In Diepoltsdorf

Eine Mühle mit 700 Jahren Tradition

Der Müller und sein Produkt: Werner Übler (67) stellt das Mehl für seine Holzofenbrote noch selbst her.
Der Müller und sein Produkt: Werner Übler (67) stellt das Mehl für seine Holzofenbrote noch selbst her. | Foto: Andreas Sichelstiel2019/06/DSC_2781.jpg

DIEPOLTSDORF — Werner Übler aus Diepoltsdorf ist vielleicht nicht der Letzte seiner Zunft, aber sein Betrieb in dem 340-Einwohner-Dorf im oberen Schnaittachtal ist einzigartig: Der 67-jährige Bäckermeister und Müller stellt das Mehl für seine Holz­ofenbrote noch selbst her – in der alten Diepoltsdorfer Mühle, die eine 700-jährige Geschichte hat.

Fast wirkt die Mühle mit ihren Walzenstühlen aus den Fünfzigern und der Transmission, an der allerdings kein Wasserrad mehr hängt, wie ein Technikmuseum. Doch reif fürs Museum fühlt sich der Müller noch nicht. Er hält die Technik am Laufen. Auch wenn das mitunter schwierig ist: „Wenn ich nach einem bestimmten Ersatzteil frage, lachen die Leute manchmal am Telefon. Diese Teile gibt es gar nicht mehr.“

Oft scheitert es schlicht an der Größe: Mühlen sind heute Indus­triebetriebe. Das sogenannte Becherwerk zum Beispiel, welches das Getreide und das Mehl transportiert, ist bei ihnen auf zigtausende Tonnen im Jahr ausgelegt. In der Diepoltsdorfer Mühle schafft Übler, wenn er durcharbeitet, eine Tonne am Tag. Seine Fördermaschine ist winzig im Vergleich zu jenen Geräten, die in der Ergoldinger Rosenmühle stehen, die bis zu 200 000 Tonnen Roggen und Weizen im Jahr vermahlt und an Supermärkte ausliefert.

Ein handwerkliches Produkt

Doch der Diepoltsdorfer, der in Nürnberg Bäcker gelernt hat und Müller in der Barthschen Kunstmühle in Lauf, schwört auf das eigene Produkt: „Wenn ich fremdes Mehl zukaufe, dann bringe ich den Geschmack meines Brots nicht mehr her.“ Tatsächlich greift sich das Üblersche Mehl ganz anders als ein Supermarktprodukt. „Es hat eine andere Farbe, es ist griffig, man merkt, da steckt Material drin“, sagt Joachim Gribl vom Dorfverein. Er hat den Müller überredet, an Pfingstmontag, dem Deutschen Mühlentag, seine Tür zu öffnen – eine Premiere.

Das Herstück der Mühle: die Walzenstühle. | Foto: Andreas Sichelstiel2019/06/DSC_2805.jpg

Gribl hatte ein gutes Argument: das Diepoltsdorfer Jubiläumsjahr. Wie der Ort selbst wurde auch die Mühle zum ersten Mal vor 700 Jahren urkundlich erwähnt. Damals gehörte sie einer reichen Nürnbergerin, die sie dem Deutschen Orden vermachte. In Besitz der Familie Übler beziehungsweise deren Vorfahren kam sie 1882. Vielen Diepoltsdorfern noch gut in Erinnerung ist Üblers Mutter, die „Mühlkuni“. Im Zweiten Weltkrieg soll sie so mancher Familie geholfen haben, indem sie mehr als die vorgeschriebenen Brotrationen austeilte. Bis kurz vor ihrem Tod 2007 stand Kunigunde Übler im Laden und verkaufte Brote.

Auch heute noch ist die Bäckerei ein Familienbetrieb: Gisela Übler, die Frau des Müllers, arbeitet ebenso mit wie Sohn Norbert, gelernter Bäcker. Zusammen backen sie im Holz­ofen das klassische Roggenmischbrot aus zweistufigem Natursauer­teig, aber auch Mehrkorn-, Nuss-,
Kürbiskernbrot und Weißbrot. Die Kunden kommen oft von weit her, aus Ansbach oder Nürnberg. Auch Bauernmärkte beliefert die Familie.

„Bei uns ist jedes Brot ein Unikat“, sagt Werner Übler, „die Kunden schätzen das“, ergänzt seine Frau. Wichtig ist vielen aber noch ein anderer Aspekt: Die Mühle und die Bäckerei stehen für Nachhaltigkeit und Regionalität, auch wenn das Begriffe sind, die der Müller selbst wohl nie verwenden würde.

Das Getreide baut der Sohn an

Hier stammt alles aus der Umgebung. Früher brachten die Diepoltsdorfer Bauern ihr Getreide und nahmen Mehl oder Brot mit, heute baut der Sohn das eigene Getreide an. Und anders als im Supermarkt sind abends die Regale der Bäckerei schon einmal leer, weil das letzte Brot verkauft wurde. Übler: „Es tut mir weh, wie manchmal mit Lebensmitteln umgegangen wird.“

Norbert Übler, der Sohn, will die Bäckerei weiterführen. Doch ob das mit der Mühle ebenfalls klappt, ist ungewiss. Niemand beherrscht die fürs Mahlen nötigen Handgriffe so gut wie sein Vater, der sagt, dass viel davon einfach Gefühlssache sei, das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrung. Und was ist, wenn eine der Maschinen doch den Geist aufgibt und kein Ersatzteil mehr aufzutreiben ist? Es wäre wohl das Ende einer langen Tradition.

Am Pfingstmontag, dem Deutschen Mühlentag, gibt es von 10 bis 18 Uhr zu jeder vollen Stunde Führungen durch die Diepoltsdorfer Mühle (Mühlstraße 1). Um 9 Uhr wird der Tag vom Posaunenchor eröffnet, ab 10 Uhr findet zudem ein kleiner Bauernmarkt statt.

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