LAUF – „Ich war fremd und ihr habt mich nicht beherbergt – Flucht und Asyl zwischen Auftrag und Überforderung“ war das Thema einer Talk-Runde im Gemeindezentrum St. Jakob in Lauf. Konkret ging es dabei auch um die derzeit rund 1500 Geflüchteten, die im Nürnberger Land in 30 dezentralen Unterkünften leben. Als Talk-Gäste geladen waren Landrat Armin Kroder und Diakon David Geitner, Ansprechpartner der Landeskirche für Kirchenasyl. Unter der Moderation von Pfarrerin Lisa Nikol-Eryazici und Thorsten Franke tauschten die beiden Talk-Gäste ihre Ansichten aus.
Doch bevor es ans Diskutieren ging, stellte eine Teilnehmerin zu Beginn dar, wie sie und ihre Familie im Jahr 2015 einen damals 14-jährigen unbegleiteten Geflüchteten aus Syrien aufgenommen haben. Sehr authentisch, so die Evangelische Kirchengemeinde, habe sie geschildert, wie es dem minderjährigen Geflüchteten und ihrer Familie während dieser Zeit ergangen war.
Sie brachte ihre große Freude darüber zum Ausdruck, dass der heute 22-Jährige über eine abgeschlossene Ausbildung verfügt und berufstätig ist. Landrat Armin Kroder lobte das Engagement der Familie und sprach von einem „atemberaubenden Impuls“.
110 Millionen Menschen flüchten
Zur besseren Einordnung der Thematik war es den Gesprächsteilnehmern wichtig, auf einige Zahlen zu blicken. Während 1990 weltweit 14 Millionen Menschen auf der Flucht waren, seien es heute rund 110 Millionen, so die Kirchengemeinde. In Deutschland wurden 2023 knapp 330.000 Erstanträge auf Asyl gestellt. Die Anerkennungsquote liegt bei 72 Prozent.
Gründe für den Anstieg seien die Zunahme bewaffneter Konflikte, der Anstieg autokratisch regierter Länder und der Klimawandel, der den Menschen in manchen Ländern Lebensgrundlagen entzieht. Landrat Kroder berichtete von den Bemühungen des Landkreises, die Geflüchteten entsprechend den Einwohnerzahlen gleichmäßig auf die Städte und Gemeinden zu verteilen. Doch wegen Kritik vor Ort sei das oft nicht einfach. Kritische Stimmen, hob er hervor, würde man sehr ernst nehmen. Seitens des Landkreises werde versucht, in Gesprächen mit den Menschen „tragbare Lösungen“ zu finden.
Kroder wies außerdem darauf hin, dass es außer der Notunterkunft in einer Tennishalle in Lauf im Landkreis keine Zelte oder belegte Turnhallen gibt, in denen derzeit Flüchtlinge unterkommen müssen. Die Aufgaben im Zusammenhang mit Geflüchteten seien für die Kommunen „echt fordernd“, stellten aus seiner Sicht aber keine Überforderung dar.
Kritisch sehen sowohl Armin Kroder als auch Diakon David Geitner das Arbeitsverbot für Geflüchtete. Dass sie nicht arbeiten dürfen, sei nicht nur für die Geflüchteten selbst unbefriedigend. Auch sei es mit Blick auf den Arbeitskräftemangel unbefriedigend. Ein „erster kleiner Schritt zur Integration“, schreibt die Kirchengemeinde in einer Meldung weiter, sei die Tatsache, dass Geflüchteten nun Arbeitsgelegenheiten angeboten werden dürften.
Asylsuchenden komme das entgegen, „weil sie empfinden, eine Gegenleistung für ihre Aufnahme erbringen zu können“. Auch könne damit dem von manchen Bevölkerungskreisen geäußerten Vorwurf entgegnet werden, Geflüchtete würden unser Sozialsystem ausnutzen.
Übereinstimmend bemängelten die Gesprächspartner auch, wie von politischer Seite und auch in sozialen Netzwerken mit einfachen Phrasen das Thema „Flucht und Asyl“ schlecht geredet werde. Deutschland sei ein Einwanderungsland und werde angesichts der demografischen Entwicklung in Zukunft nicht ohne Zuwanderung auskommen. Es sei daher erforderlich, das Thema positiv und verstärkt zukunftsorientiert zu diskutieren, waren sich Landrat Kroder und Diakon Geitner einig.