Podiumsdiskussion in Behringersorf

Munteres Frage-Antwort-Spiel vor der Wahl

Auf dem Podium stellten sich Elmar Hayn, Kerstin Gardill, Uwe Halla, Andreas Neuner, Ivona Papak und Angelika Feisthammel den Fragen von Hans Zeller und Alexandra Sopp (von links). | Foto: Buchner-Freiberger2018/09/podiumsdiskussion-landtagskandidaten-nurnberg-ost.jpg

BEHRINGERSDORF — Wie kann bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden? Wie begegnen wir dem Klimawandel? Zu diesen und anderen Fragen nahmen bei einer Podiumsdiskussion im Behringersdorfer Bürgersaal fünf Landtags- und eine Bezirkstagskandidatin Stellung. Organisiert hatte den Abend die örtliche Agenda 21.

Auf dem Podium saßen Ivona Papak für die CSU, Kerstin Gardill für die SPD, Angelika Feisthammel für die Freien Wähler, Elmar Hayn für die Grünen, Andreas Neuner für die FDP und Uwe Halla für die Linken (eine Kurzvorstellung der Kandidaten siehe Kasten). Eingeladen hatten die Veranstalter auch die AfD, die jedoch keinen Vertreter schickte. Die Teilnehmer stellten sich den Fragen von Hans Zeller, der zehn Jahre lang in Schwaig als Pfarrer tätig gewesen war, sowie von Alexandra Sopp, Mittelschullehrerin und aktives Agenda-21-Mitglied. Außerdem konnten die Zuhörer, die trotz des warmen Spätsommerabends sehr zahlreich in den Bürgersaal gekommen waren, direkt Fragen einbringen – und sie hakten zum Teil kritisch und gut informiert nach. Die Zeit zum Antworten war denkbar knapp: Nach gerade mal einer Minute piepste für jeden Kandidaten unbarmherzig die Uhr.

Um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Menschen aus niedrigen Einkommensschichten oder mit Behinderung ging es in der ersten Fragerunde. „Das Einzige, was hilft, ist zu bauen. Da muss der Freistaat ran, der lässt die Kommunen zu sehr im Regen stehen“, forderte Kerstin Gardill. Ivona Papak verwies auf das neu eingeführte Baukindergeld, das Familien entlaste, und warnte vor einer „Ghettoisierung“ durch Neubauten am Stadtrand. Die CSU wolle stattdessen den ländlichen Raum stärken. Für seine Meinung, dass sozialer Wohnungsbau auch mit privaten Investoren möglich sei („Beim Staat hat das nicht prickelnd funktioniert“), und dass Nürnberg noch eine „normal-gesunde Struktur bei den Mieten“ habe, erntete FDP-Mann Neuner zweifelnde Zwischenrufe.

Wenig Unterstützung

Inklusion und Bildungsgerechtigkeit war der zweite Themenkreis. Auch zwölf Jahre nach Verabschiedung der EU-Behindertenkonvention sei hier wenig umgesetzt, beklagte Moderatorin Alexandra Sopp, die Schulen erfahren wenig Unterstützung. Außerdem sei es noch immer so, dass die Herkunftsfamilie über die Bildungschancen eines Kindes entscheide. Dass die Schulen allein gelassen würden, bestätigte Angelika Feisthammel. Darüber hinaus seien beim Thema Inklusion einfach „zu wenig Betroffene im Boot“. Ihrer Meinung nach müssten die Übergänge zwischen den Regel- und den Förderschulen (Letztere haben für Feisthammel noch immer ihre Berechtigung) fließender werden.

