Schlagzeuger Wolfgang Haffner spielt im Wallenstein-Rahmenprogramm

Platz für die Musik

Wolfgang Haffner, das absolute Zugpferd für das Wallenstein-Festspiel-Rahmenprogramm. | Foto: Gisa Spandler2018/06/Altdorf-Haffner-Wiech-1.jpg

ALTDORF – Zum Rahmenprogramm der Wallenstein-Festspiele werden dieses Jahr einige Hochkaräter aufgeboten. Der renommierteste Künstler, der gleichzeitig ein Heimspiel abliefert, ist zweifellos der Schlagzeuger, Komponist und Produzent Wolfgang Haffner, der Musikaffinen nicht vorgestellt werden muss. Der 52-Jährige, der mit namhaften Musikern zusammen gearbeitet hat, ständig auf der ganzen Welt tourt und zahlreiche Auszeichnungen abgeräumt hat, hat seinen Lebensmittelpunkt wieder mehr nach Altdorf verlegt und freut sich auf das Konzert auf der großen Bühne im Hof des Wichernhauses am Freitag, 27. Juli, um 20 Uhr.

Er hat Franken vermisst. Dies und noch einige andere Gründe haben dazu geführt, dass der vielseitige Drummer sich wieder mehr der Heimat zuwendet, auch wenn seine Liebe zu Spanien sich nicht nur in einem Zweitwohnsitz auf Ibiza manifestiert, sondern auch in seiner jüngsten Produktion. „Kind of Spain“ heißt die folgerichtig und wird über die Maßen gelobt.

Zum Beispiel von Soulbuddie Jörg Hoffmann, alter Freund des Musikers, der in der Musikbranche zu Hause ist und sich außerdem über das gute Miteinander der Altdorfer Kulturinitiativen freut. Diese kreative Harmonie lobt auch Haffner, vielleicht auch ein Grund, warum es ihn wieder back to the roots zieht. „Es könnte auch anders sein“, hat er die Erfahrung andernorts gemacht, wo Konkurrenz zwischen den Kulturschaffenden eine größere Rolle spielt aber dass in Altdorf Wallenstein-Festspielverein, Soulbuddies und andere Musik-Organisationen wie Brauhaus oder Kulturkreis an einem Stang ziehen, findet er äußerst produktiv.

Sein Konzert im Rahmen der Wallenstein-Festspiele ist seit vielen Festspiel-Saisons gesetzt. Da fühlt er sich zu Hause, da ist er extrem entspannt, da kommen die alten Freunde und Fans und natürlich auch immer wieder neue. Für alle hat er ein Programm zusammengestellt, das etwa zur Hälfte aus seiner neuesten Scheibe und zur Hälfte aus anderen Nummern besteht. An seiner Seite werden die Musiker-Freunde Roberto di Gioia (Piano), Christopher Dell (Vibraphon) und Christian Diener (Bass) zu hören sein, Kollegen, auf die er sich blind verlassen kann.

Lägst fälliges Projekt

Wenn der Schlagzeuger über die Entstehung seiner „Kind of Spain“-CD spricht, ist da viel Temperament und Begeisterung zu spüren, trotz aller Gelassenheit. Da wurde ein Herzensanliegen, ein längst fälliges Projekt realisiert, wenn auch wie gewohnt mit aller Professionalität. Wie setzt man die vielfältige spanische Musik für ein breites Publikum, das häufig nur den Flamenco mit spanischer Volksmusik verbindet, um, wie wird man den vielen Strömungen gerecht, wie hinterlässt man jazzige Duftnoten, wie schafft man es, die gängigen Olé-Klischees zu vermeiden?

Lange hat sich der Komponist mit diesen Fragen auseinandergesetzt und war sich zum Beispiel ganz sicher, ohne Kastagnetten auszukommen. Siggi Lich, der Chef seines Musik-Labels ACT, machte ihm hier einen Strich durch die Rechnung und forderte genau dieses Klappern, grinst Haffner, versichert aber, dass die auf der Platte nur als eine Art Jingle am Anfang auftauchen. Danach kommt dann er, der Schlagzeuger, der Arrangeur. Seiner selbst gestellten Aufgabe näherte er sich durch die Instrumentierung.

