NÜRNBERGER LAND – Seit 34 Jahren setzt sich Fritz Körber für die deutsch-französische Freundschaft ein. Regelmäßig reist er nach Frankreich, hat als erster deutscher Politiker in Oradour gesprochen, einem Ort im Limousin, in dem Soldaten der Wehrmacht 1944 über 400 Menschen umbrachten. Jetzt erhielt Körber eine erneute Einladung nach Lasveyras, wo er als Vertreter des Bezirks Mittelfranken einen Kranz niederlegte. Pont Lasveyras war im Februar 1944 Schauplatz eines Massakers an 34 jungen Franzosen, die sich hier versteckt hatten, um der Deportation nach Deutschland zu entgehen, wo man sie als Zwangsarbeiter einsetzen wollte.
Dem Bezirkstag gehört der ehemalige Schwaiger Bürgermeister schon seit vier Jahren nicht mehr an, die Kontakte zu Frankreich, die er in seiner Zeit als Bezriksrat von 1983 bis 2013 aufbaute, sind aber geblieben und dabei enger denn je. Fritz Körber pflegt Freundschaften, Verbindungen zu Menschen, mit denen er sich versteht, lässt er nie abreißen. Deshalb nun also die neuerliche Einladung. Als er damit beim Bezirkstagspräsidenten Richard Bartsch vorsprach, gab der ihm grünes Licht: „Fahre Du nach Frankreich und lege für den Bezirk Mittelfranken in Lasveyras einen Kranz nieder.“
Besondere Ehre
Am Ort des Massakers dann die Überraschung für Körber: Politiker und Ehrengäste aus dem gesamten Departement waren zum Gedenktag gekommen, Abgeordnete, Bürgermeister und Kommunalräte. Aus Bordeaux war der deutsche Generalkonsul angereist. Der Gast aus Mittelfranken hatte dann die Ehre, als erster der zahlreichen Ehrengäste den Kranz am Denkmal für die 34 Opfer niederlegen zu dürfen. „Das hat mich sehr bewegt“, sagt der Ruheständler im Unruhestand. Am nächsten Tag war der Gast aus Deutschland auf Seite 1 bei beiden örtlichen Tageszeitungen.
Dass man Körber eine besondere Rolle unter den Ehrengästen zumaß, hat seinen Grund. Kein deutscher Bezirkspolitiker hat über so lange Zeit so vielfältige und enge Kontakte zu den französischen Partnern gehabt und aufrecht erhalten, wie der ehemalige Schwaiger Rathauschef, der 1983 als Bezirksrat erstmals ins Limousin fuhr und Oradour besuchte.
Chor aus Schwaig
Später hat er sich brieflich mit dem Bürgermeister von Oradour ausgetauscht, man hat sich getroffen, zuerst in der Privatwohnung seines französischen Kollegen, weil ein Treffen im Rathaus von Oradour mit einem Deutschen seinerzeit noch undenkbar war. Später fragte Körber an, ob man sich in Oradour ein Versöhnungskonzert mit einem Chor aus Schwaig und einem deutschen Kammerorchester vorstellen könne. Sein französischer Kollege reagierte zunächst reserviert: Er müsse zunächst beim Verein der Hinterbliebenen nachfragen. Dann erklärten sich die Franzosen einverstanden, die Sänger und Musiker aus Mittelfranken konnten mit Fritz Körber nach Oradour reisen und sich in der dortigen Kirche zu ihrem großen Auftritt versammeln. Fünf Minuten vor Beginn des Konzerts allerdings schwitzten die Gäste aus Deutschland Blut und Wasser. Am schlechtesten ging es Körber als dem Organisator des Ereignisses. Nur drei Besucher verloren sich in der Kirche. „Ich habe damals gedacht: Das wird nichts.“ Boykottierten die Franzosen das Versöhnungskonzert? Sie boykottierten es nicht, machten es lediglich vor Konzertbeginn spannend. „Zehn Minuten später“, erinnert sich Körber, war die Kirche nicht nur bis auf den letzten Platz voll, die Leute standen sogar bis auf die Straße hinaus.
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Feuerwehrleute halfen
Schulaustausch, Kommunalpartnerschaften und wirtschaftliche Zusammenarbeit – das sind wichtige Bausteine, die für Fritz Körber dazu beitragen, dass Europa funktioniert. Hinzu kommt gegenseitige Hilfe. Als in der Neujahrsnacht vom 31. Dezember 1999 auf den 1. Januar 2000 ein katastrophaler Sturm über den Südwesten Frankreichs hinweggefegt war, klingelte bei Fritz Körber das Telefon. Robert Savy war in der Leitung, der damalige Regional-Präsident des Departements Limousin. Savy schilderte die Situation vor Ort. Die gesamte Gegend war wegen flächendeckender Stromausfälle in Dunkelheit gehüllt, Hilfstransporte fanden wegen zahlloser umgestürzter Bäume kein Durchkommen. Teile des Limousin waren überschwemmt. „Könnt ihr uns helfen?“ fragte Savy bei Körber nach. Der versprach umgehende Unterstützung und trommelte innerhalb kürzester Zeit im Nürnberger Land 240 Feuerwehrleute für einen Hilfseinsatz in Frankreich zusammen. 220 flogen dann in zwei Transall-Maschinen der französischen Luftwaffe nach Limoges, 20 Kameraden konnten nicht mit, weil für sei kein Platz mehr in den Flugzeugen war. „Jedenfalls haben wir das damals gut organisiert, und man hat uns das bis heute nicht vergessen“, erzählt Körber. Die Feuerwehrler aus dem Nürnberger Land räumten Straßen und zersägten Bäume in dem vom Jahrhundertsturm gebeutelten Land. Als Dank gab es für jeden eine Armbanduhr von Robert Savy.
Fritz Körber hat bereits die nächste Einladung zu einer Gedenkveranstaltung in Oradour-sur-Glane. Im Juli wird er erneut ins Limousin fahren und viele alte Freunde treffen. Freundschaft, Partnerschaft, Solidarität und gegenseitige Hilfe – das macht für ihn Europa aus.