ALTDORF – Der Altdorfer Stadtrat hat das Outlet-Vorhaben gestoppt. Nach zweistündiger Diskussion lehnten die Bürgervertreter den CSU-Antrag für ein Ratsbegehren ab, über das es zum Bürgerentscheid über das Projekt gekommen wäre. Eine große Mehrheit (17 Stadträte und der Bürgermeister) stimmte für die Weiterverfolgung der Pläne von Professor Hubert Kress, die ein konventionelles Gewerbegebiet an der Nürnberger Straße vorsehen.
Thomas Müller hatte bereits eine Viertelstunde über die Voraussetzungen für ein Raumordnungsverfahren und dessen einzelne Schritte vor dem Altdorfer Stadtrat referiert. Dann sagte der Abteilungsleiter für Landes- und Regionalplanung bei der Regierung von Mittelfranken den entscheidenden Satz: „Dieses Projekt ist zu groß dimensioniert.“ Gemeint war das vom spanischen Immobilienunternehmen Neinver geplante Marken Outlet vor den Toren Altdorfs an der Nürnberger Straße.
Gegen die Landesplanung
Wie berichtet peilen die Spanier für den Standort Altdorf ein Outlet mit rund 13.000 Quadratmetern Verkaufsfläche an. Das steht aber nicht mehr im Einklang mit dem, was die Landesplaner für den Einzelhandel vorsehen. Festgeschrieben ist das im Landesentwicklungsprogramm Bayern, das für eine Stadt von der Größe Altdorfs zwar auch großflächigeren Einzelhandel vorsieht, aber lange nicht so umfangreich, wie mit einem Outlet realisiert würde. Etwa 6000 Quadratmeter Verkaufsfläche wären wohl möglich, so Uwe Werner, Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbands Bayern, weniger als die Hälfte dessen, was Neinver plant.
Kann man unter diesen Voraussetzungen ein Projekt überhaupt noch weiter verfolgen? Für die Stadträte ergaben sich eine ganze Reihe von Fragen, kein Wunder, mussten sie doch anschließend darüber entscheiden, ob man dem Antrag der CSU für ein Ratsbegehren zum Outlet folgen sollte oder nicht. Dieses Verfahren hätte einen Bürgerentscheid nach sich gezogen, über den die Altdorfer selbst hätten bestimmen können, ob ein Designer Outlet an der Nürnberger Straße entstehen kann oder nicht.
„Guter Weg“
Deutlich wurde im Verlauf der Diskussion, dass viele Stadträte zunächst die Tragweite von Müllers Äußerung über die „Einzelhandelsverträglichkeit“ eines Outlet gar nicht erfasst hatten. Sowohl der CSU-Fraktionschef Thomas Kramer wie Martin Tabor von der SPD und Thomas Dietz (FW/UNA) sahen in einem Bürgerentscheid zum Outlet einen guten Weg – wenn auch zuvor einige Dinge noch zu klären seien: die Abwasserproblematik etwa oder die mögliche Rückzahlungsverpflichtung von Mitteln aus der Städtebauförderung. Darauf wiesen Dietz und Tabor hin. Auch Dr. Bernd Eckstein lobte die Vorzüge einer Entscheidung durch die Bürger. Weil es um die Zukunft Altdorfs gehe, sei das ganze doch ein Paradebeispiel für einen Bürgerentscheid. Dem schloss sich Dr. Peter Wack (FW/UNA) später an.
Als dann aus den Reihen der CSU schwere Bedenken gegen den eigenen Antrag für ein Ratsbegehren geäußert wurden, kippte die Stimmung. Kann man die Bevölkerung über ein so komplexes Thema wie das Outlet abstimmen lassen, auch vor dem Hintergrund, dass das Projekt offenbar keine Chance auf Realisierung hat? Diese Frage stellte Dr. Johann Pöllot in den Raum: „Mein Glaube an Volksentscheide ist seit dem Brexit erschüttert.“ Ein Designer Outlet an der Nürnberger Straße ist Pöllot ein Graus. Er befürchtet, dass Altdorf seine Seele verliert, nicht mehr die liebenswerte Kleinstadt bleiben kann, die es jetzt ist. „Wollt Ihr denn täglich Altstadtfest?“ fragte der altgediente CSU-Stadtrat in die Runde.
Viele wollen das nicht, die Stadträte der Grünen (Margit Kiessling, Horst Topp und Eckard Paetzold) bekräftigten ihre Ablehnung des Neinver-Projekts, Michael Gleiss und Karin Völkl (SPD) ebenfalls, und auch Kurt Eckstein (CSU) warnte noch einmal vor dem Outlet Vorhaben. Allein Dr. Bernd Eckstein sprach sich bis zum Ende der Debatte für das Projekt aus: Wenn man sich in der Bevölkerung umhöre, dann bekomme man doch mit, dass weite Teile der Altdorfer für das Outlet seien, so der Stadtrat aus Rasch, der sicher kommen sah, was dann folgte: Am Ende gab es nur sieben Stimmen für ein Ratsbegehren zum Outlet. 18 dagegen stimmten für die Weiterverfolgung der Pläne von Professor Hubert Kress, die an der Nürnberger Straße ein konventionelles Gewerbegebiet mit sechs Gewerbegrundstücken und im vorderen Bereich eine Stadthalle und ein Hotel vorsehen.
Kommt ein Bürgerbegehren?
Ob es nun doch noch einen Bürgerentscheid zum Outlet geben wird, ist offen. Dazu müssten im Rahmen eines Bürgerbegehrens Unterschriften gesammelt werden. Um einen Bürgerentscheid zum Outlet in Gang zu setzen, müssten neun Prozent der Altdorfer Wahlberechtigten unterschreiben.
Wegen seiner Auswirkungen auf den Einzelhandel steht dem Outlet im Zuge des Raumordnungsverfahrens eine offenbar nicht zu nehmende Hürde entgegen. Dieses Hindernis ließe sich nur über ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren überwinden. Die oberste Landesplanungsbehörde kann im Einzelfall nämlich in einem besonderen Verfahren die Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen. Die Entscheidung liegt dann beim Finanz- und Heimatministerium von Markus Söder.
Am Ende blieb eine entscheidende Frage offen: Warum hat den Altdorfern nicht schon vor Monaten jemand erklärt, dass ein Outlet in der von Neinver geplanten Größenordnung kaum Chancen auf Realisierung hat? Thomas Müller hätte seinen entscheidenden Satz schon im Februar sagen können, als die Diskussion um das Neinver-Projekt begann.