SCHNAITTACH — Runder Geburtstag im Schnaittachtal: Heute vor genau 120 Jahren, am 5. Dezember 1895, fuhr zum ersten Mal ein Zug von Neunkirchen am Sand auf der Nebenstrecke über Schnaittach nach Simmelsdorf. Bis in die 1990er Jahre war die Schnaittachtalbahn immer wieder von der Einstellung bedroht. Heute fahren hier stündlich moderne Regionalzüge von Simmelsdorf bis nach Nürnberg.
Die Geschichte der Strecke geht bis auf das Jahr 1870 zurück, als eine direkte Bahnverbindung zwischen Nürnberg und Bayreuth geplant wurde. Neben einer Streckenführung über Schnaittach, Simmelsdorf, Betzenstein und Pegnitz standen drei weitere Varianten zur Wahl. Schließlich wurde am 15. Juli 1877 die heutige Strecke von Nürnberg durch das Pegnitztal über Hersbruck, Neuhaus und Pegnitz nach Bayreuth eröffnet.
Besonders in Schnaittach war man natürlich davon enttäuscht, denn die Marktgemeinde hatte damals bereits rund 1700 Einwohner und einen regen Handel. Als Ersatz bezeichnete man den fünf Kilometer entfernten Bahnhof in Neunkirchen am Sand bis zum Jahr 1970 als „Schnaittach Bahnhof“.
Die Schnaittacher setzten sich jedoch weiter für einen direkten Bahnanschluss ein. Da ein Endpunkt in Simmelsdorf einen größeren Einzugsbereich erschließen und ein höheres Ertragspotenzial als eine nur fünf Kilometer lange Strecke Neunkirchen–Schnaittach bieten würde, einigte man sich im Jahr 1892 auf den Bau einer Stichstrecke von Neunkirchen nach Simmelsdorf. Diese wurde am 5. Dezember 1895 eröffnet. Drei Züge pro Tag fuhren damals pro Richtung, gezogen von Dampflokomotiven. 1963 wurden diese durch Dieselloks ersetzt. Gleichzeitig begann nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Automobil der schleichende Niedergang der einst fortschrittlichen Bahn im Schnaittachtal.
Immer wieder wurden einzelne Züge gestrichen oder Gleise abgebaut. Im Jahr 1984 stellte die Deutsche Bundesbahn den Personenverkehr am Wochenende ein, 1994 folgte der Güterverkehr. Was die Bundesbahn stets damit begründete, „den Unterhalt der Strecke wirtschaftlicher zu gestalten und die Strecke damit in ihrer Existenz zu sichern“, war damals für kritische Eisenbahnfreunde nur „Salami-Taktik“, der scheibchenweise Rückbau.
In den 1980er Jahren setzte ein Umdenken ein, denn der platz- und energieintensive Autoverkehr führte zu zunehmenden Umweltproblemen. Die Eisenbahn erlebte ihre Renaissance: Am 29. Mai 1991 startete die Bundesbahn mit dem 280 km/h schnellen InterCityExpress (ICE) zwischen Hamburg und München in Deutschland das Hochgeschwindigkeitszeitalter. Mit dem türkisweißen Pendolino zog ab 31. Mai 1992 das moderne Eisenbahnzeitalter auch im Pegnitztal ein. Gleichzeitig führte die Deutsche Bahn den Stundentakt zwischen Simmelsdorf und Neunkirchen ein, strich allerdings alle Direktverbindungen nach Nürnberg.
Zum 100-jährigen Jubiläum der Strecke im Jahr 1995 feierte das Schnaittachtal ein großes Fest und die Eisenbahnlinie kehrte ins Bewusstsein der Bevölkerung zurück. Bahn und Politiker stellten in Festreden ab Juni 1996 große Verbesserungen in Aussicht, die jedoch nicht realisiert wurden. Als dann auch noch ein gut besetzter Pendlerzug gestrichen werden sollte, um das Ausweichgleis in Schnaittach einzusparen, regte sich Widerstand in der Bevölkerung.
Aus der Protestbewegung heraus gründete sich am 25. Juni 1996 die Interessengemeinschaft Schnaittachtalbahn (IGSB) e.V. mit dem Ziel, die Strecke zu erhalten und zukunftsfähig zu gestalten. Dazu entwickelten die Vereinsmitglieder Bernd Loos (Schnaittach), Dominik Sommerer (Simmelsdorf) und Mathias König (Neuhaus) ein 52 Seiten starkes Zukunftskonzept, das der Verein nach einjähriger Arbeit 1998 öffentlich und in den politischen Gremien vorstellte.
Kernidee des Konzeptes war, dass die Strecke nur erhalten werden kann, wenn genügend Fahrgäste mitfahren. die Bevölkerung wollte mehrheitlich aber eben nicht nach Neunkirchen fahren, wo fast alle Züge endeten. Tägliche schnelle Direktverbindungen von Simmelsdorf über Lauf nach Nürnberg mit einer Fahrzeit von nur noch 33 statt 56 Minuten im leicht merkbaren Stundentakt sollten die erforderliche Nachfrage generieren.
Auch bei der Stadt Lauf rannte der Verein offene Türen ein, beinhaltete das Konzept doch eine schnelle Non-Stop-Verbindung nach Nürnberg als Ersatz für den nie realisierten Pendolino-Halt.
Im Jahr 2000 gelang dem Verein dank politischer Unterstützung ein Durchbruch, indem drei Direktverbindungen in den Fahrplan aufgenommen wurde. Im Juni 2001 passierte das Unglaubliche und die Züge fuhren montags bis freitags stündlich ohne Umsteigen mit allen Halten zwischen Simmelsdorf und Nürnberg. Ab Dezember 2002 wurde die Verbindung weiter beschleunigt. Mit modernen Fahrzeugen begann im Jahr 2008 eine neue Ära auf der Schnaittachtalbahn. Die Züge fahren seither auch am Wochenende stündlich bis Nürnberg und es gibt wieder Abendverbindungen.
Ausschreibung läuft
Das heutige Zugangebot ist bis Juni 2019 von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), einem Unternehmen des Freistaats Bayern, bei DB Regio bestellt. Derzeit läuft die Wiederausschreibung und in Kürze wird die BEG entscheiden, welches Eisenbahnunternehmen bis zum Jahr 2031 die Regionalzüge rechts der Pegnitz und im Schnaittachtal fahren wird.
Um Bayreuth besser an Nürnberg anzubinden, gibt es allerdings ab 13. Dezember samstags und sonntags bei fast allen Verbindungen der Schnaittachtalbahn wieder einen Umsteigezwang in Neunkirchen. Bei der IGSB rechnet man mit 15 bis 30 Prozent weniger Reisenden. Es bleibt zu hoffen, so ein Sprecher der Interessengemeinschaft, dass die Entscheidung revidiert wird und Züge bald wieder am Wochenende durchfahren und „damit die Erfolgsstory fortgeschrieben werden kann“. Dominik Sommerer