RÖTHENBACH/ ZAMOŚĆ – Gemeinsam mit einigen Freunden ist Familie Lemanczyk in der Nacht auf Samstag mit vier prall gefüllten Transportern voller Lebensmittel und Kleidung von Röthenbach aus ins polnische Zamość nahe der ukrainischen Grenze gefahren. Zuvor haben sie in einer Hauruck-Aktion innerhalb kürzester Zeit Spenden gesammelt.
9 Uhr morgens am vergangenen Freitag: Erste Schreckensbilder aus der Ukraine flimmern über den Fernsehbildschirm von Familie Lemanczyk, die in Röthenbach die Schreinerei Pöhlmann betreibt. Darunter sehen sie auch eine Szene, in der sich ein Papa von seiner Tochter verabschiedet, um in den Krieg zu ziehen. „Mir zerreißt es gleich das Herz“, überkommt es einen der beiden erwachsenen Söhne von Elisabeth und Johann Lemanczyk. Und sofort ist sich die Familie einig. „Wir dachten uns, hier sitzen und nichts machen, das geht einfach nicht“, sagt Elisabeth Lemanczyk. „Mein Mann und ich sind beide aus Danzig. Damals während des Krieges wurde uns auch geholfen.“
Auf nach Polen
Der Entschluss ist gefasst: Noch am selben Tag soll es in Richtung Grenze gehen. Nach einiger Recherche und Absprache ist auch der geeignete Zielort gefunden: Zamość, ein kleiner Ort in Polen rund 50 Kilometer entfernt von der Grenze zur Ukraine. Dort hat die Caritas eine Sammelstelle für Hilfsgüter eingerichtet.

Nach einiger Suche und Absprache mit der Stadt Röthenbach ist gegen 12.30 Uhr am Freitag auch der geeignete Ort gefunden: Der Rewe lässt die Spendensammler auf dem Parkplatz des Marktes parken und ihr Vorhaben durchführen. Dazu hängen die Helfer ein Banner auf. „Wir fahren noch heute bis zur Grenze“ steht darauf geschrieben. „Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt. Ich habe beim Tennisclub Werbung gemacht. Meine Söhne haben über Whatsapp ihre Freunde und Bekannten informiert“, sagt Elisabeth Lemanczyk. Die Beteiligung der Menschen – auch der Fremden, die bloß schnell Besorgungen machen wollten – sei „überwältigend“ gewesen.
Vier volle Transporter
So überwältigend, dass die Helfer nach knapp vier Stunden, gegen 18.30 Uhr am Freitag, sogar abbrechen müssen: „Wir wollten einen Transporter mit Spenden zusammenbekommen und am Ende waren es vier“, sagt Lemanczyk. Also sortieren Familie und Freunde noch einige Stunden um und brechen gegen 22.30 Uhr auf in Richtung ukrainische Grenze. Am Steuer sitzen Felix und Daniel, die beiden 24- und 25- jährigen Söhne der Familie, Vater Johann und die Leiterin des Behringersdorfer Kindergartens. Außerdem sind noch Freunde und Familienmitglieder mit an Bord, damit sich die Fahrer abwechseln können. Außer Pippi-Pausen sind nämliche keine Stopps geplant.
Ankunft in Zamość
Eine rund 1130 Kilometer lange Autofahrt später ist es 13 Uhr am Samstag, als die müden Helfer im Caritas-Zentrum in Zamość ankommen. Von der Spendenidee am Frühstückstisch bis zur Ankunft an der polnisch-ukrainischen Grenze sind gerade einmal 28 Stunden vergangen. Vor Ort werde aus den Lebensmitteln Essen gekocht und alle Hilfsgüter an polnische Soldaten übergeben, die sie anschließend über die Grenze bringen und an Ukrainer verteilen, erzählt Elisabeth Lemanczyk. Doch für mehr als einen kurzen Aufenthalt reicht die Zeit für die Helfer vor Ort nicht, denn die Gefahr ist auch an der Grenze spürbar. Also geht es direkt zurück nach Röthenbach, wo sie, nach fast zwei Tagen ohne Schlaf, erschöpft wieder in der Nacht auf Sonntag ankommen.
Weiterer Konvoi
Die Lemanczyks planen noch eine weitere Spendenfahrt, allerdings beobachten sie die Entwicklung der Situation ganz genau, denn Sicherheit für alle Beteiligten geht vor: „Mein Mann und meine Söhne haben erzählt, sie haben viele Militärfahrzeuge auf ihrem Weg gesehen. Das ist für alle sehr einschüchternd gewesen“, sagt Lemanczyk.