NÜRNBERGER LAND — Die ersten Tage im neuen Job sind immer spannend. Erst recht, wenn sich der Arbeitsplatz in Berliner Bestlage befindet und man auf einen Schlag über 700 neue Kollegen und ein paar sehr prominente Chefs hat. So wie die drei frisch gewählten Bundestagsabgeordneten aus dem hiesigen Wahlkreis. Die PZ hat Kristine Lütke, Ralph Edelhäußer und Jan Plobner nach ihren ersten Eindrücken im Polit-Betrieb gefragt.
„Sehr bewegte Tage“ habe sie hinter sich, erzählt Kristine Lütke (FDP) im Telefonat mit der PZ, das gerade so zwischen zwei Termine passt. Am Montag, also am Tag nach der Wahl, stand sofort die erste Fraktionssitzung an, am Dienstag fuhr sie mit der Bahn nach München zum Treffen der FDP-Landesgruppe, am Mittwoch ging es zurück nach Berlin, wo für Lütke zwei Tage lang ein „Bootcamp“, also eine Art Seminar, auf dem Programm stand. Hier lernen die Neu-Abgeordneten im Schnelldurchlauf, was sie für den Start im Parlament brauchen: vom eigenen Rollenverständnis über den Umgang mit der Presse und rechtliche Fragen bis hin zu „was finde ich wo?“.
„Erhebender Moment“
Ein „erhebender Moment“ sei es für sie gewesen, mit ihrem Abgeordnetenausweis ohne Begleitung in alle Gebäude zu marschieren, deren Türen sonst verschlossen sind, erzählt Kristine Lütke. Sie ist jetzt damit beschäftigt, sich die nötige Infrastruktur vor Ort zu schaffen. Ihre Büroleiterin sei ihr zum Glück bereits im Vorfeld empfohlen worden, auch sonst gebe es wertvolle Tipps von Kollegen.

Weil sie, wie alle anderen neuen Abgeordneten auch, ihr eigenes Büro noch nicht beziehen kann, kommt sie vorübergehend bei ihrer „Patin“ Katja Hessel unter. Auch die technische Ausstattung läuft. „Wir sind jetzt quasi arbeitsfähig“, sagt Lütke schmunzelnd.
Trotzdem befinde man sich als neu gewählter Abgeordneter zurzeit noch in einer Interimsphase, meint Ralph Edelhäuser (CSU). Richtig starten dürfe man mit der Arbeit erst am 15. Oktober, wenn der Bundeswahlleiter das amtliche Endergebnis bekannt gibt. Auch der Rother Bürgermeister ist in den letzten Tagen in diversen Treffen mit Informationen überschüttet worden. Unter anderem hat er an der ersten Fraktionssitzung im Plenarsaal teilgenommen, bei der Ralf Brinkhaus zum Vorsitzenden gewählt wurde. Dort saß er direkt vor Friedrich Merz. „Am Abend bin ich um 21 Uhr in meinem Hotelbett in meinen Klamotten eingeschlafen“, erzählt der hörbar erkältete Edelhäußer.
Ab ins CSU-„Bootcamp“
Demnächst steht für die CSU-Neulinge noch ein „Bootcamp“ in der Abgeschiedenheit des Havellands an. Bis dahin muss Edelhäußer sich auch um Personalfragen kümmern. 22 000 Euro stehen einem Abgeordneten jeden Monat für Mitarbeiter in den Büros in Berlin und im heimischen Wahlkreis zur Verfügung. Wie kommt man da an geeignete Bewerber? „Vieles läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda“, erklärt Edelhäußer.
„Faszinierend in jeder Hinsicht“, seien die ersten Tage gewesen, beschreibt Jan Plobner (SPD) seine Eindrücke und meint damit vor allem die Professionalität und den hohen Organisationsgrad des Berliner Politikbetriebs, aber auch das „Labyrinth an Gebäuden“. Es sei schon eine besondere Erfahrung, als „kleiner Standesbeamter und Kreisrat“ plötzlich in der großen Politik angekommen zu sein.

Bereits vor der Wahl hat auch der Altdorfer bereits seine Fühler nach einem Berliner Büroleiter ausgestreckt, „denn es ist wichtig, in den ersten Wochen organisatorische Unterstützung zu haben“. Sekundär ist für ihn dagegen seine Wohnsituation. Vorerst will Plobner – wie viele Kollegen – im Hotel bleiben, denn der Wohnungsmarkt in der Hauptstadt sei auch für Abgeordnete schwierig. Eine nette Begegnung hatte Jan Plobner beim Warten in einer Schlange. Dort sprach Berlins Bürgermeister Michael Müller den bekennenden Schuh-Fan auf seine extravaganten Schuhe an.