Fast alle Kandidaten waren sich einig: Der Staat muss auch hier mehr Geld in die Hand nehmen, für kleinere Klassen, mehr und anders ausgebildete Lehrer, eine Modernisierung der Schulgebäude (Stichwort Digitalisierung) sowie einen kostenlosen Kindergartenbesuch (Uwe Halla). Es sei nicht in Ordnung, Lehrer mit befristeten Verträgen abzuspeisen, sagte Elmar Hayn. Kerstin Gardill forderte eine deutlich spätere Trennung der Kinder („frühestens nach der 6. Klasse“) sowie die verpflich­tende Ganztagsschule.

Einen schweren Stand auf dem Podium hatte CSU-Bezirkstagskandidatin Ivona Papak, die für den Landtags-Direktkandidaten, Ministerpräsident Markus Söder, eingesprungen war. Ihre Argumentation, dass bayerische Erzieherinnen 500 Euro mehr verdienen als Kolleginnen in anderen Bundesländern und damit fast ein Gehalt hätten wie Bachelor-Absolventen beim Berufseinstieg, wollten einige im Publikum nicht recht glauben. „Bayern bezuschusst schon jetzt jeden Krippenplatz für unter Dreijährige mit 1250 Euro“, sagte sie. Die Eltern zahlten mit 200 bis 300 Euro im Monat ohnehin nur einen „Zuschuss“, dieser werde aber dringend gebraucht.

„Es gibt genug Lehrer, aber keine Planstellen, also werden wir mit Referendaren zugeballert“, kritisierte ein Zehntklässer aus dem Publikum. Es seien gerade mal zwei Prozent der Lehrer in befristeten Anstellungsverhältnissen, argumentierte Ivona Papak, und das auch „nur“ im Realschul- und Gymnasialbereich. In Grund- und Mittelschulen dagegen fehle der Lehrernachwuchs, was am strengen Numerus clausus einerseits und an den geringeren Verdienstmöglichkeiten andererseits liege. „Die CSU ändert diese Strukturen, aber das geht nicht von heute auf morgen“, sagte Papak, ein Satz, den sie an diesem Abend öfter wiederholte.

„Wie begegnen wir dem Klimawandel?“, war ein weiteres Thema des Abends. „Indem wir die Power-to-Gas-Technologien fördern, die 10h-Abstandsregelung bei den Windkraftanlagen kippen und einen kostenfreien ÖPNV mit einer höheren Taktung einführen“, sagte Uwe Halla. Gleichzeitig müsse der Ressourcenverbrauch deutlich reduziert werden, weg von der Konsumgesellschaft. Man könnte 20 der schmutzigsten Kraftwerke schon jetzt abschalten, ohne dass es zu Engpässen komme, betonte Elmar Hayn, der außerdem forderte, Ackergifte wie Glyphosat bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren und Kopenhagen oder die Niederlande als Vorbild für neue Radwegekonzepte nannte.

Umstrittenes Polizeigesetz

Ein bisschen hitziger wurde die Diskussion dann, als es um das Thema Sicherheit und Grundrechte ging. Er habe den Eindruck, dass man aktuell die Grundrechte ganz besonders vor der CSU schützen müsse“, so Uwe Halla, der sich mit den Vertretern von Grünen, FDP und SPD einig war, dass man einen Großteil des umstrittenen Polizeiaufgabengesetzes zurücknehmen müsse. Sicherheit dürfe nicht zu Lasten der Grundrechte gehen, betonte Elmar Hayn. Um ein Mehr an Sicherheit zu erreichen, forderte Andreas Neuner eine bessere länderübergreifende Zusammenarbeit der Polizei und dass der Staat, angesichts der Vorfälle von Chemnitz, sein Gewaltmonopol wieder besser durchsetze – gegen Gewalt von links, rechts und auch gegen ausländische Straftäter. Eine verbesserte Ausstattung wünschten sich aber alle Teilnehmer. „Wir fordern für Nürnberg 500 Polizisten mehr“, so Kerstin Gardill.

