NÜRNBERGER LAND. Normalerweise ist er der bunte Klecks im langsam erwachenden Frühlingsgeschehen und der Stolz eines jeden Dorfes: der Osterbrunnen. In Corona-Zeiten kann das gemeinsame Schmücken nicht wie geplant stattfinden. Doch vielerorts denken sich die Organisatoren kreative Alternativen aus.
Als die Glamrock-Band „The Darkness“ vergangenes Jahr im Februar ihre „Easter is Cancelled“ („Ostern ist abgesagt“) -Tour starteten, hätte noch niemand gedacht, dass der Name prophetisch den Ablauf des vergangenen Fests ankündigen würde: Kein Lammbraten bei der Oma, kein Osternestsuchen mit den kleinen Cousins, keine Fahrradtour mit den Kumpels. Stattdessen Sofa, Zoom-Call, Take-Away. Alles Gesellige war gestrichen.
Auch das gemeinsame Schmücken der Osterbrunnen, sonst immer ein Frühlings-Höhepunkt im Nürnberger Land, fiel ins Wasser.
Viele Brunnenteams haben improvisiert, um auf die eine oder andere Weise zumindest ein bisschen Farbe an die Brunnen zu bringen. Sparversionen der eigentlichen Pracht, aber immerhin etwas. Die Organisatoren trösten sich damals mit dem Mantra: Nächstes Jahr wird besser, nächstes Jahr legen wir wieder richtig los. Nächstes Jahr gibt es einen richtigen Brunnen, üppig mit Eiern verziert.
Geduldsprobe für Vereine und Organisatoren
Jetzt ist nächstes Jahr. Und wieder müssen sich die Schmück-Komitees in Geduld üben. Pünktlich zu Ostern rollt die dritte Corona-Welle über das Nürnberger Land. Und das heißt neben allerhand anderen Unannehmlichkeiten: keine aufwendig herausgeputzten Brunnen.
Das trifft auch die Diepersdorfer, deren Osterbrunnen vor zwei Jahren sogar das Bayerische Fernsehen in den Ort lockte. 2200 handbemalte Eier zählt der Fundus.
Die hängen sich natürlich nicht von allein auf: Das Vorbereiten, Bemalen und Auffädeln der Eier, das Binden der Zweige, das Aufstellen und das abschließende Schmücken kostet viel Zeit und braucht viele fleißige Hände. All das erfordert Gesellschaft, all das ist dieses Jahr nicht möglich. „Natürlich sind wir ein bisschen enttäuscht, wieder aussetzen zu müssen. Wir hatten gehofft, dieses Jahr wieder einen Brunnen gestalten zu können“, sagt Mitorganisatorin Uta Streng. „Aber das Risiko ist einfach zu hoch, besonders da viele Leute, die bei uns mitmachen im fortgeschrittenen Alter sind“, erklärt sie bedauernd. Ganz nackt lassen die Diepersdorferinnen ihren Brunnen jedoch nicht stehen. Ein symbolisches Kränzchen und ein Osterhase erinnern an die vergangene und die zukünftige Pracht.
Im Nachbarort Leinburg, der ebenfalls weit für seinen bunten Osterzauber bekannt ist, verzichten die Schmückenden dieses Jahr ebenfalls auf üppige Girlanden und großen Putz.
In Ungelstetten, wo sonst einer der prächtigsten Brunnen im Landkreis zurecht gemacht wird, verzichtet die Frauenunion Winkelhaid dieses Jahr ebenfalls auf jeglichen Schmuck. „Heuer machen wir tatsächlich gar nichts“, sagt Marion Fischer von der Frauenunion. „Es kann ja keine Eröffnung geben und Ungelstetten liegt ab vom Schuss. Da kommt man nicht einfach so vorbei. Das hat unseren Frauen, die auch alle nicht mehr die jüngsten sind, ein bisschen die Motivation genommen“, erklärt sie.