Weg von der klassichen Flamenco-Gitarre, denn die hätte er als Schlagzeuger nur begleiten können, hin zu gewagten Besetzungen, die er dann als gestaltender Drummer zu einem runden Ganzen zusammenfügt. Und so erlebt man die berühmte Flamenco-Pop-Nummer „Tres notas“ als Trio mit Klavier, er setzt Christopher Dell am Vibraphon ein, das an sich kein traditonell spanisches Instrument ist, und entschleunigt Chick Coreas „Spain“ zur Ballade.

Und dabei beantwortet er immer wieder die Frage: „Wie geht’s jazziger?“ Natürlich ist er als gewiefter Schlagwerker hier der Spezialist, unterlegt ein folkiges Gitarre-Klavierstück mit einer sparsamen Spur Schlagzeug und schon ist die Stilrichtung eine andere.

Mut zur Pause

Sparsam ist das richtige Stichwort. Haffner ist keiner, der seine Berechtigung als Drummer durch heftige Schlagzeuggewitter demonstrieren muss. Er ist der Band-Leader, gestaltet mit den Sticks, dirigiert mit den Besen und hat, was nicht viele Schlagwerker haben: Mut zur Stille, zur Pause. Die Arrangements sind daher zwar sparsamer konzipiert, wirken aber konzentrierter, intensiver. „Ich brauche Platz, in der Musik und im Leben“, drückt er es aus.

Er war vor ein paar Jahren auf dem besten Weg, sich diesen Platz selbst zu rauben. Wenn einer alles kann, was gefragt ist, nicht nur als guter Live-Schlagzeuger, sondern auch als Sideman, Produzent, Arrangeur, Komponist, mit eigenem Studio auch als Toningenieur, und zudem auch nicht nein sagen kann, dann bleibt über kurz oder lang etwas auf der Strecke. Nach einem gesundheitlichen Warnschuss fragte sich Haffner schließlich: „Was kommt zu kurz?“

Und fand ganz schnell die Antwort: Das Eigentliche, das Schlagzeugspielen, das, was er schon als kleiner Bub machen wollte, als er auf dem Waschpulverkarton der Mama seine ersten Trommelversuche unternahm. Also nochmals back to the roots, Studio verkauft, die Freundschaftsdienste für die Musiker-Kollegen radikal reduziert und ab sofort wieder ein Leben nur für die Musik als Schlagzeuger.

Das tut ihm gut, Wolfgang Haffner macht einen tiefenentspannten Eindruck, seit er das „Hamsterrad“ verlassen hat, wird aber dennoch lebhaft, wenn es um die Musik, die Musiker-Kollegen oder sein Publikum geht. Er kann den Moment wieder genießen, ganz besonders, wenn seine Zuhörer das auch tun. Das hat bei ihm einen ganz hohen Stellenwert, und er betont, dass jeder ein Recht auf hundert Prozent Wolfgang Haffner hat, egal wieviel er für ein Konzert bezahlt. Das hat für ihn mit Respekt zu tun. Er hat nicht vergessen, dass das Leben, das er lebt, ein Privileg ist, dass er seinen Traum leben darf, so banal wie das auch klingt, dass er dazu aber auch das Publikum braucht, das ihn hören will.

Das Gleiche gilt für die Musiker, mit denen er arbeitet. Ein technisch perfekter Egomane hat in seiner Band keinen Platz. Er braucht neben guten Musikern Teamplayer, die dennoch ausgeprägte Charaktere sind. Die kann er sich aussuchen in seiner Position, mit denen tourt er derzeit permanent um die Welt: Kommenden Sommer bleibt die Kapelle noch in Europa, von Oktober bis März gibt es drei Asientouren, Pakistan, Indien, Sri Lanka, Japan sind Stationen, danach geht es mit dem bekannten Bariton Thomas Quasthoff noch einmal nach Asien.

22 Asien- und 40 USA-Tourneen

Das ist Normalität für ihn und dennoch staunt er selber, wenn er zusammenzählt, dass er in den vergangenen 20 Jahren 22 Asien- und 40 USA-Torneen absolviert, daneben über 16 Solo-Alben veröffentlicht und auf über 400 Produktionen mitgewirkt hat. Was ein Wunder, dass es ihn zwischendurch immer wieder nach Franken zieht, um dort Spaß mit seinem Publikum zu haben: Das nächste Mal am Freitag, 22. Juni, im Kulturpalast Anwanden ab 21 Uhr.

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