„Was ist in einer Demokratie höher zu bewerten: der Wunsch nach Sicherheit oder Freiheit?“, fragte ein Besucher. Man könne beides nicht voneinander abkoppeln, antwortete Ivona Papak. Und angesprochen auf das Thema Asylpolitik bezog sie Stellung: „Wir müssen den Menschen die Möglichkeit geben, bei uns zu überleben, während in ihrer Heimt Krieg ist. Aber ihre Herkunftsländer brauchen sie, deshalb müssen sie irgendwann zurück.“ Afghanistan sei aber kein sicheres Land, betonte Elmar Hayn, der der Forderung der Grünen nach einem Einwanderungsgesetz Nachdruck verlieh. „Wie viele Länder auf dieser Welt sind nicht sicher?“, meinte Andreas Neuner und führte als Beispiel Mexiko an, wo mehr Menschen gewaltsam ums Leben kämen als in Afghanistan. Angelika Feisthammel warnte allerdings, es könne nicht sein, dass Azubis aus Betrieben herausgerissen und abgeschoben würden. Sie kritisierte, dass der Entwicklungshilfeetat um die Hälfte gekürzt worden sei. „So kann eine Stabilisierung der Lage in den Ländern vor Ort nicht gelingen.“

Direktkandidat Söder

Wenn am 14. Oktober der Bayerische Landtag neu gewählt wird, bekommt der Stimmkreis Nürnberg-Ost, zu dem Rückersdorf sowie Schwaig-Behringersdorf gehören, auf jeden Fall einen (oder mehrere) neue Vertreter, denn die bisherigen Abgeordneten Hermann Imhof (CSU) und Angelika Weikert (SPD) treten nicht mehr an. Als sicher gilt, dass Markus Söder das Direktmandat für seinen Wahlkreis holt. Offen ist, ob andere Abgeordnete über die Liste den Sprung in den Landtag schaffen.

 

Auf dem Podium

Ivona Papak (CSU): Die 41-Jährige saß in Vertretung von Ministerpräsident Markus Söder auf dem Podium, der Landtagskandidat im Nürnberger Osten ist. Die Erzieherin für verhaltensauffällige Kinder kandidiert für den Bezirkstag. Sie kam einst als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Bosnien nach Deutschland. Ihre politischen Schwerpunkte: Soziales und Familienpolitik.

Kerstin Gardill (SPD): Die alleinerziehende Mutter zweier Kinder lebt in Altdorf und arbeitet im Büro von Bundestagsabgeordneter Gabriele Heinrich. Sie ist 42 Jahre alt. Sie setzt sich vor allem für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schnell man auch im reichen Deutschland in existenzielle Nöte kommen kann.“

Angelika Feisthammel (FW): ist eigentlich die Landtagskandidatin für das Nürnberger Land und vertrat auf dem Podium die Direktkandidatin Marion Kuhnert. Sie ist von Geburt an auf den Rollstuhl angewiesen, sitzt im Burgthanner Gemeinderat sowie im Kreistag. Inklusion in allen Bereichen sowie die Ärzteversorgung auf dem Land sind ihre Schwerpunktthemen.

Elmar Hayn (Grüne): Der 47-Jährige ist Vater von vier Kindern und Vorstand einer ökologisch-sozialen Wohnungsbaugesellschaft. Aufgewachsen ist er in Neuhaus. Sein Hauptaugenmerk gilt der Umweltpolitik, speziell der Energiewende. „2030 100 Prozent erneuerbare Energien, das ist machbar“, sagt er.

Uwe Halla (Linke): 39 Jahre alt, Elektroingenieur. Für den Nürnberger ist ungerechte Vermögensverteilung ein wichtiges Wahlkampf­thema, außerdem Wirtschafts-, Umwelt- und Arbeitspolitik.

Andreas Neuner (FDP): Jahrgang 1978. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Rückersdorf, wo er eine Immobiliengesellschaft leitet. Außerdem ist er als Stadtführer in Nürnberg tätig. Bildung und Wohnen bezeichnet er als seine Schwerpunkte.

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