Osterbusch statt -brunnen
Der Obst- und Gartenbauverein Moosbach setzt wie im vergangenen Jahr auf zeitlichen wie räumlichen Abstand: Auf seinen Aufruf hin bemalen die Kinder des Ortes zu Hause Eier und hängen sie in den Büschen und Sträuchern rund um den Brunnen auf. Die ersten schaukeln schon als buntes „Zeichen der Hoffnung und Zusammengehörigkeit“, wie es Vorsitzende Gerlinde Kotzur beschreibt, im böigen Frühlingswind und verbreiten Zuversicht. Auch der Entenbrunnen am alten Friedhof in Feucht soll nicht komplett auf seine österliche Zierde verzichten, findet Karl Pickel vom Verein für Gartenbau und Landespflege Feucht. Er und einige wenige Helfer schmücken ihn heute in der abgespeckten Version mit den gelb leuchtenden Eier-Girlanden vom Vorjahr.
Die Hagenhausener schmücken ihren Brunnen buchstäblich im Vorbeigehen. „Wir haben uns wieder zu Einzelaktionen entschlossen“, sagt Mitorganisatorin Jutta Nauhardt-Müller. Jeder, der möchte, kann eine hübsche Kleinigkeit an das bereitgestellte Grundgerüst aus geflochtenen Weidenzweigen binden. Das Konzept geht auf: Bereits zwei Stunden nach Fertigstellung des Gerüsts vergangenen Freitag hängen die ersten Schleifen und Eier. „Unser Brunnen ist an Ostern vielleicht nicht so perfekt choreographiert wie manch anderer, aber er ist bunt und ein tolles Gemeinschaftsprojekt“, freut sich Nauhardt-Müller, „ein Überraschungsbrunnen.“
Die Gemeinde Schwarzenbruck wird ebenfalls nicht schmucklos bleiben: Ein Team um Ulli Vetter und Christa Maurer wird im Bauhof der Gemeinde mit den entsprechenden Corona-Abständen das Ostergestell für den Brunnen vor dem Rathaus mit farbigen Eiern schmücken. Die Mitarbeiter des Bauhofs werden das Gestell rechtzeitig vor Ostern an seinem Platz auf dem Brunnen aufbauen.
Ähnlich verhält es sich in Altdorf: Unter tatkräftiger Mitarbeit des Bauhof und der Regie der Mittagsbetreuerinnen der Grundschule Altdorf wird wie auch schon vergangenes Jahr ein regenbogenbunter Brunnen in der Mitte der Wallensteinstadt entstehen – unter Einhaltung der Hygieneregeln, versteht sich. Auch in Fischbach haben sich ein paar freiwillige Helfer des Bürgervereins Nürnberg-Südost ins Zeug gelegt und den dortigen Brunnen mit Buchsgirlanden, bunten Eiern und Schleifen geschmückt. Ein Stückchen Normalität im Corona-gebeutelten Frankenland.
Schmücken in Zweierteams
Aufwendig und originell erfreut normalerweise auch der Osterbrunnen in Brunn Besucher und Passanten. „Wir machen seit 25 Jahren einen Osterbrunnen am Feuerwehrhaus“, sagt Roswitha Beck stolz. Nach einjähriger Corona-Pause haben sich die Organisatorinnen dieses Jahr wieder dazu entschieden, den Menschen wieder eine österliche Freude bereiten zu wollen: „Es werden dabei alle Brunner Bürger integriert. Jeder soll nach Lust und Laune die Eier so bunt und kreativ wie möglich gestalten“, sagt Beck. Mit den bemalten Eiern schmücken die Osterbrunnen-Frauen anschließend im Wechsel von Zweierteams die Außenanlage und den Brunnen.
Und so schmückt das Nürnberger Land seine Brunnen trotz Pandemie: Der eine so, der andere so. Klein, fein, nicht zu opulent. Es sollen ja auch keine Besucherströme angelockt werden. Nur ein Farbtupfer, damit der Anblick des kahlen Brunnens nicht so schmerzt. Und nächstes Jahr wird besser. Nächstes Jahr legen sie wieder richtig los. Nächstes Jahr leuchten die Eier-Girlanden wieder überall und herrlich wie nie auf dem kräftigen Grün von Bux, Tanne und Thuja. Nächstes Jahr… Hoffentlich.
