RÜCKERSDORF — Wie sieht es in Rückersdorf mit Veranstaltungsräumen aus? Was ist im Ort vorhanden, wie wird es genutzt, wie groß ist wohl der künftige Bedarf und wie lässt er sich erfüllen? Das ist Thema einer Untersuchung, die von Bündnis 90/Die Grünen durchgeführt wurde, vor allem im Hinblick auf die Zukunft des dringend sanierungsbedürftigen Bürgersaal-Gebäudes an der Kirchgasse. Karl-Josef Raab-Seibold stellte die Studie im Gemeinderat vor, der sie als Entscheidungshilfe betrachtet.
Die Fakten sind jedem bekannt, der die Diskussion über die Zukunft des Bürgersaals mitverfolgt hat (die PZ berichtete mehrfach): Das Gebäude ist marode, entspricht nicht annähernd den heutigen Standards von Energieeffizienz und stellt gehbehinderte Menschen vor hohe Hürden, weil der Saal im ersten Stock nur über viele Treppenstufen zu erreichen ist.
Eine Komplettmodernisierung würde sehr viel Geld kosten, aber trotzdem nur unbefriedigende Nutzungsmöglichkeiten schaffen. Teilsanierungen werden mitunter als Flickwerk angesehen, das die Ausgaben nicht wert ist. Verlässliche Zahlen gibt es kaum – wer einen Altbau anpackt, erlebt mitunter böse Überraschungen und einen Kostengalopp, sagen Kritiker. Andererseits wäre der Neubau eines Veranstaltungshauses an dieser Stelle so gut wie unmöglich, heißt es. Und Standortalternativen fehlen.
Die Grünen im Gemeinderat wollten wissen, welche Säle im Ort existieren und eventuell eine Alternative sein könnten. Für größere Veranstaltungen sieht es momentan schlecht aus – aber vielleicht könnte das ebenfalls dringend erneuerungsbedürftige evangelische Gemeindezentrum am Steinbruchweg durch einen gemeinsamen Kraftakt von politischer und kirchlicher Gemeinde zu einer neuen großen Begegnungsstätte im Ort werden.
Bei der Bedarfserhebung wurden zwischen Januar und Mai dieses Jahres 25 Rückersdorfer Vereine und Organisationen befragt. Die Jahresbilanz für den Bürgersaal ergab: etwa zwölf „jährliche Veranstaltungen“, geschätzt 80 Theaterproben und zwei bis vier Theateraufführungen, vier VHS-Kurse mit 20 Terminen, etwa 25 Mal Seniorengymnastik und 35 Treffen der Osteoporose-Gruppe. Dazu weitere kleinere Veranstaltungen.
Vereine brauchen einen Raum
Die TSV-Theaterabteilung braucht für Proben und Aufführungen Bühne, Stühle und Platz für Requisiten. Auch der TSV-Kinderfasching und die Jahreshauptversammlung haben einen recht hohen Raumbedarf, ähnlich die Awo bei ihrer Weihnachtsfeier und die Sudetendeutsche Landsmannschaft für die Adventsfeier. Die Gemeinde braucht ähnliche Raumkapazitäten („101 bis 200 Personen“) für Bürgerversammlungen und Veranstaltungen zu öffentlich interessanten und wichtigen Themen. Der VdK benötigt einmal im Jahr für seine Weihnachtsfeier mit Ehrungen einen großen Saal, der Verschönerungsverein beim Blumenschmuckwettbewerb. Die Jugendfeuerwehr nennt für Kreis-Sitzungen einen Bedarf von 101 bis 200 Plätzen.
Die Untersuchung zeigte über die bauliche und technische Sanierungsbedürftigkeit des Bürgersaals hinaus Unzufriedenheit. Darin heißt es: „Von Veranstaltern genannte Mängel: Fehlende Barrierefreiheit (Aufzug?), Probleme mit Bewirtung, Ambiente, Wunsch nach Lagermöglichkeitenund nach Bewirtung in Eigenregie.“
Die Erhebung gibt Denkanstöße: „Wird der Bürgersaal trotz Schmidtbauernhof und Blindeninstitut noch benötigt? Soll er durch neue Heizung und eventuell Aufzug für ein paar Jahre ertüchtigt werden, um Zeit für langfristige Entscheidungen zu gewinnen? Will die Gemeinde einen ebenerdigen, optisch ansprechenden Veranstaltungsraum schaffen – und wenn ja, in welchem Zeitraum? Wie entscheidet sich die evangelische Kirchengemeinde bezüglich des Gemeindezentrums?“
Der Gemeinderat muss in naher Zukunft nach einer Lösung suchen und wichtige Entscheidungen treffen. „Hoffentlich einvernehmlich nach sachlicher Diskussion“ meinte eine Zuhörerin nach der Sitzung. Deren Verlauf hatte erneut gezeigt, dass zwischen der jahrzehntelang mehrheitlich bestimmenden CSU und dem neuen – zumindest fühlbaren – Bündnis aus RUW, SPD und Grünen nach wie vor Gräben liegen.
Wenn man betrachtet wie hoch derzeit die Zinsen sind könnte es auch in Betracht kommen statt eines Umbaus für wenige Jahre – Aufzug, Heizungsanierung – das Haus abzureißen und einen Neubau zu errichten, der zukunftsfest für die nächsten 30 Jahre ist.
„Praktisch unmöglich“ ist für mich keine Aussage, sondern politisch schwammig. Warum wäre es „praktisch unmöglich“?
Die Kosten lägen zwar höher, aber man muss eben auch die Kosten nach den „wenigen Jahren“ berücksichtigen und in die Kalkulation einfliessen lassen.
Wieviel würde ein Neubau nach dem aktuellen Wärmedämmungsstandard kosten? Wie hoch wären die Einsparungen? Wie sind die Kosten verglichen mit dem Aufwand für eine Minimalsanierung und dem Verschieben der Problematik auf die Zeit nach 5 oder 10 Jahren?
Hierzu vermisse ich leider Daten. Was wäre, wenn man das Haus verkauft und auf dem von der Kommune gekaufen Grundstück in der Schlossgasse einen neuen Saal errichtet? Das Grundstück liegt doch schon brach und ist derzeit totes Kapital der Kommune.
Doch ich fürchte das Thema wird wie so oft: verschoben, denn Nägel mit Köpfen zu machen ist im Gemeinderat leider seit Jahren nicht zu beobachten. Dynamik in Rückersdorf ein Fremdwort.
Noch mehr stören mich solche Einstellungen: „Hoffentlich einvernehmlich nach sachlicher Diskussion“ meinte eine Zuhörerin nach der Sitzung.
Warum? Genau das bremst in Rückersdorf jegliche Entscheidung aus und der Bürgermeister kann sich bequem zurücklehnen. Gaanz langsaaam…
Für mich gilt: Hauptsache es fallen überhaupt Entscheidungen.
Ich habe lieber eine politische Entscheidung, die ich nicht gut finde, als einen „Kompromiss“ nach Jehrzehnten.
Nach dem nächsten Machtwechsel versuche ich dann meine Interessen umzustzen. Das ist Demokratie!
Konsens ist nett, aber nicht Sinn einer Demokratie.
Und nebenbei: Auch spieltheoretisch ist es besser abwechselnd klare Entscheidungen zu treffen, statt um jeden Preis Kompromisse anzustreben.