffisant merkt er auch an, dass man bei der Bestellung der Filter keinen genauen Liefertermin nennen konnte. Grund: Die Auftragslage ist straff, weil für die Staatsministerien und Behörden derzeit solche Apparate angeschafft werden.
Dafür, dass seine Frau und er sich so intensiv engagieren, gibt es mehrere Gründe. Dass seine Tochter eine der unterstützten vierten Klassen besucht, spiele dabei keine besondere Rolle. Doch diese Klassenstufe sei im Hinblick auf die Übertrittssituation an weiterführende Schulen generell eine ganz wichtige und „wir denken vor allem an die Kinder, die zu Hause keinen Rückhalt haben und bei einem erneuten Distanzunterricht hinten runterfallen“, versichert er.